Der Brenner und der liebe Gott
gefilmt.«
»Wie viel hat er dafür verlangt?«, hat der Brenner gefragt, weil jetzt war der Kressdorf so im Reden drinnen, dass eine Zwischenfrage kein Problem mehr war.
»Gar nichts. Der Knoll war ein Idealist. Sein Vorschlag war: Er löscht die Aufnahme, und ich bring meine Frau dazu, dass sie die Klinik ein für alle Mal schließt. Wenn er sein Material veröffentlicht hätte, wäre nicht nur das
Riesenland
Geschichte gewesen. Der Obersenatsrat Stachl und ich wären ins Gefängnis gekommen. Die KREBA wäre pleitegegangen. Und so weiter. Ich rede nicht nur von ein paar Millionen Euro.«
Dass der Kressdorf ihm neunundneunzig Stunden nach der Entführung der Helena das alles erzählt hat, war gar kein gutes Zeichen für den Brenner.
»Wissen Sie, was ich glaube?«, hat der Kressdorf ihn gefragt. Aber er hat dann nur eine Zeitlang überlegt und es für sich behalten. Ob es ihm selber nicht richtig klargeworden ist oder ob er den Brenner nicht einweihen wollte, weiß ich nicht.
Gesagt hat er: »Der Knoll hat immer so überlegen gegrinst. Besonders, als ich ihm erklärt habe, dass ich eher ins Gefängnis gehe, bevor ich meiner Frau schade. Da hat er nur mit diesem netten Lächeln gesagt, dass er das nicht versteht, wo doch die Helena -«
Der Kressdorf ist jetzt so tief versunken, als würde er nie wieder ein Wort sagen. Fast hätte der Brenner für ihn den Satz zu Ende gesprochen, nur damit er heraußen ist. Fast hätte er gesagt, so etwas ist doch anderen Männern auch schon passiert. Fast hätte er gesagt, Hauptsache, der Helena ist nichts passiert. Aber der Kressdorf hat nicht so gewirkt, als würde er noch etwas hören, und darum hat er gar nichts gesagt.
»Welche Blutgruppe haben Sie, Herr Simon?«
»Ich weiß es nicht. Bei der Polizei haben sie es einmal gemessen.«
»Gemessen!«, hat der Kressdorf gelacht. Aber das war kein Lachen, das den Brenner beruhigt hat. Weil es war das kurze, trockene Lachen von einem Gespenst. »Sie meinen wohl getestet.«
»Aber ich hab es mir nicht gemerkt.«
»Warum sind Sie nicht bei der Polizei geblieben?«
Der Brenner hat nicht darauf geantwortet, weil beim Stichwort »Polizei« hat der Kressdorf gleich weitergeredet.
»Ich hab in meinem Leben genug halblegale Sachen gemacht. Oder meinetwegen illegale. Jeder weiß, dass im Baugewerbe ohne Schmiergeld nichts läuft. Und das
Riesenland
war mit Abstand der größte Auftrag, den die KREBA je bekommen hat. Aber mit richtigen Verbrechen, mit Entführung und Erpressung, hab ich nie was zu tun gehabt. Von Mord gar nicht zu reden. Oder Totschlag. Und wie ich damals meine Frau gedrängt habe, die Abtreibung bei der minderjährigen Freundin vom Reinhard zu machen, das war mir schon zu viel. Nicht wegen der Abtreibung, aber wegen ihr. Ich hab ihr erzählt, dass der Reinhard über die Bankkredite den Knoll in der Hand hat. Darum hat sie es gemacht. Um endlich Ruhe zu haben vom Knoll. Aber nicht einmal der Bankdirektor hat es geschafft, den Knoll ruhig zustellen.«
»Oder nicht gewollt«, hat der Brenner gesagt. »Oder nicht gewollt, genau.«
»Aber ins
Riesenland-Geschäft
sind Sie durch Ihre Vermittlung der Abtreibung immerhin gekommen.«
»Das ist korrekt, Herr Simon.«
Jetzt hat der Brenner lieber nichts mehr gesagt, weil er hat bemerkt, der Kressdorf ist in einer wehleidigen Stimmung, wo er alles als Vorwurf auffasst.
»Und der Obersenatsrat ist mit meiner Frau ins Geschäft gekommen.« Der Kressdorf hat dabei so bitter aufgelacht, als wäre das immer noch das schlimmere Verbrechen als die vier Toten in der Senkgrube.
»Den Stachl hab ich beim Charity-Golf kennengelernt.
Ich war seit Jahren hinter ihm her. Wie jeder Bauunternehmer. Früher hat er mich immer abblitzen lassen, als wäre ich ein dahergelaufener Häuslbauer und er der Donald Trump persönlich. Aber auf einmal war er scheißfreundlich. Er hat mir geflüstert, dass der Bankdirektor Reinhard ein Problem hat, das meine Frau beheben könnte. Und im Gegenzug hätte der Reinhard Möglichkeiten, den Knoll ruhig zustellen. «
»Und Sie das
Riesenland
bauen zu lassen.«
»Quatsch. Es ist nicht so einfach, im Prater was zu bauen. Angefangen hat es mit dem Golfplatz, und dann ist es eben gewachsen. Für den schwarzen Banker war es eine Herzensangelegenheit, mitten im roten Wien den halben Prater unter Kontrolle zu kriegen. Mit dem Stachl hat er den richtigen Mann an der Hand gehabt. Die Proteste der Bevölkerung haben uns zwar aufgehalten, aber wir hätten
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