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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Peinhaupt nicht darum geht, ob das Auto zugesperrt war. So viel hat er von seiner Polizeiarbeit immer noch in Erinnerung gehabt, dass man stundenlang aus irgendwas Unwichtigem ein großes Thema macht, und die entscheidende Frage nur ganz nebenbei. Ganz ähnlich wie der Tod, der dich oft wegen einem alten Sonnenbrand beim Hautkrebs abholt, und siehst du, da wäre die Sonnencreme wieder wichtiger gewesen, als dass du dich ein Leben lang vor der Kugel duckst.
     
    Jetzt was hat der Peinhaupt den verdächtigen Chauffeur ganz nebenbei gefragt? Natürlich wie gut er den Knoll kennt. Aber so nebenbei hat man die Frage nach dem
Pro
leben-Chef
gar nicht stellen können, dass nicht sofort alles klar gewesen wäre. Wie oft der Herr Simon den Knoll gesehen hat. Ob er einmal mit ihm geredet hat. Was er von den Drohungen hält, die der Knoll gegen die Frau Doktor ausgesprochen hat.
     
    »Warum hast du mich das nicht gleich gefragt?«, hat der Herr Simon gebrüllt. Ich muss sagen, so kenne ich ihn gar nicht. Ich hab ja den Verdacht, dass sich jetzt die Tabletten so ausgewirkt haben, dass er wahnsinnig aggressiv geworden ist. »Warum verscheißt ihr hier die ganze Zeit damit, ob ich wen im Rückspiegel gesehen habe oder ob das Auto zugesperrt war!«
    »Oder warum du uns nicht sofort angerufen hast.« »Oder warum ich euch nicht sofort angerufen habe. Vielleicht hab ich einen Schock gehabt, oder vielleicht -« »Vielleicht steckst du mit dem Knoll unter einer Decke.«
    »Wenn ihr euch so sicher seid, dass der Knoll dahintersteckt, warum holt ihr das Kind nicht bei ihm?«
    Der Kripomann hat ein blödes Gesicht gezogen, quasi, was wir gleichzeitig mit dem Knoll machen, das werden wir ausgerechnet dir auf die Nase binden.
    »Jetzt hat er es auf einmal eilig, der Herr Simon.« »Woher soll ich den Knoll kennen? Ihr wisst genau, dass der Knoll nicht selber vor dem Eingang der Abtreibungsklinik steht.«
    Da hat er natürlich völlig recht gehabt. Der Knoll hat sich ja nicht selber auf die Straße gestellt und eigenhändig versucht, die Patientinnen am Betreten der Klinik zu hindern. So etwas macht man nie selber! Ein Bankdirektor wie der Reinhard trägt ja den säumigen Schuldenzahlern den Fernseher auch nicht eigenhändig aus dem Haus. Der Knoll hat genug Betschwestern gehabt, die den ganzen Tag mit einem verzückten Gesichtsausdruck vor dem Eingang gestanden sind und das Embryofoto mit der Aufschrift »Mord« in die Luft gehalten haben.
    »Wieso soll ausgerechnet ich die Helena entführen?« »Der Sadat ist auch von seinen Leibwächtern erschossen worden.«
    »Aber ich bin nicht als Leibwächter angestellt worden, sondern als Fahrer!«
    Der Peinhaupt hat zum Telefon gegriffen und sich draußen erkundigt, ob die Frau Doktor schon im Haus ist. Das hat den Herrn Simon in eine solche Panik versetzt, als hätte der Peinhaupt die Bluthunde bestellt.
    »Ich bin nur der Fahrer«, hat er so kleinlaut gesagt, dass er sich selber dafür verachtet hat.
    »Die Frau Doktor hat uns gesagt, sie und ihr Mann haben dich aus einer Vielzahl von Kandidaten ausgewählt, weil du eine Polizeiausbildung hast.«
    »Ja und?«
    »Ja und. Deshalb warst du eben mehr als nur der Fahrer.
    Herr Simon. Glaubst du, die hätten ihr Kind einem fremden Mann anvertraut, wenn die Bedrohung nicht so groß gewesen wäre?«
    Du musst wissen, der Knoll hat damals, bevor sie den Herrn Simon angestellt haben, im Streit einmal zur Frau Doktor gesagt, sie soll gut auf ihr eigenes Kind aufpassen. Nicht dass der liebe Gott ihr eigenes Kind auch einmal zum Verschwinden bringt wie all die Kinder, die sie dem lieben Gott wegnimmt.
    »Die Abtreibungsgegner sind doch keine Kindesentführer! Das sind arme Spinner, die Rosenkränze schwenken. Die Abtreibungsgegner sind ja nicht gegen, sondern gerade für die Kinder!«
    »Und die Drohungen vom Knoll hast du einfach nicht ernst genommen. Kennst du ihn vielleicht so gut, dass du seinen Charakter so genau einschätzen kannst?«
    »Das wäre der erste Entführer, der die Entführung vorher ankündigt.«
    »Stell dich nicht blöder, als du bist. Das ist ja der Witz an der Sache. Wenn ein Entführer Geld erpressen will, kündigt er die Entführung natürlich nicht vorher an. Aber wenn jemand ein höheres Ziel hat, ist es wieder was anderes.«
    »So lernt ihr das heute in der Polizeischule?«
    »Solange die Entführer sich nicht melden, ist die Forderung vom Knoll, die Klinik zu schließen, jedenfalls die einzige Forderung, die wir haben. Und dass

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