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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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schon im Titel den Schauspielern ›Ritter, Dene, Voss‹ gewidmet ist. Sein Leben jetzt: abends, nachts Krankendienst. Morgens um neun ginge er weg, er schriebe in einem Café, Notizen, meditiere. Abends würde er dann wieder wichtige Notizen in Form von kleinen Zetteln in das Manuskript ›Holzfällen‹ einarbeiten. Also Krankendienst, Schreiben und in den Zwischenpausen Gehen, nur in einzelnen Augenblicken lese er. Auf meine Frage antwortete er: Pascal, Gogol, Dostojewski, Tschechow.
Er hofft sein Stück bis Ende Mai fertig zu haben. Aber er kann das nicht zu Ende bekommen, bevor er nicht die Fahnen ›Holzfällen‹ gelesen habe. Ob es möglich sei, die bis zum 10. Mai zu bekommen? Format und Typographie wie ›Untergeher‹. […]
Bei allen Begegnungen war er es, der das Ende bestimmte. Diesmal mußte ich zu meiner letzten Verabredung weggehen. Er bedankte sich überschwenglich. Er hatte auch Wert darauf gelegt, daß er mit Ausnahme ›meines‹ Hotels Hilton alle Rechnungen bezahlte. Schließlich sei es ja Wien. Herzliche Grüße nach Frankfurt, es sei sehr schön gewesen, wir müssen uns bald treffen. Ich sagte, weil ich ja ein Originalmanuskript habe, von dem er keine Kopie mehr besäße, sei ich diesmal sicher, er wünschte gewiß nicht meinen Absturz. Nein, sagte er, das hätte er nie gewünscht.
Es war eigentlich meine schönste Begegnung mit Thomas Bernhard. Nicht, weil von Geld nicht die Rede war, in gewisser Weise wurde reziprok darüber gesprochen, aber es war die Bekundung eines Vertrauens, das er hatte und das mich halt sehr glücklich machte.
Ich brauchte eine halbe Stunde, um über diese Begegnung zu meditieren, so daß ich im Demel bei einem großen Braunen saß, das Manuskript ›Holzfällen‹ in der Hand. Wieder hatte ich einen Einblick in das Dasein, in das Arbeiten eines großen Schriftstellers. Und da gibt es ja nur ein einziges Rettungsmittel.«
    2   Mit dem Datum des 9. April 1984 findet sich dazu folgende Verlagsnotiz von S. U.: »Ich habe Bernhard gesagt, daß ich am 28. September in Venedig sei und daß ich einladen werde: ihn, Frisch, Handke, Walser. A quattro, sagte er dann und hat zugesagt.« Der 60. Geburtstag von S. U. wird in Venedig ohne Th. B. gefeiert (siehe Anm. 2 zu Brief 468); er beteiligt sich aber an dem aus diesem Anlaß publizierten Buch Der Verleger und seine Autoren mit dem Text Unseld (S. 52-54); siehe Abbildung 12.

[467; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    8. Juni 1984
    Lieber Thomas Bernhard,
    die Suhrkamp-Vorschau für das zweite Halbjahr ist jetzt erschienen. Ich schicke Ihnen mit gleicher Post ein Exemplar zu. Wir haben auf Seite 3 »Holzfällen« angekündigt. Der Text ist Ihnen bekannt. 1 Ich hoffe auf eine gute Wirkung.
    Ich bin sicher, daß Ihnen auch das Gegenüber auf Seite 2, zumindest photographisch, gefällt. Und dann beachten Sie auch bitte auf Seite 25 die Ankündigung der Sonderausgabe »Korrektur«, auf Seite 36 die Ankündigung »Beton« in der Bibliothek Suhrkamp und auf Seite 28 »Der Schein trügt« im »Spectaculum«. 2
    Herzliche Grüße
    Ihr
    [Siegfried Unseld]
    1   Am 10. Mai treffen sich S. U. und Th. B. erneut in Wien, im Reisebericht Wien—Zürich, 9.-11. Mai 1984 heißt es:
» Thomas Bernhard .
Am Tage vorher hatte er seinen ›Lebensmenschen‹, Frau Hede Stavianicek, begraben. Eine Anteilnahme lehnte er ab, aber in den Stunden unseres Zusammenseins kam er immer wieder auf ihr Sterben, den Tod und was das nun alles für ihn bedeutet, zurück.
Honorarübergabe. Ich las ihm den Ankündigungstext ›Holzfällen‹ vor. Durchsicht der Korrekturfahnen.
Er hat folgenden Wunsch:
Keine Anzeigen am Schluß des Bandes.
Auf dem Titelblatt die sogenannte Gattungsbezeichnung ›Eine Erregung‹ größer.
Voltaire in aufrechter Schrift, das Motto jedoch kursiv.
Für den Umschlag hatte er eine genaue Vorstellung, die er auch aufzeichnete: Schwarzer Umschlag, weiße Schrift, oben links ausgerückt Thomas Bernhard, in der Mitte ganz klein, möglichst kursiv, Holzfällen.
Unten Suhrkamp.
Sehr befriedigt zeigte er sich über die Vereinheitlichungen der Abschrift und über die angekreuzten Fragen. Das sei für ihn eine große Arbeitserleichterung.
Dann das heikle Thema justiziabler Stellen. Er zeigte sich hier großartig. Wenn jene von mir inkriminierte Stelle seinem Buch schade, so solle sie dies doch nicht und er sei bereit zur Änderung. Er bestätigte, daß er diese drei Seiten [über Friederike Mayröcker und Ernst Jandl:

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