Der Bronzehändler
zur Bordwand.«
»Richt's aus, Soldat!« Jehoumilqs Arm führte eine halbkreisförmige Bewegung aus. »Sklaven sind euer Geschäft.«
»Hast du unseren Steuermann gesehen? Mlaisso?« Karidons Tonfall wurde versöhnlicher, der Soldat nickte. »Ja. Dort hinten. Kommt.«
Die Uferzone bis zum südlichen Horizont war gesprenkelt von Hütten aus Palmwedeln und gespannten Schattensegeln. Eine Gruppe Nehesi, bewacht von Bogenschützen, badete im Fluss.
Zwei Schiffe hatten angelegt; man trieb Gefangene von Bord. Im Windschatten eines Felsens hoben Schwarzhäutige längliche Gruben aus. Über einigen Gluthaufen drehten sich halbe Kälber an Spießen, an anderer Stelle buken Köche Unmengen Brotfladen. Durch den Kanal driftete ein leeres Lastschiff hapiab, von Dutzenden Tauen gehalten; die späteren Insassen, lauter Gefangene, stemmten sich in die Haltetaue. Soldaten riefen Befehle in der Sprache Kushs. In einer Senke, an deren Rand in Abständen von sechs Schritten Bogenschützen standen, entdeckte Karidon den dritten Steuermann der Morgenröte .
Ungefähr drei Dutzend männliche Gefangene, die Unterarme im Rücken gefesselt, knieten im Sand. Die Fesselung zwang sie, den Oberkörper stark aufzurichten. Zwischen einigen Unterführern saß Mlaisso auf einem Klapphocker, ein Gluthäufchen schwelte; es stank nach Horn oder verbranntem Fleisch. Die seltsame Stille in der Sandgrube wurde nur durch das Geräusch der Sandalen und ein schluchzendes Wimmern unterbrochen. Die Posten ließen Jehoumilq und Karidon durch, einer pfiff scharf; neben Mlaisso drehte sich Sokar-Nachtmin halb herum, erkannte den Kapitän und winkte.
Sokar-Nachtmin sprach betont langsam mit Mlaisso. Mlaisso übersetzte ebenso sorgfältig. »Schon der Vater des siegreichen Goldhorus hat euch gewarnt. Ihr seid von Chakaura selbst mehrmals gewarnt worden. Er hat Boten geschickt. Ihr habt sie getötet, verstümmelt, mit Hassbotschaften zurückgeschickt. Er hat Geschenke angeboten, hat abermals Boten und Soldaten geschickt. Sie sind überfallen worden.«
Nachtmin und Mlaisso machten eine Pause. Karidon ging näher heran und blieb hinter Mlaisso stehen.
»Nun hat der Goldhorus Frieden über das Land gebracht. Keiner von euch wird diesen Frieden künftig stören.«
Mlaisso hatte sie nicht kommen hören. Karidon berührte ihn an der Schulter, er blickte auf und nickte, sprach aber weiter.
»Jedes Mal, wenn die Natter des Ungehorsams und des Aufruhrs sich aufbäumt, wird der Goldhorus seine Soldaten in eure Länder einfallen lassen, zahllos wie Heuschrecken. Sein Befehl heißt: keine Gnade den Anführern! Der dort!«
Sokar-Nachtmins Arm hob sich, mit zwei Fingern zeigte er auf einen hageren Gefangenen, dessen Brust von zungenförmigen Brandwunden bedeckt war. Zwei Soldaten rissen ihn an den Oberarmen in die Höhe, zerrten ihn vor die Reihe der übrigen Nehesi und drehten ihn herum, so dass er in die Gesichter der Männer sehen konnte. Ein stämmiger Schütze löste die Sehne vom Bogen, wickelte die Enden zweimal um die Fäuste und trat hinter den Gefangenen. Wieder nickte Sokar-Nachtmin; sein Gesicht war ausdruckslos.
Der Bogenschütze legte die Sehne an den Hals des Schwarzen, setzte sein Knie in dessen Nacken und erwürgte ihn binnen weniger qualvoller Atemzüge; Karidon würde den Laut nie vergessen. Nach dem letzten gurgelnden Jaulen kippte der Körper zuckend zur Seite.
»Bist du fertig mit deiner ... Arbeit, Mlaisso?«, sagte Jehoumilq leise. Mlaisso zuckte mit den Schultern. Sokar-Nachtmin stand auf. Er war verwundet; an fünf Stellen trug er blutige Leinenverbände, sein Gesicht war schmutzig und voller grauer Bartstoppeln. »Habt ihr die fremden Anführer gefasst?«
»Später, Freund«, sagte Nachtmin heiser. »Wir treffen uns im Lager, ja? Beim dritten Wachtturm, bei den jungen Palmen.«
»Ist Holx-Amr bei euch?« Karidon sah zu, wie ein Soldat eine rotglühende Dolchschneide aus der Glut hob.
»Er sollte im Lager für Ordnung sorgen.«
»Wir werden ihn finden.« Jehoumilq wandte sich verwirrt und angeekelt ab. Am Rand der Senke drehte sich Karidon um und sah den zweiten Gefangenen sterben. Als sie weitergingen, hörten sie das Brüllen und Kreischen eines Nehesi, den die Soldaten mit glühenden Dolchschneiden folterten. Jehoumilq spuckte aus.
»Der Sieger hat immer recht. Ich kann nicht glauben, dass Chakaura auf Dauer das elende Kush seinem Reich einverleibt hat.«
»Das glaubt er selbst nicht, Jehou.«
Schreiber und Aufseher liefen umher.
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