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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Doch diese Dramaturgie war im Stück nicht enthalten. Gegen wen wandte man sich, wer waren die Gegner, wer waren die Helfer? Und bei der Aufführung selber war der Schluß vollkommen unverständlich: während im Text die ›Berühmten‹ Tiermasken aufgesetzt haben, ihr gesellschaftliches Palaver ad absurdum steigerten, und das heißt, nur noch in Tiersprachen reden sollten, und dann in einer Sekundenpause der Hahn sein Kikeriki des Verrats krähte – all dies war nicht drin, man verstand es nicht. Der Regisseur Lotschak hatte im Grunde genommen keine Vorstellung von der Poetik des Textes, von den poetischen Dimensionen, und das Ganze wurde banal, ein Cabaret, und zwar ein schlechtes. Gut, die Kritiken werden gemischt sein, meine Prognose ist, daß die deutschen Kritiker das Stück interessant, die Aufführung ablehnend finden.
Ich selber bin der Meinung, daß das Stück unter seinem Wert angeboten wurde. Daraus kann man wirklich etwas machen!
Ich hatte noch verschiedene andere Probleme: Zwar drängte ich auf Unterschrift des Vertrages mit den Wiener Festwochen, doch wir selber hatten noch keinen Vertrag mit Bernhard; Bernhard unterschrieb dann auch noch den Autorenvertrag für ›Die Berühmten‹ zwischen Suhrkamp Zürich und ihm innerhalb von Sekunden!«
Die Uraufführung von Die Berühmten wird von den Kritikern mehr als zurückhaltend aufgenommen; beispielhaft für die Reaktionen ist Paul Blahas Feststellung in der Weltwoche : »›Die Berühmten‹, Thomas Bernhards Kunstbetriebsbeschimpfung, ist ganz bestimmt kein Verrat an der Kunst. ›Die Berühmten‹ sind nur ein exzeptionell schlechtes Stück. ›Die Berühmten‹ sind der schlechteste Bernhard, den wir je hatten.« Siehe auch den Kommentar zu Die Berühmten in Th. B.: Werke 16 , S. 390-405.
    2   Über seinen Aufenthalt in Salzburg schreibt S. U. in der Chronik unter dem Titel Begegnung mit Thomas Bernhard in Salzburg am 10. Mai 1976 einen dreiseitigen Bericht:
»Das Flugzeug aus Zürich kam pünktlich am Salzburger Flughafen an. Bernhard erwartete mich. Wir gingen dann in das Airport-Restaurant zum Mittagessen.
Die üblichen Höflichkeiten. Frage nach der Tante, Frage nach Frau Zeeh. Ich las ihm aus der ›Presse‹, Wien, einen Auszug aus einem Gespräch vor, das Bruno Kreisky mit Schülern geführt hatte. ›Welche Weltgeltung hat Österreich heute?‹ — wollte ein Schüler wissen. Und Kreisky ›legt los‹. Erste Erwähnung: der UNO-Generalsekretär [Kurt Waldheim] und ein Kommandant auf den Golanhöhen [Generalmajor Hannes Philipp]. Dann kommt als zweites: ›Viele der größten Nachwuchsdichter sind Österreicher.‹ Da ist Kreisky doch etwas Interessantes entschlüpft.
Ich merke gut, wie er nervös ist und auf das drängt, was er in seinem Brief an mich [siehe Brief 337] geschrieben hat [. . .].
Er sagte: ›Wollen wir mit dem Negativen oder dem Positiven anfangen?‹ Ich wollte das Negative, doch als er das, was ich befürchtet hatte, begann, nämlich die Tatsache, daß er Schaffler wieder ein kleines Buch versprochen habe, unterbrach ich und bat ihn, dies zu verschieben. Dann sagte er ›Gut, sprechen wir über Geld.‹ Dazu war ich nun sehr bereit.
Wir hatten ja eine Verabredung schon vor Jahren getroffen, wonach diverse Zahlungen an ihn, immerhin hohe sechsstellige Summen, nicht jeweils einzeln verrechnet werden, sondern wir wollten am 31. 12. 1975 ›Bilanz‹ ziehen. Haben wir ihm mehr gezahlt, so verfällt der Betrag, haben wir ihm weniger gezahlt, hat er also eine Gutschrift, so erhält er diese. Ich bat ihn, zu schätzen, wie die Situation sei. Er wußte es nicht. Dann war er überrascht, daß ich eine klar gegliederte, auf einer Seite übersichtliche Abrechnung gemacht hatte. Er drehte sich jedoch sofort herum und sagte: Wie auch immer die Abrechnung sei, er wünsche sich, daß ich ihm noch einmal DM 40.000.— zahlen sollte. Ich hörte mir dies gelassen an und bat ihn nun doch, die Abrechnung zu studieren. Er war sehr überrascht über das gute Ergebnis, Guthaben in Frankfurt ca. DM 50.000.—, Guthaben in Zürich ca. DM 50.000.— – er war begeistert, fand das ›ideal‹ und war ›sehr glücklich‹. Dann kam der große Überraschungszug: ich schlug ihm vor, die Hälfte dieses Guthabens – also DM 50.000.— – gegen das Darlehen zu verrechnen. ›Und die andere Hälfte?‹ fragte er. Da öffnete ich meinen Koffer und übergab ihm bar sFr. 50.000.—. Das hatte er nun doch nicht erwartet!
Er war sichtlich

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