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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Horn und solche Dinge – wir geben ihnen unsere Waren dafür.« Der Verwalter nickte und klatschte in die Hände. »Es war ein großer Sieg, Kapitän.«
    Karidon antwortete nicht und ging weiter; er war wie ein Rôme gekleidet. Ein Teil der Gefangenen warf ihm hasserfüllte Blicke zu. Er forschte in den dunklen Gesichtern, ob er den einen oder anderen Wüstenbewohner wiedererkannte, und schüttelte schweigend den Kopf.
    »Die Frauen und Mädchen?«
    »Junge Frauen: Sklavinnen für die Fürsten aller Gaue hapiab. Diejenigen, die noch arbeiten können: man sammelt sie für die Bergwerke.«
    Ein wenig abseits meißelten drei Handwerker die letzten Bildschriftzeichen einer Säule. Karidon ging in den Schatten und las leise:
    »Südgrenze, errichtet im Jahr Acht unter dem Mächtigen von Deshret und Kêmet, Chakaura, mit Leben ewiglich beschenkt, um zu verhindern, dass irgendein Nehesi sie zu Land oder auf dem Jotru überschreitet, mit einem Schiff oder einer Herde der Nehesi. Ausgenommen, wenn ein Nehesi kommt, um in Iken Handel zu treiben oder mit Botschaften oder irgendetwas anderem, womit man sonst im Guten mit ihnen zu tun hat. Ohne jedoch zuzulassen, dass in Ewigkeit ein Nehesi-Schiff beim Nordwärtsfahren an der Festung ›Chakaura ist mächtig‹ vorbeikommt.«
    »Wo soll die Säule aufgestellt werden?« Jehoumilq schien sich nach einem passenden Platz umzusehen. »Etwa hier? Seit wann können die Nehesi eure Schrift lesen?«
    »Einige können es«, brummte ein Handwerker. Der Verwalter hob die Schultern. »Vielleicht in Iken?«
    »Es ist nicht entschieden. Wir alle warten auf Befehle des Goldhorus.«
    Es wimmelte von Soldaten, die ihre Lager zwischen Feldern und Weiden aufgeschlagen hatten. Am oberen Ende des Kanals wurden Gefangene auf ein Schiff getrieben. Bis zum Horizont, entlang der Grenze zwischen fruchtbarem Land und Wüste, standen Herden in Gattern; müde, staubbedeckte Gefangene schleppten Wasser und frisch geschnittenes Ried zwischen den Rindern und dem Ufer. Stechender Geruch nach Schweiß, Angst und Kot wälzte sich heran. Karidon betrachtete aus halb geschlossenen Augen die Erbärmlichkeit einer großen Niederlage. Das Land war unverändert; an den Seiten des Stroms breiteten sich savannenartige Gebiete aus, in denen vereinzelt Bäume standen.
    »Und wo ist die Prunkbarke des Goldhorus?« Jehoumilq deutete auf den klobigen weißen Wachtturm. »Kommt er, um seinen Sieg zu genießen?«
    »Man sagt, er ist unterhalb der zweiten Stromschnelle.«
    Die Beute, auf Mänteln und Decken zur Schau gestellt, war kümmerlich. Kupferne Waffen und Messer, ein paar jener schweren Nehesi-Bogen, lange Pfeile, Schmuck aus Stein- und Knochenperlen; nichts, was die königlichen Schatzkammern würde füllen können. Karidon blieb stehen, als er im Sand, unter Palmen, etwa zweihundert Mädchen und junge Frauen sitzen sah. Sie waren kahlgeschoren. Soldaten stopften zusammengeflochtenes Haar in Ledersäcke: Material für die königlichen Perückenmacher. Schmutzig, fast nackt, die meisten verwahrlost, hungrig und durstig, hockten die Frauen da, blicklos, stumm und schicksalsergeben. Jehoumilq musterte sie schweigend, mit versteinertem Gesicht, Karidon sah einen Bogenschützen aus Userhets Truppe und blickte in die Augen unter dem Bronzereif des Helms.
    »Die schwarzen Blüten von Kush«, sagte Karidon. »Meinst du nicht, dass sie krank oder verdurstet sein werden, bevor der Goldhorus sie verschenkt?«
    »Sie werden versorgt, Neb Karidon.« Der Wächter deutete zum Ufer und zu den Herden. Frauen und Kinder schleppten Wasser und Milchkrüge heran. »Von ihren eigenen Leuten. Die Gnade des Starken Stiers ist groß. Sie bekommen sogar Schurze und Sandalen.«
    Rômetfrauen, denen hochbepackte Sklaven folgten, brachten weiße Tücher. Ein Unterführer blieb vor Jehoumilq und Karidon stehen und schlug die Faust an den Brustgurt. »Grüße vom Anführer Userhet. Der Goldhorus sagt: ihr sollt die schönsten Sklavinnen zum Markt in Gubla oder anderen Häfen bringen. Was ihr erlöst, gehört euch, als königliches Geschenk.«
    Karidon blickte Jehoumilq von der Seite an. Die Lippen waren zusammengepresst, die Gesichtsmuskeln arbeiteten. Fast gleichzeitig antworteten Karidon und der Kapitän: »Wir sind Bronzehändler ...«
    Karidon beendete leise den Satz: »Keine Sklavenhändler. Userhet möge dem Goldhorus sagen, dass wir danken, aber mit dem Verkauf menschlicher Ware nichts zu tun haben wollen. Überdies ist unser Schiff voll bis

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