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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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mit welchen Methoden, d. h., wo anfangen? So lasse ich alles zufällig wirken und denke, daß es so richtig ist; was ich aufwende, ist nur leere Aufmerksamkeit, die mir mich füllen soll: mit den Wellen, z. B. Heute früh, in der Dämmerung, bin ich schon eine Stunde im Regen gegangen und mit all den nassen Kleidern immer schwerer geworden. Dann habe ich die Elemente beschimpft, habe nichts mehr sehen können, nur noch hören müssen, ein Sausen und Tosen; mit Zählen habe ich mir schließlich weiter- und zurückgeholfen. Heißes Bad, aber die Kleider hängen immer noch zum Trocknen, und alle Glieder tun weh wie vom Bergsteigen. Viele gierig aussehende junge Frauen, die geheimnisvoll durch die Bar wesen … Schauen genügt.
    Auf bald?
    Dein Peter
    330 [263; Anschrift: Clamart]
    18. November 1977
    Lieber Peter,
    hab herzlichen Dank für Deine Zeilen aus dem Grand Hotel in Cabourg. Deinen Morgenspaziergang am Meer hätte ich mitmachen mögen! Nichts kann ja so gewaltig sein wie das weiche Wasser in Bewegung.
    Wir sehen uns also am 6. Dezember. Soll ich zu Dir herauskommen, oder wollen wir uns vielleicht um 11 Uhr in meinem Hotel »Pont Royal« treffen? Ich bin schon ab Sonntag, dem 4. Dezember, in Paris. Eine Verständigung wird also möglich sein. Ich freue mich sehr, Dich zu sehen.
    Herzliche Grüße
    Dein
    [Siegfried Unseld]
     
    | In der Ausgabe vom 7. November erschien im »New Yorker« »The left-handed Woman«. Gratuliere. |
    [264; Anschrift: Clamart]
    8. Dezember 1977
    Lieber Peter,
    ich hoffe du hattest auch den Eindruck, daß wir Deinen Geburtstag gebührend gefeiert haben! So schön, unbeschwert und angenehm. Als Du mich fragtest, wann »Die Stunde der wahren Empfindung« im Taschenbuch erscheinen würde, konnte ich den Termin nicht sagen. Also, 1. Mai 1978, Band 452. 1
    Bitte richte doch Deinen Flug so ein, daß wir uns in Frank
331 furt sehen können. Ich bin vom 19. bis 25. hier. Es kann sein, daß ich am 26. und 27. 12. verreisen muß.
    Herzlich
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    1
Im Reisebericht Paris, 4.-6. Dezember 1977 , hielt S. U. über die Begegnung mit P. H. am 6. Dezember fest: »Peter Handkes Geburtstag. Er nahm mein Foie-gras-Geschenk gerne an und auch das Buch für Amina. Es hatte den ganzen Vormittag geregnet, und so saßen wir in der Bar vom Pont Royal. Er ist traurig über das sich abzeichnende Schicksal seines Films ›Die linkshändige Frau‹. Dann schwiegen wir lange auf dem Weg zum Restaurant Le Duc. Die plötzlich durchbrechende Sonne auf dem Boulevard Raspail, der regennasse Asphalt reflektiert die Sonne so stark, daß man das Gefühl hatte, die doppelte Sonne, Schein und Wiederschein, bräunten das Gesicht. Sehr angenehmes Gespräch beim Mittagessen. Handke kommt nach Zürich für Robert Walser […] Er fährt noch einmal an Weihnachten nach Alaska, um Ortsstudien für seinen Roman bzw. seine beiden Romane zu treiben. P. H. hielt sich zwischen dem 23. Dezember 1977 und dem 8. Januar 1978 in Alaska auf. Im März/April will er dann mit der Niederschrift beginnen. Vor der Alaskafahrt will er in Frankfurt Zwischenstation machen. Handke möchte, daß sein Buch ›Das Gewicht der Welt‹ bei Suhrkamp als Taschenbuch erscheint.«
    [265; handschriftlich]
    [Clamart]
    12. Dezember 1977
    Lieber Siegfried,
    das war mehr als ein unbeschwerter Tag in Paris, es war schön. Und Du hast mir vieles gesagt, wobei eine Beteiligung an dem, was ich mache, zu spüren war, wie ich sie selten erfahren habe. Das hilft mir natürlich. Deine Worte
332 waren auch gar nicht gesetzt, nur tief, natürlich, spontan. Ich kriegte auch zum ersten Mal ein richtiges Erlebnis Deiner Beziehung zu Deinem Sohn und damit freilich auch ein Erlebnis des Sohnes. Diese alten, ewigen Beziehungen erschienen auf einmal ganz lebendig. Es gibt den Mythos. Und es hat mich gefreut, daß es Dir so gut ging: Du bist viel nachsichtiger, großzügiger, – poetischer geworden. Und bist doch tüchtig (und sportlich!) geblieben. Und Deine Vervollkommnung ist doch keine beängstigende tyrannische Vollkommenheit. – Eigentlich wollte ich Dir nur für den Tag danken. Wahrscheinlich bräunst Du Dich gerade, statt auf dem blendenden B d Raspail, im echteren Israel … 1 Ich gehe am 21. nach Berlin und werde wohl am 23. über Frankfurt kommen. Aber ich rufe noch am Ende dieser Woche (16.) an.
    Herzlich –
    Dein P.
    1
S. U. hielt sich zwischen dem 10. und 14. Dezember 1977 in Israel auf.

333 1978
    [266; Anschrift:

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