Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
sperren, doch müßte es dafür zu einer klaren Lösung kommen. Schon auch deshalb, weil Sie sonst mit Anfragen überfallen würden und das Ganze lächerliche Dimensionen annähme.
8. Was das neue, dritte Stück betrifft, so akzeptieren wir, Ihre Vorstellungen berücksichtigend, folgende Bedingungen:
a) Sie bestimmen – im Einvernehmen mit dem Verlag – in der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreich jeweils die Orte der Ur- bzw. Erstaufführungen in diesen Ländern, Besetzung und Honorar. Der Vertrag wird in jedem Fall durch uns geschlossen. Alle weiteren Verhandlungen muß der Theaterverlag führen können, er kann seiner ganzen Arbeitsstruktur nach nicht anders.
b) Es ist selbstverständlich, daß Abschlüsse für Film und Fernsehen nur mit Ihrer Zustimmung vorgenommen werden können.
Bitte, bedenken Sie nun Ihrerseits diese Vorschläge, ihre materielle Auswirkung liegt ja auf der Hand. Daß ich die Optionsvorauszahlung in Höhe von DM 20.000.— auf das Konto »Neue Werke« buchen muß, entspricht unserer Vereinbarung, an die wir uns ja bisher ständig gehalten haben; es ist auch so, daß wir durch diese Optionszahlung ein Verlagsrecht für den neuen Roman, »Erinnern« und das dritte Stück de jure erworben haben, und ich meine, daß dieses Faktum auch in unserer internen Buchung vermerkt werden sollte.
Und denken Sie auch daran, daß es von der Gesamtheit Ihres Werkes aus wesentlich ist, daß es eine Stelle gibt, die dieses Werk betreut, alles andere würde sich letztlich zum Schaden Ihres Werkes herausstellen. Und ich meine auch, daß es Ihre Sache ist, Ihre Arbeiten zu schreiben und für die ersten, weil wesentlichen Placierungen zu sorgen, dann aber sollte die weitere Betreuung, auch zu Ihrem Schutz und zu Ihrem Ansehen, unsere Sache sein. Und denken Sie bitte auch daran, daß es jenseits der materiellen Erlöse wichtig sein kann, daß ein Leser, ein Mensch in Graz, Zürich oder Hamburg von einem Wort von Ihnen getroffen sein kann und daß sich so ein Humus bildet, auf dem die Wirkung des Werkes von Thomas Bernhard auf die Dauer wächst.
Schöne Grüße
Ihr
[Siegfried Unseld]
[223]
Ohlsdorf
15. 12. 72
Lieber Doktor Unseld,
Ihr Brief vom 5. Dezember ist eine sehr gute Grundlage für den weiteren Weg, den Ihr Verlag und ich zusammen gehen wollen, das Wollen will ich mit grösster Deutlichkeit betonen, und ich empfinde diesen Brief tatsächlich als einen Vertrag, gültig ab 1. 1. 73, den wir miteinander geschlossen haben; in allen künftigen Zweifeln, soll dieser Brief in Erinnerung gerufen werden, dann, glaube ich, gibt es keine Schwierigkeit. Im Einzelnen ist dann alles immer so zu formulieren, dass es dem Inhalt dieses Briefes entspricht. Tatsächlich gibt es meinerseits keinerlei Abstrich.
Jetzt liegt es ausschliesslich an mir, die Arbeit abzustossen, mich von den Manuskripten zu trennen. Das stellt sich mir so dar: Mitte Jänner bekommen Sie das Theaterstück, Mitte März den Roman und im Laufe des Frühlings auch noch »Erinnern«. Mir ist es, wie Sie wissen, immer ein guter Gedanke, eine Notwendigkeit, aus allen Gründen zusammen, ein Manuskript solange zu behalten, bis ich es ohne unerträglichen Angst- und Furchtzustand (Sie lesen richtig!) aus der Hand geben kann. Jetzt steht auch längst der Titel des Theaterstücks fest, er lautet »Die Jagdgesellschaft«, unsere (und nicht nur unsere) Zeit, Epoche etcetera, ist eine einzige Jagdgesellschaft. Aber den Inhalt erfahren Sie aus dem Manuskript. Sogleich habe ich auch wieder einen Wunsch: dass das Stück wieder in der BS erscheint, Sie wissen, diese Buchreihe liebe ich, aus allen verständlichen, ruhmreichen Gründen. Und wenn ich denke, dass das Stück im Winter 73/74 (wo, will ich jetzt erforschen) gespielt wird, sollte es dann zu diesem Zeitpunkt erscheinen. Dies, weil Sie ja Ihren berühmten immergegenwärtigen Taschenplan rechtzeitig genug heranziehen müssen. Bitte entfalten Sie Ihr wichtigstes Papier und schreiben Sie an einer Stelle, die die günstigste ist »Die Jagdgesellschaft« hinein, vielleicht auch noch nicht ohne Abscheu (nach diesem Finanzdiskurs) meinen Namen.
Im Stück kommt ein Schriftsteller vor, der einmal zu allem Anfang Bruno Ganz sein soll, von dieser Vorstellung gehe ich jetzt aus und in dieser Richtung werde ich alles versuchen.
Ganz treffe ich Mitte Jänner in Wien.
Einen längeren Brief will ich gar nicht schreiben, weil ich doch glaube, dass wir uns einmal sehen und miteinander
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