Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
Vom Netzwerk:
weiss nicht, was er tut und ich kann ihm nur Klarheit, Klugheit und Vernunft wünschen.
    Im Übrigen kann uns gar nichts geschehen, auch wenn es jetzt Unannehmlichkeiten gibt. Die Sache ist eindeutig.
    Hoffen wir auf die Berliner Aufführung am 5. September, zu der ich wahrscheinlich nicht kommen werde, weil ich an der »Korrektur« arbeiten muss, die »Korrektur« korrigieren. Und andere Aufführungen!?
    Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Inszenierung nicht aufgezeichnet wird, wenn sie schon nicht mehr an einem Theater gespielt wird, was ich auch nicht glaube, zu solchem Jammer bin ich nicht bereit.
    Ich habe jetzt nocheinmal Ihren Brief an Kaut mit dem grössten Respekt, um nicht sagen zu müssen, mit Bewunderung, durchgelesen.
    Herzlich Ihr
    Thomas B.

    P. S.: Vielleicht ist ein Gespräch zwischen Rach und mir in einer Woche oder in etwa zehn Tagen hier nützlich, die nächste Zukunft des Stückes und alles was damit zusammenhängt betreffend?!!!
    P. S. 2: ich bin im Augenblick in einem Waldstück in den Bergen. 1
    1   Die Frankfurter Allgemeine Zeitung druckt am 9. August auf Seite 2 unter der Überschrift Bernhard protestiert. Vertragsbruch vorgeworfen das lange, von der Nachrichtenagentur AP verbreitete Telegramm von Th. B. an Josef Kaut: »Mit kühlem Kopf muß ich heute die von der Festspieldirektion veröffentlichte Argumentation gegen Claus Peymann und sein Ensemble als Infamie und die Tatsachen . . . umkehrend bezeichnen. Sie, die Festspieldirektion, werfen Peymann und seinem Ensemble Vertragsbruch vor und haben selbst die Verträge mit Peymann und seinem Ensemble gebrochen, indem Sie erstens die auf der Generalprobe gegebene Zusage – gleiche Realität in der Premiere wie in der Generalprobe – im letzten Augenblick und tatsächlich hinterhältig gebrochen und damit die ganze Premiere in Gefahr gebracht und den Schluß des Schauspiels durch Ihren skandalösen Eingriff verfälscht haben. Sie selbst haben nach der Premiere in einer Unterredung mit mir zugegeben, Peymann hereingelegt zu haben, um die Premiere zu sichern. Durch Ihren Eingriff aus dem Hinterhalt, einem Vertrauensbruch ohne Beispiel gegen das Ensemble, sind Sie, abgesehen auch davon, daß der Bühnenbildner Karl-Ernst Herrmann hinter der Bühne von Unbekannten zusammengeschlagen worden ist, eine kriminelle Handlung, von der Sie sich bis jetzt noch nicht distanziert haben, absolut vertrauens- und durch Ihre arrogante Absage der künftigen Vorstellungen vertragsbrüchig geworden. Der Vertragsbruch liegt voll und ganz auf Ihrer Seite und nicht auf der Seite des Ensembles, dem ich empfehle, auf den künftigen Vorstellungen im Landestheater zu bestehen, hier geht es um die Strenge und um die Unbestechlichkeit einer nervenanspannenden Kunst und um ihr Prinzip und nicht um die Gemeinheit eines unappetitlichen Tagesfeuilletonismus. Sollten Sie die Vorstellungen tatsächlich absagen, sind Sie, und das heißt die Festspieldirektion, vertragsbrüchig und für alle – auch die bereits eingetretenen – Schädigungen verantwortlich. Nicht das Ensemble, sondern Sie sind für das Narren des Publikums verantwortlich. Unter diesen befürchteten Umständen ist naturgemäß von seiten des Regisseurs und der gefoppten Darsteller Klage gegen die Festspieldirektion einzubringen, denn Peymann und seine Schauspieler, zu welchen ich hundertprozentig stehe, sind absolut im Recht, welches Sie selbst durch falsche und, ich muß noch einmal sagen, infame Angaben listig zu hintergehen trachten.«
    2   Vermutlich meint Th. B. sein Haus »Krucka« in Gmunden.

[205; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
     
    Frankfurt am Main
    17. August 1972
    Lieber Thomas Bernhard,
    über Ihren Brief vom 11. August habe ich mich sehr gefreut. Ich bin vor allem glücklich, daß wir in unserer Haltung übereinstimmen. So soll es weiterhin sein.
    Nun kommen zwei gute Nachrichten: ganz offensichtlich unter dem Eindruck des Briefes schrieb Herr Präsident Kaut am 14. August: »Ihr Schreiben vom 9. 8. haben wir erhalten und haben nach Prüfung der Rechtslage durch unseren Anwalt Auftrag gegeben, Ihrem Verlag die Restsumme des Tantiemenpauschales von DM 20.000.— zu überweisen.«
    Dieser Punkt ist erledigt.
    Er murrt noch etwas, daß »nach österreichischem Recht der Urheber eines Werkes verpflichtet ist, alle Veröffentlichungen zu unterlassen, die den Interessen des Bühnenunternehmers zuwiderlaufen«, aber auf diese Bemerkung hin kann er keinen Prozeß gegen Sie oder

Weitere Kostenlose Bücher