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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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deutschen Text sowie englischsprachige Anmerkungen und Worterklärungen.
    [385; handschriftlich]
    [Salzburg]
    13. Mai 1985
    Lieber Siegfried,
    ich möchte mich bedanken für die zwei Tage in Frankfurt und im Taunus, die Du mir geschenkt hast. Es war auch eine Freude, Dich so geistesgegenwärtig, freudig und kindlich zu sehen. In all dem bist Du im Lauf der Jahre immer stärker geworden, ein Beispiel. Hast Du in Scheveningen gebadet? Oder hast Du die Augen wenigstens am Meer und an den Dünen geweidet? 1  – Was die Frau betrifft, die Du für den Platz neben Dir vorgesehen hattest, so hat sie es vielleicht noch mehr bedauert als Du, daß sie nicht gekommen ist. Sie will Dir schreiben. Es tut mir auch leid, daß die Stunden mit Dir ein wenig durchkreuzt wurden von dem Herrn Ober aus Königstein. Ich bin manchmal gar zu willenlos vor einer Begeisterung, die eher etwas finster-Einsames ist (wie bei dem Haas). 2
    Hab es gut und grüß Deine Frau und Deinen Sohn. Meinen Dank auch besonders an Frau Zeeh –
    Dein Peter
    1
S. U. hielt sich vom 2.-5. Mai 1985 zu einer Tagung des Niederländischen Verlegerverbands (»Verlegen in einem veränderten Markt«) in Noordwijk aan Zee auf.
2
P. H. hielt sich zwischen dem 28. und 30. April 1985 aus Anlaß der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Johann Wolfgang Goethe-Universität an S. U. (am 29. April) in Frankfurt am Main auf; er
489 wohnte im Hotel Sonnenhof in Königstein/Taunus. P. H. und S. U. trafen sich am 30. April im Kronberger Schloßhotel zu einem Mittagessen. Marie Colbin hatte die Einladung zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an S. U. angenommen, war allerdings nicht nach Frankfurt gekommen.
    [386; Anschrift: Salzburg]
    Frankfurt am Main
    17. Mai 1985
    Lieber Peter,
    laß Dir die Meinung von Angela Praesent über Deine Übertragung nicht zu nahe gehen. Sie sieht in Dir einen Konkurrenten in ihrer Domäne, und da kennt ihr Neid keine Grenzen. 1 Ich lese jetzt gerade in einer ganz einfachen Zeitung, im »Illustrierten Stadtmagazin Tip von Ost-Westfalen«, »Peter Handke hat, wie auch im ›Kinogänger‹, eine brillante, seismographisch genaue Übertragung geliefert, die schon fast einen eigenen Roman abgibt.«
    In diesem Sinne
    herzliche Grüße
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    1
Angela Praesent, Südstaatenprinz im Exil , in: Der Spiegel , 6. Mai 1985. Dort heißt es: »Als Übersetzer aus dem Amerikanischen macht Handke die meisten Fehler des Anfängers – um Wörtlichkeit bemüht, vergißt oder verkennt er das wichtigere: den Grad der Geläufigkeit eines idiomatischen Ausdrucks, eines Wortes zu übertragen.«
    490 [387; handschriftlich auf Privatpapier von S. U.; Adresse: ]
    Frankfurt am Main
    19. Mai 1985
    Lieber Peter,
    Dein Brief vom 13. Mai hat mich sehr glücklich gemacht. Deine Freude über die beiden Tage ist ganz die meine. Grüße Marie von mir, irgendwann, irgendwo werden wir uns nochmals sehen.
    Die Nordsee in Scheveningen war doch noch zu kalt, aber Augen und Herz haben gebadet!
    Den »Idiot des Südens« schätze ich immer mehr, wir drucken jetzt die zweite Auflage, es wird nicht die letzte sein …
    Nächste Woche bin ich in Rom (Vortrag über Robert Walser), dann Badetage in Taormina, Anfang Juni deutsche Buchwoche in Madrid (ein Almanach folgt) 1 und dann drei Wochen Fasten in Überlingen, darauf freue ich mich, Zeit zur Meditation und zur Beschäftigung mit meinem Thema »Goethe und seine Verleger«.
    Ab 2. Juli bin ich wieder in Frankfurt, dann sollten wir uns sehen: z. B. am 6. auf 7. in einem schönen Hotel in Vitznau am Vierwaldstättersee?
    Frau + Sohn + Frau Zeeh danken für die Grüße und erwidern sie
    Herzlich Dein
    Siegfried
    1
Siehe Brief 369, Anm. 1.
    491 [388; handschriftlich]
    [Salzburg]
    20. Juni 1985
    Lieber Siegfried,
    vor ein paar Tagen habe ich einen seltsamen Traum erlebt. Ich stand irgendwo auf einem fremden Marktplatz, als knapp vor mir ein Lieferwagen hielt, mit einem Mann am Steuer, dick und bubenhaft, in dem ich Uwe Johnson erkannte. Ich trat auf ihn zu, und auf meine Frage, ob er's denn wirklich sei, lächelte er sehr vergnügt, daß es ihm so gut gelungen war, seinen Tod vorzutäuschen und nun im verborgenen ein Leben als Gemüsefahrer auf diesem fremden Markt zu verbringen. Das war wie eine Tatsache.
    Ich hoffe, es geht Dir gut mit Deiner Kur am See. Um den 10. herum soll ich wieder nach Frankfurt (Haus in K.) Ob wir uns für eine ruhige Stunde treffen können (ohne betrunkenen

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