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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Gipfeln ist Ruh‹ würde nicht Peymann, sondern Luc Bondy in Bochum inszenieren. Man soll nicht alles auf einen Regisseur, auf einen Schauspieler oder eine Schauspielerin abstellen, obschon das Beste natürlich immer nur gerade gut genug ist.
[…] Bernhard und ich sprachen über Autoren, der Name Handke kam nie vor. Was wir ebenfalls nicht besprachen: werden wir den Band ›Kindheit und Jugend‹ realisieren, und stimmt das Gerücht, daß 1982 ein Text bei Residenz erscheinen soll? Beide haben wir daran nicht gerührt. Ein schwieriges Problem gelöst zu haben reichte ja auch. Ich lud ihn ein, nach Boston zu kommen, am Wochenende 19./20. September, wo ich auch in Boston sein würde. Und wir würden dann gemeinsam die Niagarafälle besuchen. Das nahm er freudig-bewegt auf. Für mich war das das wenigste, was mir diese Erleichterung wert war. ›Ist das nicht ungewöhnlich, einem Menschen die Reise zu bezahlen […], den man kaum kennt? [Tochter:] Aber er ist doch bekannt, er ist eine Berühmtheit.‹ (›Am Ziel‹, S. 71 [Th. B.: Werke 18 , S. 308f.]). […]
Am Spätnachmittag, als wir uns verabschiedeten, bat Bernhard darum, Peymann allein eine Viertelstunde sprechen zu wollen. Wir verabredeten uns eine halbe Stunde später am Parkplatz des Bernhardschen Wagens. Wollte Bernhard die Frage ›Alles oder Nichts‹ mit Peymann besprechen, und was würde der sagen? Als Bernhard kam, pünktlich auf die Minute, war er weiterhin gelöst und heiter. Ich wollte ihm anbieten, mit einem Taxi zum Flughafen zu fahren, doch er bestand darauf, mich selbst fahren zu können. ›Als Krönung und Abschluß.‹ Wir fuhren in Richtung Flughafen, und dann bat er mich, ob wir nicht unterbrechen dürften für einen Gang zum Friedhof? Er wollte sehen, ob das Grab in Ordnung ist. Ich wußte nicht, um welches Grab es sich handelt, dann aber war es sein Großvater: Johannes Freumbichler, 1881 geboren in Henndorf, und es war auch das Grab des Sohnes des Großvaters und der Mutter seiner Mutter. Das Grab war in Ordnung. (Thomas Bernhard hatte mir einmal das Buch seines Großvaters, das bei Rainer Wunderlich 1942 erschienen ist, zur Wiederauflage angeboten: ›Auszug und Heimkehr des Jodok Fink. Ein Buch vom Abenteuer des Lebens‹ – aber das war nicht zu machen.)
Als wir in das Auto einstiegen zur Weiterfahrt zum Flughafen, benützte er die letzte Gelegenheit und fragte mich nach den Finanzen. Die DM 100.000.—, die er in Bochum erhalten hatte, waren natürlich auf der Basis von rund DM 40.000.— Fernsehgelder ›Am Ziel‹, die nun entfielen, aber, oh Wunder, durch die Abrechnungen per 30. 3. und 30. 6. 1981 waren von den DM 100.000.— bereits DM 78.000.— abgedeckt.
Dann die Fahrt zum Flughafen. Inzwischen war es wirklich unerträglich heiß geworden. Er wollte mit mir bis zum Abflug spazierengehen, aber ich bat darum, allein sein zu können. Ja, sagte er, abrupte Abschiede sind die besten. Grüßen Sie die Leute, die mich gegrüßt haben, und sagen Sie zu Dr. Guth, er soll mich besuchen in Nathal. Herzlichen Dank für den Besuch. Noch einmal Bekundungen, freundschaftliche Gefühle, bis bald. Bis Boston?
Ich war wie gelähmt, als allmählich die Spannung dieses Tages nachließ. Mir gingen Bernhards Äußerungen nicht aus dem Kopf, auch nicht diese, die unsere gegenwärtige Zeit betrafen: Rette sich, wer kann. So zynisch ist das für ihn gar nicht. Er hält nämlich die Zeit, in der wir leben, für herrlich, für eine Zeit des Übergangs, ja, sie ist wunderbar.«
    2 Am Ziel , Band 767 der Bibliothek Suhrkamp, erscheint im Juli 1981.

[435; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    24. August 1981
    Lieber Thomas Bernhard,
    mir hat die Aufführung in Salzburg durchaus gefallen, sie ist etwas zu lang geraten, mit einigen Hängern dazwischen, aber der Abend war ein großer Erfolg für Sie und ein Erfolg auch für Marianne Hoppe. Meinen herzlichen Glückwunsch! Die Kritik ist gemischt, mal so, mal so – doch das werden Sie ja auf Ihrer Reise mit dem unbekannten Ort längst gelesen und wahrscheinlich heute wieder vergessen haben. Es haben sich schon verschiedene Theater gemeldet, aber wir haben sie tentativ beschieden, zunächst soll ja dieser Aufführung ein gewisser Vorsprung eingeräumt bleiben. 1
    Nun zu unserem Niagara-Unternehmen: Wenn Burgel Zeeh so etwas in die Hand nimmt, dann nimmt sie es in die Hand und uns an die Hand. Hier anliegend finden Sie einen Plan für Sie, der mir sehr einleuchtet. Bitte sagen Sie, ob

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