Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
»Minetti« Minetti ausschließlich zudächte, wäre das gut und richtig; andere Schauspieler aber den »Weltverbesserer« nicht erproben zu lassen scheint mir der von Ihnen bewunderten Schauspielkunst gegenüber unfair. Könnten Sie da nicht doch noch einmal umdenken?
Niemand versetzt Berge – Sie aber die Hohen Tauern. Wir hatten’s anders ausgemacht.
Nächste Woche mache ich endlich auch einmal fünf Tage Urlaub an den von Ihnen geliebten Stränden Portugals; ich habe da ein bestimmtes Foto-Bild im Kopf. 2
Burgel Zeeh, die Sie grüßen läßt, fährt am 18. Oktober in Urlaub. Am Sonntag, dem 19., bin ich verlassen und frei. Könnte ich Sie nicht zu einem Flug und einem Abendessen in Frankfurt einladen?
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
1 Den 40. Geburtstag von Th. B. feiert S. U. 1971 mit dem Autor in Brüssel. Siehe Anm. 1 zu Brief 147.
2 Vom 29. September bis zum 4. Oktober hält sich S. U. in der Algarve auf. Siehe Abbildung 9 – sie hing im Arbeitszimmer von S. U. in der Frankfurter Klettenbergstraße.
[415; Anschrift: Ohlsdorf; handschriftlich; Ansichtskarte: »Albufeira / Algarve«]
Albufeira
2. Oktober 1980
Einer fehlt da am Strand! (dort, wo nach Alberti »das Land endet und das Meer beginnt«) 1
Wer ist er?
Sie dürfen raten
Herzlich
Ihr
S. U.
1 Die erste Strophe von Rafael Albertis Gedicht Wenn meine Stimme an Land stirbt (aus dem Band Zu Lande zu Wasser ) lautet: »Wenn meine Stimme an Land stirbt, / bringt sie hinunter ans Meer / und laßt sie mir am Strande«.
[416; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
10. Oktober 1980
Lieber Thomas,
also – Sie können am 18./19. nicht kommen, das ist schade, und im November sind Sie verreist. Wohin werden Sie fahren? 1
Meine Frau und ich sind vom 6. bis zum 13. Dezember zu einer Skiwoche in Arosa. Wir könnten uns treffen in der Zeit vom 1. bis 3., vielleicht wäre es aber besser am 14./15. Dezember. Was würde Ihnen lieber sein? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie vor Ihrer Abreise im November mir sagen würden, welche Tage Ihnen lieber wären. Und in der Tat wäre es gut, wenn Sie nach Frankfurt kämen, denn hier sind viele Leute, die Sie sprechen wollen. Ich werde dann auch Rudolf Rach bitten, nach Frankfurt zu kommen, damit wir auch einmal ein ausführliches Gespräch über die Theatersituation haben.
Sonst läuft alles gut. Der »Weltverbesserer« hat ein bedeutendes Echo, und wir haben Schwierigkeiten mit den Absagen. 2
Schöne Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
1 In einer Telefonnotiz vom 9. Oktober 1980 hält Burgel Zeeh für S. U. fest:
»Gruß von Thomas Bernhard. Er kann nicht zum 18./19. kommen, da hat seine Tante, vielleicht zum letzten Mal, Geburtstag.
Er hätte Ihnen einen seiner ernsthaftesten Briefe geschrieben, und dann hätten Sie gar nicht ernsthaft darauf geantwortet. So sei das nun mal.
Es geht ihm gut, er geht bis Ende November weg, irgendwohin. [Th. B. reist nach Mallorca, wo in den ersten Novembertagen der Film von Krista Fleischmann, das Interview Thomas Bernhard. Eine Herausforderung. Monologe auf Mallorca , gedreht wird. Die Ausstrahlung durch den ORF erfolgt zum 50. Geburtstag von Th. B. im Februar 1981.] Gerne würde er Sie dann einmal im Dezember treffen, ›wir alle zusammen sollten uns sehen‹, wobei ich ihm dann sagte, das ginge nur in Frankfurt. Also gut, dann ins Paradies Frankfurt.
›Weltverbesserer‹ (ich fragte ihn noch mal aufgrund der Notiz des Theaterverlages und Ihrer nochmaligen Anfrage): nein, er möchte das nicht nachgespielt haben. Er sei an einem neuen Stück, und es sei dann eh besser, das neue aufzuführen. Man soll den ›Weltverbesserer‹ lassen.«
2 Handschriftlich notiert Th. B. in der rechten unteren Ecke des Briefs die Telefonnummer des Verlags mit der damaligen Ortsvorwahl 0611 und dem Anschluß 740231; die linke Seite des Briefbogens ziert ein hochkant gezeichnetes Rechteck.
[417; auf Briefpapier des Hotels Palas Atenea]
Palma de Mallorca
1. November 80
Lieber Doktor Unseld,
ich bitte Sie, meine »Hora mortis« unter keinen Umständen erscheinen zu lassen, ich hätte den Plan von Anfang an entschieden ablehnen müssen; das Buch macht mir keine Freude. Mein Entschluss ist endgültig. 1
Ist »Über allen Gipfeln ist Ruh« schon gesetzt? 2
Kann sein, dass im kommenden Sommer in Salzburg »Am Ziel« gespielt wird mit Marianne Hoppe; es hängt von den Salzburgern und Peymann ab, der von mir aus freie Hand hat.
Sie
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