Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
möchte ihn ja gut finden, ich habe ihn mit 25 Jahren ja verehrt wie so einen österreichischen weltlichen Heiligen.‹«
Am 30. Dezember schreibt S. U. in einem Brief an Peter Handke: »Im Hause Fischer schwelte der Dauerstreit zwischen Thomas Mann und Döblin. S. Fischer konnte ihn nicht schlichten, und Freundschaften zerbrachen. Thomas Bernhard hat es schwer genug, mit sich und der Umwelt. Ich möchte nicht, daß Freundschaften zerbrechen.«
1987
[502; Anschrift: Hotel Tivoli, Sintra]
Frankfurt am Main
29. Januar 1987
Lieber Thomas Bernhard,
es gibt eine Nachricht, die ich Ihnen übermitteln will, bevor Sie in der kommenden Woche die Meldung in den Zeitungen, die Sie sicherlich auch in Portugal studieren, finden werden.
Ich freue mich, Sie bald zu sehen. Ich komme am Samstag nachmittag, 7. Februar, an und wohne im von Ihnen anempfohlenen »Avenida Palace« in Lissabon. Verbleiben wir so, daß ich Sie anrufe und daß wir dann ein Treffen verabreden? 1 Am Montag fliege ich wieder zurück.
Alles Gute bis dahin und herzliche Grüße —
Ihr
Siegfried Unseld
Anlage 2
1 Ab Anfang 1987 existiert die Verabredung, daß Th. B. und Burgel Zeeh im vierzehntägigen Abstand miteinander telefonieren. Dies erklärt die geringere Brieffrequenz, wobei nicht auszuschließen ist, daß Briefe verlorengegangen sind.
2 Die Anlage hat sich im Nachlaß von Th. B. nicht erhalten. Vermutlich handelt es sich um eine Pressenotiz des Suhrkamp Verlags vom 3. Februar 1987: »Mit Wirkung vom 1. April 1987 tritt Dr. Urs Bugmann als Lektor in den Suhrkamp Verlag ein. Er wird im Deutschen Lektorat des Verlages arbeiten und insbesondere jüngere und neuere deutschsprachige Autoren betreuen. Er ist Nachfolger von Dr. Rainer Weiss, der bisher diese Aufgabe wahrnahm und der nun die Leitung des Suhrkamp Theaterverlages übernommen hat. Dr. Urs Bugmann ist 1951 in Cham / Schweiz geboren; er promovierte 1981 an der Universität Zürich bei Professor Peter von Matt über Thomas Bernhards autobiografische Schriften. Urs Bugmann sammelte Lektoratserfahrungen im Walter Verlag, Olten; er veröffentlichte literaturkritische Arbeiten u. a. in der ›Neuen Zürcher Zeitung‹ und in den ›Schweizer Monatsheften‹. Dr. Siegfried Unseld«
[503; Anschrift: Hotel Tivoli, Sintra]
Frankfurt am Main
10. Februar 1987
Lieber Thomas Bernhard,
alles war großartig, das Gesprochene und Nichtgesprochene, Brot und Wein, Park und Meer, Sonne und Regen. Dieses portugiesische Wochenende werde ich nicht so leicht vergessen.
Wir halten fest: Spätestens am 15. April 1987 sehen wir uns irgendwo. Sie wollten mir dann die Manuskripte »Neufundland« und »Die Schwerhörigen« übergeben und Ihr Konto bewegen. 1
Auf Ihre Frage zu »In hora mortis« konnte ich Ihnen nicht antworten; ich wähnte das Manuskript in Satz, aber wie aus dem hier anliegenden Brief von Elisabeth Borchers vom 21. Januar hervorgeht, wartete sie noch auf eine Antwort von Ihnen. Leider hat dieser Brief Sie zu Hause nicht mehr erreicht. Ich füge außerdem eine Kopie des Briefes vom Otto Müller Verlag vom 14. Januar bei.
Zum Komplex und Problem »Der Zweifel«: Natürlich nagt mein eigener Vorschlag in mir, aber die Vernunft bestätigt ihn auch noch im nachhinein. Doch möchte ich Sie herzlich bitten, fortiter nicht nur in re, sondern auch in modo zu sein. Drei klare Bedingungen knüpfen Sie an die Übergabe:
Ein nicht-exklusives Veröffentlichungsrecht für drei Jahre;
Keinerlei Nebenrechte, insbesondere keine Übersetzungsrechte;
Der Verlag bestätigt definitiv die von Ihnen schon immer geforderte Rückgabe der Rechte für die fünf autobiographischen Prosastücke. 2
An die Gedichte wird gedacht. Die Taschenbücher werden in Ruhe für 1988ff. vorbereitet.
Ich denke gerne ans TIVOLI wie an die SETEAIS zurück und weiß Sie in dieser Umgebung produktiv aufgehoben. 3
Mit herzlichen Grüßen und Wünschen
Ihr
Siegfried Unseld
Anlagen 4
1 Zur Fertigstellung des geplanten Romans Neufundland und des Theaterstücks Die Schwerhörigen kommt es nicht mehr – nicht zuletzt aufgrund des prekären Gesundheitszustands von Th. B. Von beiden geplanten Werken haben sich Typoskripte bzw. Typoskriptfragmente im Nachlaß erhalten; während vom Roman nur einige Entwurfsblätter vorliegen, existiert vom Theaterstück eine sehr weit gediehene Fassung.
2 Der Zweifel soll unter den genannten Bedingungen dem Residenz Verlag als sechster und letzter Band der
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