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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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schmeicheln, weil ich nicht klüger bin als die kaum erforschlichen Götter. Dein Befehl ... niemand hätte Klügeres anordnen können.«
    »Danke. Diese schöne junge Frau, Mudnedjemet, hat Besseres verdient als ein ödes Leben im Palast. In wenigen Tagen schick ich sie dir zusammen mit einer Handvoll anderer aus dem Frauenhaus. Bilde sie aus, lehre sie, was nötig ist. Sie sollen die tüchtigsten unserer Späher werden; in jedem Fall die schönsten.«
    Ikhernofret drehte den Becher in beiden Händen, blickte auf und grinste füchsisch. Mudnedjemet hob die Schultern und vollführte eine ratlose Geste.
    »Dein neuer Binsenbesen und dein hölzerner Rechen, Herrscher von Itch-Taui, sind wie bronzene Zähne. Es wird geschehen, Herr Chakaura.« Ikhernofret wurde ernst. »Du weißt, Schönste, wo ich zu finden bin?«
    »Kanalabwärts, das flache, große Haus im Tamariskenwald, Herr.« Mudnedjemet flüsterte, berührte mit gekreuzten Armen ihre Schultern und legte die Hände auf die Knie. »Ich weiß aber nicht, ob wir so klug sind, wie du erwartest – als Geschenk an den verstorbenen Herrn sind wir ins Frauenhaus gebracht worden, vor Jahren.«
    »Sei gewiss, Tochter der sprossenden Hapiufer«, sagte Ikhernofret brummig, »dass du und deine Schwestern bei mir und meinen Schreibern alles lernen, was sie verstehen, und darüber hinaus vieles, was sie nicht einmal ahnen. Und alles ohne Peitsche, Zwang und die Missbilligung der Priester.«
    Chakaura legte die Hand auf den Unterarm seiner Schwester und blickte prüfend in ihre Augen.
    »Jehoumilq und Karidon sind die besten Bronzehändler. Karidon ist klug, das weiß ich; sein Kapitän hat sicherlich mehr Erfahrung. Was deine Späher im Land Tameri erfahren, soll Karidon jenseits der Grenzen ausspähen; in Gubla und auf den Inseln. Es gibt kein nutzloses Wissen; er wird alles Wichtige und Wissenswerte Tama-Hathor-Merit berichten. Sie hat das Ohr des Goldhorus.«
    »Ein zweckmäßiges Vorhaben, Herr.« Ikhernofret senkte den Kopf. »Du versprichst dir wichtige Erkenntnisse?«
    »In jeder Hafenschenke, nach zwei Bechern Bier, tauschen Seeleute alles aus, was sie wissen.« Chakaura schnippte mit den Fingern und deutete auf die leeren Trinkgefäße. Mudned füllte Wein und Bier nach. »Überdies träumt meine Schwester, wenn sie sich langweilt, von den grünen Augen Karidons.«
    »So ist es, göttlicher Bruder.« Tama-Hathor lachte. »Bald werde ich mehr wissen als ihr beide. Wann kommt dein keftischer Lebensretter wieder hierher?«
    »Innerhalb des nächsten Mondes.«
    Der obere Rand der Sonne sank unter die schroffen Felsen und die Wälle des Sandmeeres jenseits der Dattelpalmenhaine und Feigenbäume. Mudnedjemet holte aus dem Inneren des Palastes eine Lampe und entzündete daran ein Dutzend wollener Dochte. Als sie in den letzten Sonnenstrahlen das Öllämpchen auf einer eckigen Säule anzündete, war ihr Kleid nicht mehr als ein schattiges Gespinst; Ikhernofret starrte sie schweigend an, dachte an seine Jahre und schien sich, als er lächelte, auf die nächsten Monde – Tybi, Mechir und Phamenat – zu freuen. Er drehte sich herum, sah ins scharfgezeichnete Gesicht Chakauras. Sein Blick verweilte auf der kushitisch dunklen Haut, dem vorspringenden Kinn und den großen Ohren; als er das Funkeln der Augen sah, die im schwindenden Tageslicht schwarz wurden, wuchs seine Sicherheit. Chakauras göttliche Ausstrahlung war klar und groß. Er würde das Land unter das ewige Gesetz zwingen, schneller und gründlicher als der zweite Amenemhet.
    Noch waren die Boten aus den Gauen nicht zurückgekommen. Sie würden zweifellos bestätigen, was die Spione berichtet hatten. Selbst die Götter hatten es mitunter nicht leicht in diesem herrlichen Land. Ikhernofret verneigte sich tief vor Chakaura und der Prinzessin und dachte, während er entlang schwelender Fackeln über den Plattenweg ging, an eine gewaltige Masse rieselnden Wüstensandes, die nur durch wuchtige Mauern, Wälle und Barrieren aufzuhalten war.

    Drei Tage später erreichten sie die Bucht nach einer mühsamen Wanderung entlang steiler Felsabstürze und über winzige Strände, durch Zedern- und Föhrenwälder, die nach Harz und Hitze rochen. Auf Hängen und in Schluchten, in denen Eichen wuchsen, unter wilden Ölbäumen und neben moosbedeckten Felsen weideten Ziegen. Ptah und Karidon, deren Beulen und blaue Flecken langsam verschwanden, schliefen und aßen an Hirtenfeuern, kamen an Grabmälern vorbei, die wie große

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