Der Briefwechsel
Abdruckrechte einlassen, was ich als Ihr Einverständnis für Abdruckrechte auffaßte. Oder hatten Sie mit Abdruckrechten eben nur das Erscheinen in einem Sammelband gemeint? Mir fällt das jetzt, während ich den Brief schreibe, ein. Das wäre schlimm. Ich glaubte die Sache von Ihrer Seite erledigt und habe, ungern, auch einen Vertrag über die Abdruckrechte unterschrieben. Das Copyright ist aber noch bei mir. Ich drücke mich hoffentlich nicht umständlich aus: ich wollte Sie nicht schon wieder mit einem Manuskript überfallen, ich hatte mir die Prosa für später aufgehoben: und da fragte der Residenzverlag, der eine Reihe österreichischer Prosa bringen will. 1 Nach Ihrer Antwort gab ich ihm die Sachen, und so ist es zu dem Schlamassel gekommen, das ich freilich nicht ganz begreife, weil der Band ohnedies nur in Österreich verbreitet werden dürfte. Jetzt bin freilich ich beunruhigt, weil Sie beunruhigt sind und weil ich nicht weiß, warum der Fall so schlimm ist. Es tut mir scheußlich leid, daß ich schon wieder etwas falsch gemacht haben soll.
Vielen Dank übrigens für die Bücher, die Sie mir schicken lassen. Großartig, daß Sie sich an Sender wagen. 2
Für heute
Ihr
Peter Handke
1
P. H., Begrüßung des Aufsichtsrats , erschien 1967 im Residenz Verlag in der Reihe Österreichische Bibliothek .
2
Ramón José Sender, Die fünf Bücher der Ariadne . Roman. Aus dem Spanischen von Wilhelm Meister, erschien 1966 im Hauptprogramm des Suhrkamp Verlags.
55 [37; Anschrift: ]
Frankfurt am Main
21. Dezember 1966
Lieber Herr Handke,
ich bin doch sehr betrübt über diese Sache. Könnten Sie mir jenen Vertrag einmal zuschicken, den Sie unterschrieben haben, damit ich klar sehe, wie es mit der Verbreitung des Bandes ist? Wir wollen die Geschichte nicht dramatisieren, aber sie ist höchst unangenehm, und in jedem Fall tangiert ein solcher Band auch die Wirkung des neuen Buches. Auch können sich die Leute ja wenig Reim auf den Vorgang machen, daß dieses Buch nun bei einem anderen Verlag als Suhrkamp erscheint; das wird zu Bemerkungen Anlaß geben. Aber das müssen wir nun einfach durchstehen. Ich wäre Ihnen nur für die Zukunft dankbar, wenn Sie diese Dinge genauer nähmen.
Im übrigen sind Sie ja wirklich zu beglückwünschen für all die schönen Erfolge, die Sie haben. Ich bin überzeugt, sie werden sich auch weiterhin halten. Ich wünsche Ihnen vor allem einen guten Fortgang der Arbeiten.
Ihnen ein schönes Fest und für Sie und Ihre Freundin beste Wünsche zum neuen Jahr
Ihr
[Siegfried Unseld]
56 [38; handschriftlich]
[Düsseldorf-Unterrath]
21. Dezember 1966
Lieber Herr Dr. Unseld,
das Bündel ist das Romanmanuskript. Ich hoffe, es gefällt Ihnen. 1
Herzlich
Ihr
Peter Handke
1
Am 2. Januar 1967 schrieb P. H. an Chris Bezzel: »Der Roman [ Der Hausierer ] ist jedenfalls keine Parodie des Kriminalromans, auch keine Montage. Ich habe die Vorgänge im Kriminalroman abstrahiert und diese Abstraktionen jeweils einem Kapitel vorangestellt. Vor jedem Kapitel steht also, was üblicherweise an dieser Stelle des Kriminalromans geschieht. Dazu kommt dann der konkrete Text, der in den Sätzen und Absätzen (vor allem in den Absätzen) der Struktur des typisierten Krimis folgt, aber nicht die Geschichte erzählt. Es gibt keine Geschichte, oder jeder Satz ist die Geschichte. Jeder Satz ist ein Beispiel. Was an äußerer ›Handlung‹ vor sich geht, ist nicht erfunden, sondern dem Kriminalromanschema entnommen. Alles an Handlung gehört zum Schema, ist nicht von mir, sondern von Ian Fleming, Raymond Chandler, Dashiell Hammett etc. Hier kann man zu geringen Teilen auch von Montage sprechen, und zwar ist das eine Montage aus Kriminologielehrbüchern (Ernst Seelig [ Lehrbuch der Kriminologie , Graz, 1. Auflage 1951], Mezger [Edmund Mezger, Strafrecht. Ein Studienbuch , München, 1. Auflage 1949] populärwissenschaftlichen Büchern, auch theoretischen Abhandlungen über Krimis, dazu ist dann ein Buch, medizinisch, über ›Das Schreckverhalten der Menschen‹ [von Stefan Wieser, Bern, 1. Auflage 1961] gekommen, aus dem vielleicht 20 Sätze stammen, aber nicht zitiert, sondern von mir abgewandelt, direkt zitiert sind auch einige Sätze, und zwar die Klischeesätze der Krimis, aber die machen nur einen Bruchteil aus. Zu diesem Handlungsschema kommen nun meine Sätze dazu, die formulierte Reflexe und Reflexionen
57 zu diesem Schema sind. Ich habe ein produziertes Schema des
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