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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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schließlich, warum er sich der Signierung verwehren sollte. Ich sollte mir etwas ausdenken, wie man das machen könnte, und so kam der Entschluß zu einer Elsaß-Fahrt zustande, bei der er dann die tausend Bogen signieren sollte.
Mein Besuch beim neuen Präsidenten der Salzburger Festspiele, Herrn Moser, war fast eine Farce.
Ich mußte im Vorzimmer, das bei der Hitze wie eine Sauna war, eine Viertelstunde warten, bis ich zu ihm vorgelassen wurde. Er wußte sicherlich durch die alte Sekretärin, daß ich zu seinem Vorgänger eine gute Beziehung gehabt hatte und manchmal als Feuerwehr-Hauptmann bei Peymannschen Aktionen gewirkt hatte.
Ich übergab ihm das Manuskript ›Der Theatermacher‹ und erzählte ihm den Inhalt. Er könne glücklich sein, eine solche Uraufführung zu haben. Sie sei ideal für die Festspiele und ihr Publikum geeignet. Und die Rolle sei für einen großen Schauspieler wie prädestiniert und es sei wirkliches Theater mit Geschichte, mit autobiographischen Bezügen, mit Kritik (aber nicht scharfer politischer), und das Ganze sei heiter, ein Spaß mit großem Tiefsinn. Ich schreibe hier nicht alles auf, was dieser Mann mir sagte, nur: er hatte einfach wenig Ahnung, und so nannte ich ihm als Basis DM 70.000.— bis DM 75.000.—, erwähnte auch noch einmal die Fernsehmöglichkeit, an die er von sich aus gar nicht gedacht hatte. Er machte sich Notizen und wollte das Stück bald selber lesen. Wir sollten ihm bald einen Aufführungsvertrag zuschicken.«

[462; handschriftlich auf Briefpapier Dr. Siegfried Unseld, 6 Frankfurt am Main Klettenbergstraße 35]
     
    [Frankfurt am Main]
    Sonntag, 7. August [1983]
    Lieber Thomas Bernhard
    alles war großartig! 3
    Ihre beharrliche, sich nicht verweigernde »Schreib«-Leistung —
    die Gespräche mit Ihnen —
    Ihre freundschaftlichen Kommentare —
    das Abendessen mit Guth —
    »unsere Damen« —
    die Umgebung —
    der Ausflug —
Man muß immer wieder versuchen, das Große zu erzwingen!
    Bitte behalten Sie meine Bitte des »1000er Programms suhrkamp taschenbuch« im Kopf. Ich möchte mir und uns so dringlich wünschen, daß Sie mit von der Partie sind (ich weiß, Sie haben andere Ufer-Ziele). Für uns wäre es ideal und vollkommen, wenn wir einen neuen Text (30, 40 Seiten) von Ihnen bringen könnten. 4
    Falls die beschworenen Schubladen in Wien nicht die von mir als sicher angenommene embarras de richesse hätten, schlage ich folgendes vor:
    »Der Theatermacher« (Juni-Juli zur Premiere) im suhrkamp taschenbuch: Ein neues Buch von T. B. zum ersten Mal sehr preiswert. Startauflage 20 000 Ex. Sonderverkauf während der Festspiele. Wir können in ganz Österreich die Salzburger Aufführung mit Buchhändler-Sonderfenster begleiten.
    »Beton«, das ich ja sehr liebe, stünde dann singulär in der Bibliothek.
    Der Band »Stücke« im Weißen Programm ist lieferbar bis zum 31. Dezember. Dann verschwindet er, um irgendwann, in Leinen gebunden (vielleicht mit einem zweiten Band »Stücke«), zu erscheinen. Dann neben »Erzählungen« und hoffentlich auch neben der Autobiographie …So entstünde organisch, logisch, selbstverständlich das Gesamte.
    Wir hätten dann einen guten, reichen, aber nicht überladenen Fahrplan für 1984
    März: BS: »Eigernordwand«
    Juli: st: »Theatermacher«
    Sept: geb. Buch: »Auslöschung« 5
    Nov: BS: »Beton«
Ja, mach nur einen Plan … 6
    Herzliche Grüße
    und
    Morgen in Basel 7
    Ihr
    Siegfried Unseld
    1    Im Reisebericht Baden-Baden / Straßburg, 4.-5. August 1983 ist zu lesen:
»Der Anlaß zum Anlaß dieser Reise liegt 20 Jahre zurück. Thomas Bernhard hatte den Wunsch, seinen 1963 bei der Insel erschienenen ersten Roman ›Frost‹ noch einmal in gebundener Form aufzulegen. Nun ist das kein unediertes Buch, im Jahre 1972 ging es in die suhrkamp taschenbücher über, und unser Verzeichnis weist das 29. Tsd. aus. So kam ich auf die Idee eines Faksimile-Druckes dieser ersten Ausgabe, 1000 numerierte und vom Autor signierte Exemplare. Am Telefon sagte Thomas Bernhard mir dies zu, aber dann, als es um die Unterschrift ging, wollte er sich doch versagen. In Salzburg vereinbarten wir dann eine Elsaß-Reise, auf der er die Unterschrift leisten wollte. Ich verstehe gut, daß Bernhard an diesem ersten Roman hängt, man braucht nur die erste Seite zu lesen, um in diesem Erstling schon den ganzen Bernhard zu erkennen. ›Etwas Unerforschliches zu erforschen. Es bis zu einem gewissen erstaunlichen Grad von Möglichkeiten

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