Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
sollen gesagt haben, Peymann soll nicht immer Bernhard inszenieren, Sie hätten auch andere Autoren im Verlag. Was soll ich dazu sagen?
Beste Grüsse
Thomas B. 3
1 Dieser Absage geht ein Briefwechsel zwischen Th. B. und Maria Dessauer voraus, die ihm am 17. Oktober geschrieben hatte:
»Lieber Herr Bernhard, im Februar 1981 soll in der Bibliothek Suhrkamp Ihr Gedichtzyklus ›In hora mortis‹ erscheinen.
Wir müssen versuchen, das gebundene Bändchen ›umfänglich‹ zu machen, möchten deshalb jedes Gedicht auf einer rechten Seite beginnen und die linken Seiten immer dann frei lassen, wenn ein Gedicht auf einer und derselben Seite beginnt und endet. Daß dies auf den Seiten 9-10 nicht der Fall ist, ist klar.
Fraglich erscheint es uns auf den Seiten 7-8 (ein oder zwei Gedichte), 21 und 22 und auf den Seiten 27-28.
Bitte schreiben Sie uns auch, ob die Widmung in den Band aufgenommen werden soll und ob sie, wie in der Salzburger Ausgabe, am Ende des Zyklus stehen soll.«
Unter dem Datum des 24. Oktober 1980 antwortet Th. B.: »[…] dieses ›Gedicht‹ habe ich vor genau fünfundzwanzig Jahren verfasst als Text für ein Oratorium, das in Zusammenarbeit mit mir von dem Komponisten Lampersberg komponiert worden ist. Es ist eine Musik geworden, deren Aufführung die allergrössten Schwierigkeiten macht, deshalb ist es auch, meines Wissens, nur zu einer einzigen Realisierung gekommen. [Siehe Anm. 3 zu Brief 24.] Lampersberg war ein Schüler Hauers, Schönbergs und hat vor allem Webern bewundert, dessen Technik er in dem Oratorium zur Grundlage gemacht hatte.
Ich selbst erschrecke heute vor dem Wort ›Herr‹ und ›Gott‹, wenn ich auch die ›Hora mortis‹ für eine gelungene Arbeit halte, auch was den Textaufbau betrifft. Der Inhalt entspricht nicht meinem Geisteszustand seit weit über zwanzig Jahren.
Seite 7-8 sind zwei ›Gedichte‹, natürlich, so ist es auch auf den Seiten, die Ihre Fragen betreffen.
Es muss ausdrücklich gesagt werden, dass dieses ›Gedicht‹ vor einem Vierteljahrhundert und auch zu welchem Zweck – entstanden ist und die Widmung muss wegfallen.
Vielleicht hätte ich mit diesem ›Gedicht‹ damals sterben sollen. Wer weiss?
Ihr
Thomas Bernhard
P. S. Ich bin ab morgen Samstag Palma de Mall. Hotel Palas Atenea erreichbar, darf ich Sie bitten, das Doktor Unseld zu sagen, dem ich aus Palma schreibe.«
Und am 6. November berichtet er Maria Dessauer: »[…] in der Zwischenzeit habe ich die Todesstunde gestrichen und diese Entscheidung auch Herrn Unseld schon vor etwa einer Woche mitgeteilt.
Es ist heute meine grösste Freude, dass die Komposition nicht erscheint.
Man soll die Dummheit nicht auf die Spitze treiben.
Herzlich Ihr Thomas Bernhard
P. S.: Diese Zeilen fliegen sofort hier ab.
Mit dem Dank für Ihre Begräbnisbemühungen!«
In hora mortis erscheint 1987 in der Insel-Bücherei.
2 Hans-Burkhard Schlichting schreibt am 15. Dezember an Th. B.: »[…] Mit gleicher Post sende ich Ihnen eine Kopie der korrigierten Druckfahnen für die Buchausgabe von ›Über allen Gipfeln ist Ruh’‹. Falls Sie hier auf eine detaillierte Durchsicht verzichten wollen, wäre ich Ihnen für eine kurze Nachricht dankbar.«
3 Am 18. November telefoniert S. U. mit Th. B. in Mallorca und beschreibt den Inhalt des Gesprächs in einer Notiz: »Er hat mir mitgeteilt, daß er in einem Telefongespräch dem Burgtheater die Genehmigung gegeben hat, den ›Präsidenten‹ aufzuführen, und zwar für einen Betrag von Schilling 100.000.—. (Das Theater hatte vor einem Jahr 60.000.— geboten, das hatte Bernhard abgelehnt.) Der Betrag ist als eine Anzahlung auf Tantiemen anzusehen, aber er ist ja so hoch, daß sich danach wohl nichts mehr ergeben wird.
Wenn das erfüllt wird, ist Thomas Bernhard auch bereit, dem Theater die Aufführungsrechte für den ›Weltverbesserer‹ zu geben. Hier sind die Bedingungen noch zu vereinbaren.
Über Fernsehrechte ist bisher nichts vereinbart worden. Das Österreichische Fernsehen wollte ursprünglich die deutschen Aufführungen aufzeichnen, aber das Österreichische Fernsehen weiß nicht, daß jetzt Aufführungen an der Burg kommen. Frau Ritzerfeld möchte bitte das Österreichische Fernsehen zunächst davon benachrichtigen und erkunden, ob man dort lieber die deutschen oder später die österreichischen Aufführungen aufzeichnen möchte. Danach wende ich mich wieder an Thomas Bernhard.«
Unter demselben Datum weist S. U. die Buchhaltung an, zum
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