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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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regelt er, daß der Betrag auf die Konten des Verlages überwiesen werden muß.
    Unser Vertrag regelt auch exakt, wie diese Beträge mit Ihnen zu verrechnen sind. Doch mache ich Ihnen den Vorschlag, daß wir, eben weil Sie die Höhe dieser Summe vereinbart haben, Ihnen diesen Betrag abzüglich unseres Verlagsanteils sogleich nach Eingang des Geldes bei uns überweisen. Ich bin sicher, daß dies in Ihrem Sinne ist.
    Sie schreiben, daß das Darlehen in Höhe von DM 20.000.—, das wir am 1. September 1971 vereinbart haben, von dem Honorar der Fernsehaufzeichnung zu tilgen ist. In unserem Darlehensvertrag vom 1. September 1971 steht der Passus:
    Die Rückzahlung dieses Darlehens soll aus den Autorenanteilen der Theatertantiemen, Fernseh- und Rundfunkeinnahmen des Schauspiels »Der Ignorant und der Wahnsinnige« erfolgen.
    Wir haben also in diesem Vertrag die Tilgung des Darlehens eindeutig vereinbart. Ich erkläre mich jedoch bereit, wiederum angesichts der besonderen Situation und um Ihnen zu zeigen, daß ich mich nicht unvernünftig insistent verhalte, auf Ihren Vorschlag einzugehen, d. h.: wir werden die Einnahmen aus der Fernsehaufzeichnung zur Tilgung des Darlehens heranziehen und Tantiemen späterer Theateraufführungen nur dann heranziehen, wenn sich aus irgendeinem Grund die Fernsehaufzeichnung zerschlagen sollte, doch ist ja das letztere nicht anzunehmen.
    Ich würde mir sehr wünschen, daß wir darüber ein klares Einverständnis erzielen, und sehen Sie wieder meinen guten Willen, diese Angelegenheit, von der ich ja weiß, daß sie für Sie ein inneres Problem darstellt, sinnvoll und fair zu regeln.
    Ich habe sogleich mit Herrn Dr. Rach gesprochen wegen jener Äußerungen, die Sie aus Salzburg vernahmen. Wir können das nur ganz entschieden dementieren. Herr Dr. Rach hat ein kurzes Telefonat mit Herrn Professor Haeusserman geführt, und im Rahmen dieses Telefonats sind von seiten des Suhrkamp Verlages aus – ich kann Ihnen das ehrenwörtlich versichern – solche Vokabeln nicht gefallen. Sie müßten selbst Schlüsse ziehen, wer sie erfand.
    Ich habe Herrn Dr. Rach gebeten, Sie genauestens zu informieren und auch die gewünschten Durchschriften jener Briefe zu schicken, die sich mit Ihren Stücken befassen. Ich lege großen Wert darauf, daß Sie eine genaue Information erhalten.
    Ich kann auch nicht umhin, noch einmal auf Ihre Bemerkung über Frankfurt und auf die »gigantische dilettantische Geschäftigkeit, wie sie das heutige Deutschland für mich darstellt«, einzugehen. Ich respektiere Ihren Eindruck; was jedoch Ihren Hinweis auf die Verlagsarbeit betrifft, so kann ich das nur zurückweisen. Jedes Haus hat seinen eigenen Stil, und es hat sich gezeigt, daß der unsere nicht ohne Wirkung und nicht ohne Erfolg ist. Und zumindest ist es doch uns auch gelungen, Ihre Arbeiten durchzusetzen. Ich darf Sie daran erinnern, wie sehr wir uns bemüht haben, daß Sie etwa die große öffentliche Auszeichnung des Büchner-Preises bekamen. Sicherlich ist das der Bedeutung und Kraft Ihrer Arbeiten zu verdanken, aber daß wir daran mitgewirkt haben, kann von niemandem übersehen werden. Und ich darf noch einmal auf zwei Vorgänge unserer Frankfurter Besprechung aufmerksam machen: Sie hatten zwei für Sie sehr wichtige Wünsche, der eine bezog sich auf eine Ausgabe Ihres neuen Schauspiels im Rahmen der Bibliothek Suhrkamp; Sie wissen, daß es für dieses Stück im gesamten deutschsprachigen Bereich kein besseres Publikationsboot gibt als diese Bibliothek. Ich habe Ihnen Ihren Wunsch erfüllt, er entsprach ja vollkommen dem meinen. Sollten wir darüber nicht doch so etwas wie eine Genugtuung empfinden? Und das zweite: Sie baten um eine Regelung Ihrer Vertragsbeziehung für den Fall meines Ausscheidens aus der Verlagsleitung. Auch hier habe ich Ihnen Ihren Wunsch erfüllt und, wie Sie wissen, keine Gegenbedingung geknüpft. Das war wiederum ein Vertrauensakt, und, lieber Herr Bernhard, ich meine doch, wir sollten uns jetzt wieder dieser Phase der vertrauensvollen Zusammenarbeit zuwenden. Die Zukunft mag schwierig sein, so wie jede Zukunft dies ist. Aber die Zukunft unserer Beziehung hängt nicht vom numinosen Schicksal ab, sondern nur von uns beiden.
    Ich meine, wir sollten jetzt einige Zeit verstreichen lassen, bis wir beide den unangenehm notwendigen Teil der Besprechungen überwunden haben. Dann läge mir in der Tat sehr viel daran, Sie in Ohlsdorf oder sonstwo zu besuchen und mit Ihnen zu sprechen, zu gehen, zu

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