Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
Ebenso die Kunst-Szene, wie mir Schmögner dies schilderte.
Ganz besonders katastrophal die Burg-Theater: Drei Stücke mußten verschoben werden und damit auch Probentermine. Durch diese Verschiebungen werden die Schauspieler des Burgtheaters, die für das Bernhard-Stück vorgesehen waren, an den Proben nicht mehr teilnehmen. [. . .]
Herr Baumgartner möchte noch weitere Lösungen probieren, aber die Sache ist aussichtslos und im Grunde genommen auch nicht mehr zu verantworten. Das Festival hat seine bestimmten Termine, und bis dahin sind nicht einmal die Kostüme mehr zu realisieren.
Ich hatte ein sehr eingehendes Gespräch mit Thomas Bernhard über diesen Punkt. Er wollte ja unbedingt die Wiener Aufführung; natürlich ist er bedrückt, daß daraus nichts wird und er nun warten muß. Claus Peymann hatte mir in einem Telefonat erklärt, in jedem Fall ›Die Berühmten‹ machen zu wollen, freilich nicht vor dem Mai 1977. Bernhard ist an sich einverstanden, daß wir Peymann diese Chance geben, aber für ihn ist dieses Stück abgeschlossen, ›erledigt‹, und er hat keine Lust mehr. Er arbeitet an neuer Prosa und auch schon wieder an einem neuen Stück.«
2 Amras erscheint am 9. März 1976 als Band 489 in der Bibliothek Suhrkamp.
3 S. U. ist vom 17. bis 21. März auf einer USA-Reise, wo er u. a. die Deutsche Buchausstellung in Los Angeles eröffnet, an der University of Southern California einen Vortrag in deutscher Sprache über Hesse hält und in einem zweiten Vortrag über Literary Publishing in Germany spricht.
[335; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
6. April 1976
Erbitte dringlich Anruf. Gruß S. U.
[336; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
8. April 1976
Lieber Thomas Bernhard,
ich könnte am 10. Mai 1976 um 13.35 Uhr, von Zürich kommend, 1 am Salzburger Flughafen eintreffen. Werden wir uns dann sehen? Ich würde am Abend, um 18.43 Uhr, nach München zurückfahren. Ich hoffe, daß Ihnen das konveniert.
Herzliche Grüße,
Ihr
[Siegfried Unseld]
|Nach Wien (Festwochen-Büro) wurden heute Vertrag, Texte und ein Brief von mir gesandt.| 2
1 Am 9. Mai besucht S. U. in Zürich Max Frisch, dem er die zu dessen 65. Geburtstag am 15. Mai erschienenen Gesammelten Werke überreicht. Nach dem Aufenthalt in Salzburg fährt er weiter nach München, wo er sich u. a. mit Ernst Augustin und Herbert Achternbusch trifft.
2 Den handschriftlichen Zusatz notiert Burgel Zeeh auf dem Durchschlag.
Mit dem Datum vom 8. April 1976 schreibt S. U. an den Intendanten der Wiener Festwochen, Ulrich Baumgartner, in Sachen Die Berühmten : »[. . .] Wir müssen dringlich den Aufführungsvertrag zwischen uns regeln. Nach unserer letzten Kommunikation in Wien war ich der Meinung, daß sich das Stück nicht mehr realisieren ließe, und ich habe dies dem Autor auch so mitgeteilt. Dank Ihrer Intensität scheint jedoch die Uraufführung im Rahmen der Wiener Festwochen möglich. Wir müssen Sie freilich dringlichst bitten, die durch die Kürze der verbleibenden Zeit noch möglichen Vorbereitungen mit größter künstlerischer Aufmerksamkeit zu betreiben.« Im folgenden geht S. U. außerdem auf den dem Brief beiliegenden Vertrag und die bereits getroffenen Vereinbarungen zu Regie und Besetzung des Stücks ein. Zur Aufführungsgeschichte siehe außerdem den Kommentar zu Die Berühmten in Th. B.: Werke 16 , S. 390-405.
[337]
Ohlsdorf
27. 4. 76
Lieber Siegfried Unseld,
ich hatte ein sehr gutes Gespräch mit dem Regisseur Lotschak in Wien und bin froh, dass dort die »Berühmten« am 23. Mai herauskommen, die Probenzeit ist reichlich, weil der Truppe das Theater an der Wien praktisch drei Wochen Tag und Nacht zur Verfügung steht und die Gewerkschaft keinen Druck ausübt. Ich glaube, für das Stück gibt es tatsächlich keinen besseren Ort zu dem besten Zeitpunkt.
Am 10. treffen wir uns, wenn es sein muss, also auch in Salzburg und es ist tatsächlich eine Unterredung in allen unseren grundsätzlichen Fragen notwendig, es gehört wieder einmal das Fundament kontrolliert und die Risse im Sockel gehören besprochen. Wir haben dann wieder einen neuen Ausgangspunkt für eine neue Epoche als Zukunft . Auch die Finanzen gehören wieder einmal geklärt.
Ich selbst habe die beste Periode und halte mich an die Arbeit: äusserste Disziplin als Existenzerfrischung.
Herzlich:
Thomas B.
Morgen schicke ich die korrigierten »Berühmten«-Fahnen ab, ich
Weitere Kostenlose Bücher