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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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uns beiden im Laufe der Zeit ergeben hat. Das zu sagen, war mir notwendig – damit die Lebensart bestärkt wird.
    Ich wünschte mir auch, dass Du am Telefon, wenn Du Dich danach erkundigst, was ich »so täte«, dies nicht in einer Haltung unternähmest, als lebte ich in den Tag hinein (was ich natürlich manchmal tue, weil es wichtig für die Arbeit und ausserdem etwas Menschenwürdiges ist) und Du müsstest mich zu etwas anspornen. Dem ist nicht so, und sollte nie so sein. Ich habe für mein Leben was vor, das ich mir selber vorgenommen habe, und das macht mich stark. Aber vielleicht sind all Deine mahnungsähnlichen Fragen nur »Telefongesprächsanfangsverlegenheiten« … (oder es ist die Rolle des sorgenden Verlegers?)
    276 Ein langer Brief, an dem mir lag. Es ist schön in Paris, die Sonne scheint in meinen Garten (»meinen«), der Wind ist stark und macht einen unternehmungslustig. Morgen früh werde ich nach Rotterdam fahren, um Wim Wenders' Film nach »Falsche Bewegung« anzuschauen. Mir scheint, es ist ein guter Film geworden, für das Kino. 1
    Unterrichte mich bitte über das Werbekonzept für mein Buch. Ich möchte nicht gar gern, dass es solche Briefe gäbe wie für das Buch von Achternbusch. »Die Stunde des Todes« würde ich übrigens gern möglichst bald lesen, auch das Buch von Koeppen. Lässt Du mir ein Exemplar bitte schicken? »Die Mutter« hat mich, vor allem beim zweiten Lesen, abgestossen, und so habe ich es auch geschrieben. Nun ist Karin Struck aber wesentlich offener dafür, eine Schriftstellerin zu sein, als die meisten, die sich so bezeichnen. So wollte ich es auch herauskommen lassen, aber das erschien mir dann als eine Herablassung ihr gegenüber, die sie nicht benötigt. So habe ich versucht, eine bloße Analyse zu betreiben, eine Demystifikation. Den »Spiegel« ersuchte ich, mit der Veröffentlichung möglichst lang zu warten – sollte es vorher ähnliche Meinungen schon geben, brauchte man mein Manuskript nicht zu drucken. 2
    Ich wünsche Dir alles Gute für die Schweiz, und etwas Neues dazu.
    Herzliche Grüße,
    Dein Peter
    1
Der Film Falsche Bewegung hatte beim Internationalen Filmfestival Rotterdam Vorpremiere. Regie: Wim Wenders. Eine Gemeinschaftsproduktion von Wim Wenders Production, Solaris und des WDR . Robby Müller (Kamera), Jürgen Knieper (Musik) und Peter Przygodda (Schnitt). Die Darsteller: Hanna Schygulla (Therese Farner), Ivan Desny (Industrieller), Peter Kern (Bernhard Landau), Hans Christian Blech (Laertes), Rüdiger Vogler (Wilhelm Meister), Nastassja Kinski (Mignon), Marianne Hoppe (Mutter)
277 und Lisa Kreuzer (Janine). Der Film wurde sowohl im Fernsehen als auch im Kino gezeigt. Ursendung war am 14. März 1975.
2
Karin Struck, Die Mutter , erschien am 12. März 1975 im Suhrkamp Verlag. P. H., Karin Struck: »Die Mutter« . Erstdruck in: Der Spiegel , 17. März 1975, unter dem Titel Denunziation ohne Wahrnehmung ; wiederabgedruckt in: P. H., Das Ende des Flanierens , S. 49-55.
    [223; Anschrift: Paris]
    Frankfurt am Main
    3. März 1975
    Lieber Peter,
    Deinen Brief vom 21. Februar habe ich mehrmals gelesen. In meiner, von Dir so gesehenen Beziehung zu Deinem neuen Buch »Die Stunde der wahren Empfindung« tust Du mir schmerzhaft unrecht. Als ich das Manuskript erhielt, habe ich es sofort gelesen, und ich habe gleich zum Telefon gegriffen, um Dir meine echte und ehrliche Begeisterung auszudrücken. Ich kann in diesem Ausdruck weder etwas Pflichtbewußtes noch etwas Unpersönliches sehen, ich habe ja leider bei meinen Lektüren wenig Gelegenheit, Begeisterung auszudrücken. Und wenn ich Dir als Freund und Verleger den Satz sagte »Das Buch wird seine Leser finden«, so heißt das unter uns Leuten vom Fach ja wohl nicht, daß es neue Leser suchen müßte, sondern daß ich überzeugt bin, daß wir mit diesem Buch einen riesigen Leserkreis erreichen werden. Du wirst Dich dann erinnern, daß wir in einem französischen Restaurant auch noch kleine Korrekturen besprochen haben. Dein Manuskript war ja von der Art, daß von einem Lektor in diesem Fall wirklich nichts mehr hinzuzufügen und auch nichts mehr zu ändern und vorzuschlagen war. Ich weiß deshalb wirklich nicht, warum Du zu der Ansicht kommst, das Buch würde
278 mich nicht interessieren. Ich habe es bewußt bei allen internen Überlegungen an die Spitze unseres Programmes im 1. Halbjahr gestellt, absolut an die Spitze des Jubiläums-Programmes des Verlages. Das wirkt sich zunächst intern aus, weil

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