Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
wenn mit einem Buch Ihr Durchbruch bei einem größeren Kreis gelingen kann, dann hier und jetzt. Wir sind jedenfalls auf eine intensive Werbung eingestellt; der Büchner-Preis wird das Seine dazu tun.
Der Ladenpreis beträgt DM 18.—, Ihr Honorar für das 1.-10. Tausend 10%, also DM 1.80 pro Exemplar; der Abrechnungsmodus ist Ihnen ja bekannt.
Jetzt kann ich nur hoffen, daß Ihnen das Äußere des Buches gefällt. Wie viele Freiexemplare wollen Sie in Ohlsdorf haben?
Und wie sind Ihre Reisetermine? Kommen Sie zur Buchmesse? Wenn ja – und wie es ja wohl auch verabredet war —, wäre es schön, wenn Sie sich in jedem Fall auf Samstag, den 26. September, einrichten könnten. Um 18.00 h ist ein kleiner Buchhändler-Kreis bei mir in der Klettenbergstraße, es wäre schön, wenn Sie vor diesem Kreis eine kurze Passage lesen könnten. 1 Aber Sie brauchen deswegen nicht eigens nach Frankfurt zu kommen, nur – wenn es Sie lockt, und dann sind Sie freilich sehr herzlich willkommen. Bitte schreiben Sie mir bald, ich bin sehr neugierig und gespannt, wie Ihnen das Buch gefällt.
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
Anlage: »Kalkwerk«
1 Th. B. nimmt nicht am Buchhändlerabend während der Buchmesse (24.-29. September) teil. Statt dessen liest Max Frisch aus dem Tagebuch 1966-1971 , das 1972 erscheint.
[128]
Ohlsdorf
7. 9. 70
Lieber Dr. Unseld,
ich habe grosse Freude mit dem sauber gedruckten und originell eingeschlagenen Buch und es ist klar, dass ich ihm den höchstmöglichen Erfolg wünsche, darin sind wir uns einig.
Nach Hamburg fahre ich wahrscheinlich doch erst nach Darmstadt, dann gehts in einem. 1
Dass ich jetzt noch wochenlang Zeit für mein Stück, meine Komödie, habe, macht mich froh.
Die Himmels- und Höllenkörper kreisen günstig.
Sehr, sehr herzlich Ihr
Thomas B.
P. S.: Im Herbst 71 (September) könnte in der »es« ein Band mit dem Titel »Atzbach« (Untertitel »Vorschriften«), erscheinen. Wollen Sie das notieren!?!
1 Th. B. liest eine Woche nach der Verleihung des Büchner-Preises am 24. Oktober 1970 um 23 Uhr im Deutschen Schauspielhaus Hamburg in der Reihe »Extra 6« 45 Minuten aus Kalkwerk im Anschluß an eine Vorstellung von Ein Fest für Boris . Die Hamburger Morgenpost berichtet in einem Artikel vom 26. Oktober 1970 unter der Überschrift Extra 6 für Bernhardiner : »Obschon der Österreicher kein Vortragskünstler ist (› . . . das deutsche Publikum ist so ernst, daß man ihm nichts Ernstes vorlesen darf‹), ist’s aufregend, ihm zu lauschen. Die erzählerische Tonlosigkeit seiner Sprache – hier im scheinbar kunstlosen Hörensagen-Konjunktiv – ist von ahnungsvoller und morbider Wirkung auf den Zuhörer.«
[129; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
11. September 1970
Lieber Thomas Bernhard,
ich freue mich über Ihre große Freude. Haben Sie also herzlichen Dank für Ihren Brief vom 7. September.
Ich nehme gerne zur Kenntnis, daß Sie jetzt nicht nach Hamburg fahren, sondern erst im Anschluß an die Darmstädter Verleihung. Ich habe festgehalten, daß wir uns im Anschluß an Ihre Darmstädter Termine (der letzte wird ein Mittagessen am Sonntag, dem 18., sein) zusammen nach Frankfurt begeben; Sie können dann bei uns übernachten, wenn Ihnen dies angenehm ist.
Und denken Sie bitte daran, daß Sie »Midland in Stilfs« mitbringen wollen.
Ich bin sehr glücklich über die weiteren Nachrichten, einmal daß Sie jetzt produktiv am Stück, an der Komödie arbeiten können und daß die Himmels- und Höllenkörper für Sie günstig kreisen und daß wir für den September 1971 einen e. s.-Band mit dem ungemein treffenden Bernhard-Titel »Atzbach. Vorschriften« bringen können. Wir planen das fest ein.
Soeben erhalte ich die Mitteilung, daß die 2. Auflage von »Watten« erschienen ist (10.-14. Tsd.). Ich lasse Ihnen ein Belegexemplar zugehen.
Herzliche Grüße und Wünsche
Ihr
Siegfried Unseld
[130; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
Frankfurt am Main
23. September 1970
Lieber Herr Bernhard,
aus Wien meldet sich ein Dr. Walter Brandau. Er möchte »Das Gastmahl des Boris« (so schreibt er) verfilmen. Der Mann ist noch unbekannt und hat sich bisher nur im kommerziellen Werbefilm einen Namen gemacht. Aber er ist fasziniert von dem Stück und möchte es versuchen.
Wie denken Sie prinzipiell darüber? Vielleicht überlegen Sie sich die Sache, und wir reden dann während Ihres Hierseins über den Vorgang.
Schöne
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