Der Bronzehändler
Eine ungewöhnlich große Rinderherde bewegte sich nach Westen, gefolgt von Greisen, deren Habseligkeiten von Kindern und einigen Schwangeren getragen wurden. Zwischen Steinhaufen hackten Geier in den Kadavern von Hirtenhunden. Soldaten, Sklaven und Handwerker aus Ta-Seti und Gefangene, die Spuren von Peitschenhieben und Stockschlägen trugen, besserten den Rand der Straße aus und trieben einen trockenen Kanal nach Südwesten, setzten Palmschößlinge und hüfthohe Akazien und schleppten Schlamm und Wasser. Das Lager aus ordentlichen Gruppen von je acht Unterständen um eine Feuerstelle zog sich jenseits des Kanals bis zum Ufer, durch einen Dornenwall geschützt. Der Steuermann saß am Eingang und zählte die letzten Gefangenen eines Zuges; junge, kräftige Männer mit kahlgeschorenen Köpfen.
»... hundertneunundneunzig, zweihundert. Der Letzte.« Er klang zufrieden und strich eine Zahlenreihe durch, ließ dann das Schreibzeug fallen und sprang auf. »Ihr beiden! Wollt ihr mir helfen?«
Er zog sie an den Handgelenken in den Schatten, pfiff auf drei Fingern und winkte. Ein Soldat hob die Hand und rannte auf die halb mannshohen Bierkrüge zu.
»Nicht, wenn es nicht sein muss«, sagte Karidon. »Wir versuchen, das vielbeschäftigte Dutzend zusammenzuholen. Aber wenn ich sehe, wie jedermann für Chakauras Feldzug schuftet, bin ich sicher: das dauert noch eine Weile.«
Die Gefangenen wurden zu einem Schiff gebracht, das augenblicklich abstieß und mit heftig klappernden Riemen in die Strömung ging. Holx grinste und stemmte die Fäuste in die Hüften; sein schwarzes Haar war fast weiß von Staub.
»Dein göttlicher Freund, Kari, ist recht einfallsreich. Die Festungsruinen jenseits der zweiten Stromschnelle werden zu großen Städten ausgebaut. Und zwar von den Nehesi, wegen denen sie gebaut werden.«
»Und zum Schutz der Goldbergwerke.« Jehoumilq blinzelte, als er nach dem Sonnenstand sah. »Also. Was jetzt? Wo ist der Goldhorus? Wenn er nicht bald kommt und die üblichen Lobhudeleien über uns ausschüttet, bin ich bei Herenptah und den Friedhofsschwestern besser aufgehoben. Und viel kühler. Und« – er blickte sich um und verzog das Gesicht – »das alles in weitaus gemütlicherer Umgebung.«
Karidon und Holx lachten; Holx packte Jehoumilq an den Schultern und drehte ihn sanft herum. »Kapitän. Mein Vater. Herrscher verzweifelter Kurse – geh zurück in den kühlen Palast. Ruh dich aus. Erfreu dich unzähliger Zähne und besonders Tanas, die nur lächelt, wenn du dich lustvoll an ihr vergreifst. Eile, Jossel Ju.«
»Das nächstemal lach ich wieder auf eure Kosten!« Jehoumilqs Pranken klatschten auf Karidons und Holx-Amrs Schultern. »Undankbare, schiefmäulige Jugend! In einer Stunde hab ich's besser als ihr.«
Er rempelte einen Bogenschützen an, warf Holx den Becher zu und ging mit langen Schritten zur Straße zurück.
Karidon sagte leise: »Ich hab's nie glauben können. Auch unser Kapitän wird alt. Beim Aufstieg hat er gekeucht wie ein Blasebalg und ist achtmal stehengeblieben. Auf der Fahrt, Holx, werden wir ihn schonen müssen.«
»Ja. Wenn er es uns erlaubt.« Holx deutete auf das Lager. »Es ist genug Platz, Kari. Alles Notwendige ist da. Willst du hier schlafen?«
»Warum nicht? Die letzte Gelegenheit für lange Monde, mit Sokar-Nachtmin und Userhet zu reden. Sorgst du dafür, dass wir in spätestens drei Tagen mit vollem Schiff ablegen können?«
»Wir reden nachher mit Nachtmin darüber.«
Holx-Amr berichtete, was er aus der Vielfalt unvollständiger, durcheinanderschwirrender Botschaften, Nachrichten und Gerüchte herausgehört hatte und für sicher hielt: Chakaura war an der Spitze des zweigeteilten Heeres über die Stromschnellen vorgestoßen, hatte alle Brunnen, Trockentäler und Savannenweiden nach den Beschreibungen gefunden und war in schwere Kämpfe verwickelt worden. Sokar-Nachtmins Truppen, die er jahrelang auf diese Art Kampf vorbereitet hatte, folgten den Spähern, die wiederum aus Karidons Aufzeichnungen aus dem Jahr Eins ihre Pfade und Landmarken herauslasen. Ein großer Teil aller Gefangenen und alle Handwerker und Soldaten, die zu entbehren waren, öffneten die Kupferminen bei Iken und die Goldbergwerke im östlichen Trockental bei den Ruinen, mischten unübersehbare Mengen Lehmziegel für die Festungen, die den Strom und die Straße schützen und ein Einsickern der Nehesi nach Norden verhindern sollten. Die Anzahl Sklaven zu ermitteln und deren Versorgung zu sichern,
Weitere Kostenlose Bücher