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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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ja nach wie vor eine zukünftige gemeinsame Perspektive, und es ist nur gut, wenn diese sich organisch entwickelt. Natürlich haben wir Deiner gedacht und immer wieder Postkarten-Texte ausgedacht. Aber schließlich schickten wir dann doch keine, weil es uns unziemlich schien, Dich an der Arbeit und uns bei der puren Freude zu wissen. Im übrigen boten diese Tage eine merkwürdige Mischung aus Erholung und Gefahr. Schafflers und ich fuhren fleißig Ski, er in seinem Waldschrat-Stil, besonders bewährt bei engen Waldabfahrten, Gudrun ihm sklavisch folgend und mein St.-Christoph-Fahrstil – das alles ging gut zusammen. Dann schneite es einen Tag und eine Nacht und abends löschten
284 die Lichter. Am nächsten Tag wieder herrlicher Sonnenschein. Man atmete befreit auf und stürzte sich ins tief schneebedeckte Gelände. Und dann rauschte an unerwarteter Stelle, von Gemsen getreten (!), eine Lawine herunter, begrub zwölf Skiläufer. Zehn konnten befreit werden, teilweise Verletzte, zwei Tote. Also wie in mittelalterlichen Zeiten, mitten beim Skifahren vom Tode umfangen. 1
    Herzlich Dein
    [Siegfried Unseld]
     
    P. S.: Hermann Lenz schreibt mir eben, daß er Dir ein korrigiertes Umbruchexemplar seines Buches zugehen läßt.
    1
Zwischen dem 6. und 14. März hielten sich Wolfgang Schaffler und seine Frau Gudrun sowie S. U. in Zermatt auf; siehe Brief 200, Anm. 2.
    [227; Anschrift: Paris]
    Frankfurt am Main
    24. März 1975
    Lieber Peter,
    Dein Brief aus Cabourg hat mich sehr gefreut, habe herzlichen Dank. Auch ich wandelte einmal auf den nachgefühlten Spuren von Proust am Strand und auf der Promenade, und ich glaube, es war auch das Restaurant Balbek, in dem Hilde und ich gegessen haben. Wie schön, Deine Beschreibung des Meeres. Ich bekomme Sehnsucht …
    Ich bin Ende April in jedem Fall in Frankfurt. Wir können uns dann sehen. Ich freue mich darauf.
    Herzliche Grüße und noch einmal vielen Dank
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    285 [228; handschriftlich]
    [Frankfurt am Main]
    [Klettenbergstraße 35]
    [20. April 1975]
    Lieber Siegfried!
    Ich bin doch schon früher weg – zumal Amina heute Geburtstag hat; und der frühe Morgen ist auch schön zum Wegfahren. Ich hoffe, Dich bald wieder zu sehen. Danke, auch an Deine Frau, 1
    Dein Peter
    1
S. U. hielt unter dem Datum des 19. April 1975 fest: »Besuch von Peter Handke . Er kam aus Paris, um am Abend in Wilhelmsbad einer Diskussion beizuwohnen: ›Gibt es Wunder?‹ Er war sich am Nachmittag nicht klar darüber, was er am Abend sagen würde, ich sagte ihm, Wunder sei das Normale, das Wunder des Lebens. Er war sehr angenehm, lieb und berichtete mir von seinem großen, dicken Buch, das er schreiben möchte. Er bringt noch ein Jahr in Paris zu, und dann will er nach Österreich oder vielleicht doch nach Frankfurt/Königstein; zu letzterem ermunterte ich ihn. Am 20. morgendliche Fahrt zum Flughafen.«
    [229; handschriftlich]
    [Paris]
    25. April 1975
    Lieber Siegfried,
    danke für den traulichen Samstagabend und den in die Landschaft erstreckten Morgen in Frankfurt. Es ist sehr schön in Paris heute, und alles müßte eigentlich gut sein: und trotzdem gibt's halt immer noch zwischendurch die altbekannte Katastrophenstimmung, auch wenn man, wie jetzt ich, im sonnigen Garten sitzt und ein Vogel schallt.
286 Als ich vorhin nach Hause kam, standen auch wirklich Feuerwehrwagen vor dem Gebäude, und im Hof lag ein verbrannter Fernseher. Heute früh las ich, daß Rolf Dieter Brinkmann tot sei, und das hat mich sehr betroffen. 1
    Ich schreibe auch, weil ich bei einer Neuauflage von »Die Stunde der wahren Empfindung« eine kleine Änderung möchte: auf S. 147, 8. Zeile von unten, statt : » Auf einmal fühlte Keusching mit denen, die ihm begegneten« – »Im Bewußtsein des Todes fühlte Keusching … etc.« Kannst Du das bitte den zuständigen Leuten vermitteln lassen?
    Hoffentlich hast Du bei der »Aspekte«-Sendung sagen können, was Du wolltest.
    Für heute herzlich,
    Dein Peter
    1
Rolf Dieter Brinkmann wurde am 23. April 1975 in London von einem Auto überfahren. Posthum erhielt er den im selben Jahr zum ersten Mal vergebenen, von Hubert Burda gestifteten Petrarca-Preis (Jury: Nicolas Born, Bazon Brock, P. H., Michael Krüger und Urs Widmer), P. H. hielt die Laudatio: P. H., Notizfragmente zur Laudatio , in: Petrarca-Preis 1975-1979 , S. 123f.
    [230; Anschrift: Paris]
    Frankfurt am Main
    28. April 1975
    Lieber Peter,
    es war schön, daß wir uns neulich kurz sahen.

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