Der Briefwechsel
Hilde hat einige Fotos gemacht, und wir beide sehen doch ganz fröhlich aus.
Und bitte, belege in Deinem Kalender die Tage vom 18. bis 27. September. Von der Kölner Buchhandelsdame, die Dich herbeisehnt, sagte ich Dir ja schon in Frankfurt. Jetzt wollen sich die Stuttgarter Buchhändler zusammentun und eine
287 gemeinsame Veranstaltung mit Dir planen; man würde eine einseitige Anzeige in der »Stuttgarter Zeitung« aufgeben. Du siehst, wie man sich nach Dir sehnt. Also bitte: halte Dich zur Verfügung. Wir brauchen Dich auch für das Unternehmen der Suhrkamp-Buchwoche. 1
Herzlich
Dein
[Siegfried Unseld]
P. S.: Hast Du die »New York Times Book Review« am 27. April gelesen? »Handkes brief new book is non fiction at all, but a major memorial to a host of burried German and Austrian lives, the best piece of new writing I have seen in several years.« 2 D . O .
1
Anläßlich des 25jährigen Bestehens des am 1. Juli 1950 gegründeten Suhrkamp Verlags fanden zwischen dem 18. September und 28. September 1975 an mehreren Orten in Deutschland Autorenlesungen statt. In Österreich dauerte die Buchwoche vom 29. September bis 3. Oktober 1975 mit Lesungen in Wien, Graz und Innsbruck.
2
Michael Wood, A Sorrow Beyond Dreams . (Zu: Wunschloses Unglück )
[231; Anschrift: Paris]
Frankfurt am Main
30. April 1975
Lieber Peter,
meinem gestrigen Brieflein schicke ich nun heute den Dank für Deinen Brief vom 25. April nach. Deinen Änderungswunsch erhielten wir zur rechten Zeit, wir sind eben dabei, die 2. Auflage zu drucken, und zwar das 26.-40. Tausend. Die Verkaufszahlen liegen jetzt etwa bei 23.000 Exempla
288 ren, die Nachfrage ist lebendig, ich nehme an, daß wir mit dieser neuen Auflage nun bis zum Herbst kommen und dann wieder neu drucken werden. 1
Dank auch für Deine Nachfrage im Hinblick auf die »Aspekte«-Sendung; in der Tat habe ich, obschon mehrfach von Hoffmeister unterbrochen und »hinter«fragt, das gesagt, was ich sagen wollte. Meinen Adorno-Satz (»Hier paart sich die Irrelevanz des Objekts mit der Ignoranz des Researchtechnikers«) hat er während der Sendung nicht verstanden, er fragte mich hinterher, und dann fand er, daß ich da doch zuviel an Kritik gesagt habe. Meine Hauptthese war, daß das Kulturmagazin eben nicht Kultur bringt, sondern Ephemeres, Bizarres, Unwesentliches. Aber im Ganzen war es doch ein lebendiges Gespräch, das keiner der Teilnehmer bereute. Ich habe viel Post darauf bekommen. 2
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
1
P. H., Die Stunde der wahren Empfindung , belegte im April und Mai 1975 vier Wochen lang Platz 7 der Spiegel -Bestseller-Liste.
2
Am 23. April 1975, 21.15 Uhr, sendete das (1965 begründete) ZDF -Kulturmagazin Aspekte ein Interview, in dem dessen Leiter Reinhart Hoffmeister S. U. nach den Gründen für den im April 1975 vom Suhrkamp Verlag angekündigten Totalausverkauf von 150 Bänden der edition suhrkamp fragte. S. U. zitierte sinngemäß Theodor W. Adornos Ausführungen auf dem Deutschen Soziologentag 1961 (Th. W. Adorno, Zur Logik der Sozialwissenschaften , in: Adorno, Gesammelte Schriften , Band 8, S. 553).
289 [232; Anschrift: Paris]
Frankfurt am Main
12. Mai 1975
Lieber Peter,
die Buchhandlung Elwert und Meurer gibt jetzt schon in der 11. Jahresfolge einen Buchhandels-Almanach mit dem Thema »Begegnung« heraus. Hier schildern Autoren ihre erste Begegnung mit dem Verleger und der Verleger jene Begegnung aus seiner Sicht. Herr Meurer hätte »gerade mit Rücksicht auf Ihr Verlagsjubiläum« gerne, daß wir unsere Begegnung miteinander schrieben. Hättest Du dazu Lust? Wenn Du eine oder zwei Seiten über unsere erste persönliche Begegnung schreiben möchtest, die ja noch im Verlagshaus Grüneburgweg stattfand, will ich dann auch von meiner Seite aus versuchen, die ersten Begegnungen, die mit dem Manuskript, die mit Dir persönlich und dann die zweite Begegnung in Wien, wo Du mir das Manuskript der »Publikumsbeschimpfung« gabst, aufzuschreiben. Aber wie gesagt, das geht nur dann, wenn Du Lust hast, Deinerseits den Text aufzuschreiben. Wenn Du nicht willst, so stört es mich natürlich auch nicht, denn ich leide nicht unter Arbeitsmangel.
Andererseits würde es mich locken, diese drei Begegnungen aufzuschreiben. Ich kenne noch meinen Eindruck aus der Lektüre des Manuskripts »Hausierer«, ich weiß noch unsere Begegnung im Hause Grüneburgweg; ich war von Dir ja so entzückt, daß ich Martin Walser, den ich
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