Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
kommen Sie auf das Klügste, im Falle einer Vorlesung im Schauspielhaus, setzen Sie sich bitte mit der Dramaturgie, Herrn Wendt, in Verbindung.
Gern wüsste ich, was mit Ihrem Filmschlösschen bei Frankfurt geworden ist. (Datum!)
Mein Stück ist bald fertig, ich habe aber jedem, der danach gefragt hat, gesagt, ich weiss nicht, wann es fertig ist.
Den »Midland«-Text bringe ich dann mit nach Deutschland.
Selbstverständlich, hoffe ich, sind Sie in Darmstadt mit mir zusammen.
Ich werde meine Tante mitnehmen, sonst niemand.
Zuerst habe ich geglaubt, es sei gut, keine Rede zu halten, jetzt aber sehe ich, dass das dumm und feige wäre. Also werde ich doch vor der Akademie sprechen. Das Einfache ist auf die Dauer das Entsetzliche.
Zum Schluss bitte ich, mein Konto aussertourlich um zweitausend Mark belasten zu dürfen, hier ist etwas Entsetzliches (nichts Umwerfendes, aber doch Unumgängliches) eingetreten und ich habe einen Wechsel unterschrieben, den ich möglichst sofort wieder einlösen möchte. Wenn Sie mir helfen, bitte ich um telegrafische Überweisung. 1
Herzlich
Thomas Bernhard
1 Am Rand dieses Briefabsatzes findet sich der handschriftliche Vermerk von Burgel Geisler »am 31. 7. telegraf[isch]. überwiesen«.
[126; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
Frankfurt am Main
31. Juli 1970
Lieber Thomas Bernhard,
besten Dank für Ihren Brief vom 28. Juli.
Ich habe mir die Hamburger Veranstaltung hin und her überlegt. Ich gebe Ihnen recht, wahrscheinlich ist es besser, Sie machen eine Lesung allein für sich und im Rahmen des Schauspielhauses. Ich habe deshalb die Suhrkamp-Veranstaltung gestrichen.
Wir versuchen, die Idee des Filmschlößchens Wilhelmsbad zu realisieren. Alles sieht so aus, als wäre dies am Freitag, dem 25. 9., möglich. Eine gewisse Unsicherheit besteht nur darin, daß niemand die Filme kennt, die wir vorführen wollen. 1
Den »Midland«-Text erwarte ich sehr gerne, und sehr neugierig bin ich natürlich auf das neue Stück.
Selbstverständlich werde ich nach Darmstadt kommen. Ich hielte es doch für richtig, daß Sie eine kurze Rede halten.
Sie werden die DM 2.000.— inzwischen erhalten haben. Gerade unter Freunden sollte man in Gelddingen präzise sein. Wir haben eine Verabredung und haben uns beiderseitig verpflichtet, sie einzuhalten. Ich würde deshalb vorschlagen, daß wir diese außertourlichen DM 2.000.— als ein Darlehen ansehen.
Sonst stehen die Dinge hier gut. Nach unserem Telefonat wird das »Kalkwerk« jetzt gedruckt. 2
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
P. S.: Wir erhalten eben eine Anfrage einer Buchhandlung aus Wiesbaden, ob Sie evtl. während der Messe, oder wenn Sie im Oktober in Darmstadt sind, lesen wollen. Bitte schreiben Sie mir darüber.
1 Bei seinem Besuch bei Th. B. am 19. Juni 1970 (siehe Anm. 1 zu Brief 117) in Begleitung von Rango Bohne und Jürgen Becker wird, wie dem Reisebericht Schweiz—Österreich, 14.-21. Juni 1970 zu entnehmen ist, über eine Veranstaltung während der Frankfurter Buchmesse diskutiert: »Ein Abend in Wilhelmsbad, in dem Theater, das der Hessische Rundfunk dort neu eingerichtet hat. Es umfaßt etwa 120 Plätze. Es wäre also ein Abend für Buchhändler. Er könnte so aussehen: Empfang für Buchhändler, laufender Empfang mit Getränken und Imbißmöglichkeiten, jeder Gast hat die Möglichkeit, entweder zu bleiben und zu trinken oder in das Theater hineinzugehen, in dem folgendes Programm laufen würde. Jürgen Becker liest aus ›Umgebungen‹, ein Film, Dauer 10 Minuten. Dann läse, sozusagen live, Ernst Augustin, danach der Film ›Vitus Bering‹, danach der Film ›Thomas Bernhard‹ [Konrad Bayers Roman Der Kopf des Vitus Bering erscheint 1970 als Band 258 der Bibliothek Suhrkamp; im selben Jahr dreht Ferry Radax einen gleichnamigen 25minütigen Film. Zu Drei Tage siehe Anm. 1 zu Brief 115], danach könnte diesmal gleich Uwe Johnson lesen.« Der Plan wird nicht realisiert.
2 Vermutlich haben S. U. und Th. B. am selben Tag oder kurz davor miteinander telefoniert, um die von Thomas Beckermann in einem Brief vom 22. Juli 1970 an Th. B. gerichteten Fragen zum Umbruch von Das Kalkwerk zu klären – auf dem Durchschlag des Briefes finden sich Anmerkungen in der Handschrift von S. U.
[127; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
3. September 1970
Lieber Herr Bernhard,
ich halte das erste Exemplar Ihres Buches »Das Kalkwerk« in Händen, ich bin ganz sicher, es ist Ihr bestes Buch, und
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