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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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[. . .]
Zugfahrt nach Salzburg [10. November] zum Gespräch mit Thomas Bernhard .
Dies war ein sehr freundschaftliches Gespräch. Er gab mir den Text seines neuen Stückes mit und legte es damit durchaus in die Hände des Verlages.
Das Datum der Premiere bei den Salzburger Festspielen für sein Stück ›Der Ignorant und der Wahnsinnige‹ steht nun fest: 29. Juli 1972. Peymann inszeniert, die Hauptrollen müssen noch besetzt werden.
Er hat ein Manuskript dieses Stückes auch an Herrn Wendt gegeben, der seinerseits mit Lietzau und mit Nagel sprechen will. Wendt wird auch im Almanach der Salzburger Festspiele über das Stück schreiben.
Das Österreichische Fernsehen möchte das Stück in der Festspiel-Inszenierung aufzeichnen. Bernhard hat aber eindeutig gesagt, daß dies mit uns abzustimmen sei. Wir müssen das sehr sorgfältig im Hinblick auf österreichische und deutsche Aufführungen überlegen. Bernhard erwartet, daß wir bei den Bedingungen sehr ›hart‹ sind.
Es wird jetzt auch ein ›Frost‹-Film kommen. Regie: Ferry Radax. In dieser Woche sollen Gespräche in Wien abgeschlossen werden, das will das österreichische Fernsehen gemeinsam mit dem WDR machen. Bernhard hat darauf hingewiesen, daß die Filmrechte bei uns liegen, seine Forderung beträgt DM 20.000.—. Den Verlagsanteil müssen wir zusätzlich vereinbaren. Ich sagte Bernhard, daß ich diese DM 20.000.— eher für zu niedrig einschätzen würde.
Er moniert nun schon zum zweiten Mal seinen biographischen Text in der edition wie im Taschenbuch: die Erwähnung des Anton Wildgans-Preises mache ihn ›irrsinnig‹. Am liebsten hätte er nur das Geburtsdatum, die Angabe in Ohlsdorf lebend und die Aufzählung der Werke.
Er ist sehr glücklich über den Umschlag von ›Gehen‹, das gefiele ihm ganz ausgezeichnet, aber es hätten sich sehr viele Druckfehler eingeschlichen. Ich bat ihn um eine Korrektur und versprach ihm, bei einer zweiten Auflage die Fehler zu bereinigen.
Er sagte mir auch, daß die Korrekturen von zwei verschiedenen Korrektoren gelesen waren, die untereinander in der Korrektur nicht einig waren.
Er legt noch einmal größten Wert darauf, daß Interpunktion und Orthographie so erfolgt, wie er dies angegeben habe.
Dann beklagt er sich auch über die ›Unordnung‹ des Verlages. Er liebt es nicht, wenn viele Abteilungen des Verlages direkt an ihn schreiben. Ich hielte es für das beste, wenn wir die Sendungen an Thomas Bernhard über Frau Zeeh laufen lassen könnten.
Aber all diese Reklamationen wurden diesmal in sehr freundlichem, ja freundschaftlichem Ton vorgetragen, wir hatten eine angenehme Unterhaltung.
Weniger angenehm war freilich die Tatsache, daß der Nebel keine Landung und keinen Start auf dem Flughafen von Salzburg zuließ. So wurden die Passagiere in einem Bus und in einer ausgesprochenen Nacht-und-Nebel-Fahrt nach München verfrachtet.«
Der im Reisebericht angesprochene Beitrag von Ernst Wendt erscheint unter dem Titel Krankheit als musikalisches Problem 1972 im Almanach der Salzburger Festspiele , S. 162-164; in diesem Almanach findet sich darüber hinaus ein Beitrag von Rudolf Rach zu Der Ignorant und der Wahnsinnige mit dem Titel Seziertes Singen , S. 157-159.

[176]
     
    Ohlsdorf
    11. 11. 71
    Lieber Doktor Unseld,
    auf ein Vorhaben, einen Vorstoss meinerseits habe ich in Salzburg zuerst absichtlich, dann unabsichtlich vergessen, will ihn aber heute sofort nachholen.
    Ich bitte den Verlag (wenn wir unser seinerzeitiges Abkommen in Betracht ziehen), mir das Salzburghonorar von 30.000.— DM vorzustrecken und mir so bald als möglich auf mein Konto 318 der Bank für Oberösterreich und Salzburg in Gmunden zu überweisen. Abzüglich des Verlagsanteils selbstverständlich. In Salzburg war mir gesagt worden, ich könne jederzeit über den Betrag »verfügen«. Ich glaube nicht, dass Sie mir den Wunsch abschlagen werden und hier wird ein Chaos verhindert.
    Das trübe Wetter, die finstere Umwelt, haben gestern nicht verhindert, dass ich während Ihres ganzen Besuchs in guter Stimmung gewesen bin.
    Und wahrscheinlich war auch nicht schlecht, dass Sie plötzlich ein paar Stunden allein gewesen sind auf dem Weg nach Frankfurt.
    Hier ist alles unheimlich, gerade recht für meine Arbeit.
    Herzlich Ihr
    Thomas Bernhard

[177; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    26. November 1971
    Lieber Herr Bernhard,
    ich war einige Tage verreist, 1 und jetzt stehen die Vertreter vor mir, die ich in mehrtägigen Besprechungen

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