Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
für das Programm 1. Halbjahr 1972 ausrüsten muß! Darunter befindet sich ja auch ein Stück namens »Der Ignorant und der Wahnsinnige«.
Schade, daß Sie damals in Salzburg diese Frage nicht erwähnt haben, aber andererseits wollten Sie ja auch die Atmosphäre schonen. Ich verstehe das gut und danke Ihnen dafür auch.
Ich kann Ihnen jetzt nur kurz schreiben, weil ich wirklich mitten in der Arbeit stehe; der Vertrag ist uns von Salzburg noch nicht zugeschickt worden. Wir mahnen dringlich, daß wir diesen Vertrag erhalten. Sie müssen verstehen, daß ich vor Erhalt dieses Vertrages keine Vorauszahlung machen kann. Und dann noch etwas anderes: der Betrag von DM 30.000.— ist sehr hoch! Ich muß diesen Betrag in die Finanzplanung des Verlages einsetzen können. Könnten wir es nicht so machen, daß ich Ihnen – immer den Eingang des Vertrages aus Salzburg vorausgesetzt – im Dezember DM 10.000.— und dann im März DM 10.000.— und die letzte Rate im Mai überweise? Sollte Salzburg den Betrag vorher uns schicken, worum wir uns selbstverständlich bemühen werden, würden Sie diesen Betrag sofort erhalten. Ich hoffe, daß Sie damit einverstanden sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Siegfried Unseld
1 S. U. hält sich am 16. November 1971 in München, am 17. November in Berlin anläßlich der Totenfeier für Peter Szondi auf.
[178]
Ohlsdorf
2. 12. 71
Lieber Doktor Unseld,
der Zürcher »Boris« ist ein überwältigender Erfolg für alle gewesen, die Agnes Fink ist eine grosse Künstlerin, die Menschen im Theater waren so, wie man sie sich nur wünschen kann und so natürlich war die ganze Schweiz für mich die drei Tage eine spannende Atmosphäre.
Das Schauspielhaus hat schon lang keinen solchen Erfolg gehabt und »Der Ignorant und der Wahnsinnige« kommt in Zürich am Beginn der nächsten Saison heraus, habe ich mit Buckwitz abgemacht, die Dramaturgie ist von dem Stück begeistert. 1
Bei meiner Rückkehr finde ich von Wendt einen Brief, in dem er schreibt, er sei von meiner neuen Arbeit »fasziniert« und das Schillertheater möchte das Stück auch am Beginn der nächsten (ersten lietzauischen) Spielzeit herausbringen, ob ich einverstanden bin. Wir werden Ja sagen, glaube ich.
Mit Ihrem Finanzvorschlag bin ich einverstanden, brauche aber dringend die ersten Zehntausend; dass Salzburg den Vertrag noch nicht unterschrieben und geschickt hat, verstehe ich nicht, oder doch bei den Wahnsinnigen, wenn das Geld aus der scheusslichen »schönen« Stadt angewiesen wird (ein Nachdruck schadet auch nicht, denke ich) bitte ich um sofortige Überweisung der ganzen mir zustehenden Summe.
Das Stück hat in Zürich ausgezeichnete Kritiken, haben Sie Lust und Zeit, gehen Sie ins Zürcher Theater.
Herzlich Ihr
Thomas Bernhard
|Grüßen Sie den Paul Nizon sehr herzlich von mir bitte!|
1 Die Schweizer Erstaufführung von Ein Fest für Boris findet am 28. November 1971 im Nachtstudio des Schauspielhauses Zürich statt. Unter der Regie von Karl Fruchtmann spielt Agnes Fink die Gute, Anneliese Betschart Johanna und Hermann Schlögl Boris. Th. B. ist bei der Aufführung zugegen. In der Sonntagsmatinee des Schauspiels liest er die zwei Erzählungen Zwei Erzieher und Attaché an der französischen Botschaft . Positive Besprechungen erscheinen u. a. in der Neuen Zürcher Zeitung (vom 1. Dezember 1971). Die Schweizer Erstaufführung von Der Ignorant und der Wahnsinnige findet am 5. November 1972 statt, ebenfalls im Schauspielhaus Zürich.
[179; Telegramm]
Ohlsdorf
7. 12. 71
erbitte dringend zehntausend 1
herzlich = bernhard
1 Burgel Zeeh-Geisler bestätigt Th. B. am 8. Dezember 1971 das Eintreffen seines Briefes und Telegramms. S. U. sei verreist, der gewünschte Betrag sei aber schon auf das Konto von Th. B. im deutschen Freilassing unterwegs. In einem Vermerk für S. U. hält sie fest, Dr. Rach habe mit Salzburg gesprochen und sich dafür »verbürgt«, daß der Vertrag in den nächsten Tagen einginge. Frau Roser habe die DM 10.000.— am 8. Dezember an Bernhard überwiesen. Handschriftlich ist auf diesem Blatt festgehalten, daß Th. B. den Betrag dort selbst abgeholt hat.
1972
[180; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
24. Januar 1972
Lieber Thomas Bernhard,
ich war bei Hohl in Genf. Er würde sich sehr freuen, wenn Sie ein Nachwort zu dem Bibliothek Suhrkamp-Band »Vom Erreichbaren und vom Unerreichbaren« schrieben. Er bittet Sie freilich um
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