Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
ist schon zweimal oder dreimal übersetzt / und jedesmal sagt man es sei eine geniale Übersetzung / aber nach zehn Jahren spätestens stellt sich heraus / daß diese geniale Übersetzung nichts als dilettantisch ist / Und mit Joyce ist es dasselbe« (Th. B: Werke 18 , S. 238.)
»Und mit Joyce ist es dasselbe« ist eine spätere Einfügung von Th. B. in die erste erhaltene Fassung des Stücks. Die von S. U. angesprochenen Schlußworte dagegen – der Verleger, der, nachdem der Autor endlich aus seinem neuen Manuskript gelesen hat, in den Applaus der Zuhörer hinein äußert: »Das ist ja groß / wendet den hocherhobenen Kopf / artig« – hat Th. B. nicht verändert. Zusätzlich fragt Burgel Zeeh Th. B. brieflich am 7. August: »›Über allen Gipfeln ist Ruh‹: der Text wird jetzt für den Satz eingerichtet. Dr. Unseld bat mich, Sie nach dem Untertitel bzw. Motto zu fragen – würden Sie mir dazu bitte noch eine Nachricht geben?«
[409; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Rundbrief]
Frankfurt am Main
21. August 1980
An die
Autoren des Suhrkamp Theaterverlages
Ich möchte Sie informieren, daß RUDOLF RACH am 1. Juli 1981 wieder die Leitung des Suhrkamp Theaterverlages übernehmen wird. Dr. Rudolf Rach war bereits von 1971 bis 1976 in dieser Aufgabe bei uns tätig; es war dann sein Wunsch, an einem Theater die praktische Arbeit bei der Realisierung von Aufführungen zu leisten. Ich freue mich, daß Rudolf Rach nach seiner erfolgreichen Theaterpraxis wieder zu uns kommt; seine Tätigkeit wird die Wirkung der Arbeit des Theaterverlages intensivieren.
Frau Renate Doufexis ist in ihrer Aufgabe als Verantwortliche des administrativen Bereichs am 30. Juni dieses Jahres ausgeschieden. Im Theaterverlag arbeiten in der Dramaturgie nach wie vor Wend Kässens und Burkhard Schlichting und in der Administration Frau Claudia Ständer; diese Mitarbeiter stehen Ihnen zur Verfügung.
Ich werde mich persönlich bis zum Eintritt von Rudolf Rach auch mehr um den Theaterbereich kümmern; sollten Sie Fragen oder Wünsche haben, bitte zögern Sie nicht, sich jederzeit an mich zu wenden.
Dr. Siegfried Unseld 1
1 S. U. notiert handschriftlich auf diesem Brief: »wie angekündigt herzlich Ihr S. U.«
[410; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
22. August 1980
Kölner Schauspiel will »Ruhestand« aufführen stop Regisseur Walter Adler jung nicht untalentiert stop Besetzung aus dem Ensemble durchschnittlich gut stop leichtes Risiko stop wäre für Genehmigung Herzliche Grüße S. U. 1
1 In einer Notiz vom 26. August 1980 hält Burgel Zeeh fest:
»Anruf von Thomas Bernhard am 26. 8. 80, 9.45 h
›Über allen Gipfeln ist Ruh‹: Das Stück hat den Untertitel ›Ein deutscher Dichtertag um 1980‹.
[…] Er sagt Ja zum ›Ruhestand‹ in Köln.
Ab 2. September wird er in Bochum bei den Proben ›Der Weltverbesserer‹ sein. Da er Dr. Unseld sprechen muß, verabrede ich einen Termin am Samstagnachmittag in Bochum.
Präsident Kaut hat so angebissen, daß er schon 1981 in Salzburg ›Am Ziel‹ herausbringen möchte. Nun will Bernhard sich an die Arbeit machen und zusehen, das Stück bis Oktober fertig zu haben. Dann also 1981 in Salzburg ›Am Ziel‹. Das freut ihn natürlich.«
[411; Anschrift: Ohlsdorf; Telegramm]
Frankfurt am Main
7. September 1980
hervorragende aufführung minetti und heerdegen überzeugend stop der endgültige durchbruch thomas bernhards auf deutschen bühnen »es gibt keine vergangenheit, nur noch zukunft« gute genesungswünsche und auf baldiges wiedersehen 1 ihr
siegfried unseld
1 Der Weltverbesserer wird am 6. September 1980 unter der Regie von Claus Peymann am Schauspielhaus Bochum uraufgeführt; Bernhard Minetti, dem das Stück gewidmet ist, spielt die Titelrolle, Edith Heerdegen die Frau an seiner Seite. In seinem Reisebericht Bochum—Berlin, 6.-8. September 1980 schreibt S. U.:
»Thomas Bernhard versetzte mich. Er war krank geworden und war in Bochum überhaupt nicht erschienen.
Die Uraufführung ›Der Weltverbesserer‹ war schlechterdings grandios. Endlich wieder einmal ein Theaterabend, in dem man sich hingerissen fühlte. Ich meine, daß diese Aufführung für Bernhard ein historisches Datum werden wird. Mit dieser Aufführung ist ein definitiver Umbruch für Bernhard auf den Bühnen erfolgt. Das Stück ist zwar auf Minetti hin geschrieben, ich bin aber der Meinung, daß ein anderer großer Schauspieler das spielen kann. Das
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