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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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gibt uns, was wir brauchen. In zwei Stunden sind wir sauber wie gebadete Rômet, neu gekleidet und riechen nicht mehr wie toter Fisch. Trink aus, Rômet. Wir sind gerettet.« Er lachte zu den Kapitänen hinüber, hob den Watsack auf und schob die Zehen zwischen die Riemen der Sandalen.

    Welwer, der Händler, nahm zehn Kite Bronze für Sandalen aus Leder und festem Strohgeflecht, Schamtücher und Schurze aus gebleichter Wolle, einen Krug Öl, geriebene Wurzel vom Seifenstrauch und eine Kräutersalbe gegen blutunterlaufene Haut. Die Sonne sank den schartigen Berggipfeln entgegen, kühler Meerwind trieb die Hitze zwischen den Häusern hervor. In einem offenen Schuppen schütteten zwei junge Frauen heißes Wasser in große Zuber. Karidon und Ptah hängten die Bronzescheibe an einen Astknoten, rieben die Haut mit der Paste aus Seifenwurzel und heißem Wasser ein, massierten Öl in die sechs Tage alten Barte und zogen die Dolchklingen an einem Kiesel ab; die Sonnenstrahlen, die von der polierten Silberschicht des Spiegels flirrten, färbten sich rötlich. Karidon schüttete eine Schale Wasser über Ptahs Kopf aus und säbelte die Spitzen der Haarbüschel ab, schabte Nacken und Ohren frei und brummte:
    »Deine Perücke fressen entweder die Fische im Großen Grünen, oder sie liegt im Wrack, zwischen den Barren, du eitler Schreiber von Men-nefer.«
    »Vergiss die Perücke. Dass uns nicht die Fische fressen, davor hat uns Ptah beschützt, der Große von Men-nefer. Ich denk nicht mehr an den Kopfschmuck.«
    »Denk lieber dran, dass du mir kein Ohr abschneidest.« Karidon tauchte seinen Kopf ins warme Wasser und wartete geduldig, bis er die Klinge nicht mehr im öltriefenden Nacken spürte. Sie säuberten die Dolche am Stoff der Schurze und stiegen in die Bottiche. Ptah wischte Öl und gelben Brei aus dem Gesicht, tauchte prustend auf und winkte den Dienerinnen.
    »Hierher, Mädchen«, rief Karidon. »Helft uns. Seid zärtlich zu unserer Haut. Bürstet und schabt nicht zu fest. Das Meer hat uns grün und blau geschlagen.«
    Karidon schloss die Augen und überließ sich weichen Fingern, einer rauen Bürste und sonnenwarmen Leinentüchern, die nach Kräutern dufteten. Die Frauen breiteten Tücher über niedrige Holztische, ölten Ptah und Karidon ein, massierten behutsam Haut und Muskeln und schabten Öl und Hautschuppen mit Fischbeinstriegeln ab. Ptah scherzte halb schläfrig mit Korima. Sie war schöner, hatte keine Haarbüschel in den Achselhöhlen und, im Gegensatz zu Karys, keinen dunklen Flaum auf der Oberlippe. Karidon und Ptah wickelten Tücher um die Hüften, sammelten ihre Ausstattung und streckten sich auf den Lagern ihrer Zimmerchen aus. Das Gurren der Vögel im Taubenturm, in der Ecke des ummauerten Hofes, machte Karidon schläfrig. Zwei Stunden später betraten er und Ptah ausgeruht die Wirtsstube; Schrecken und Todesangst der Fahrt durch den Neumond-Messes hatten sich in dunklen Winkeln der Erinnerung versteckt.

    Abendkühle hatte die Bewohner Arnis aus den Häusern gelockt. Die Fischer schoben ihre Boote auf den Strand. Mit schwer beladenen Eseln kamen Bauern von den Hängen und aus dem südlichen Teil der baumbestandenen Ebene. Bärtige Männer und Halbwüchsige schleppten Felsbrocken zum Ende des Dammes und verlängerten ihn um ein paar Schritte. Am Brunnen füllten Mädchen Wasser in große, zweihenklige Tonkrüge. Aus der Küche Masûs brodelten Dampfwolken, Öl zischte, man hörte Hackmesser und das Lachen der Mägde. Ruderer und Steuermänner, die sich vor der Hitze am Beginn des Paophi-Mondes unter Deck verkrochen hatten, kamen von den Schiffen. Ein älterer Mann mit blutbefleckter Schürze blieb im Eingang der Gaststube stehen. »Ist hier der Steuermann, der viele Ziegenhäute aufblasen will?«
    Karidon stellte den Becher zurück und drehte sich auf dem Schemel herum. »Hier. Du hast solche Häute? Wie viele? Das Wrack ist groß!«
    »Der andere Kapitän hat's mir gesagt.« Der Schlachter kam näher. »Nicht ganz drei Dutzend. Sollten eigentlich Wasser- und Weinschläuche werden. Vielleicht haben die Schäfer noch ein paar. Ich bin Dorea.«
    »Wir brauchen sie, um das Schiff hierher zu schleppen«, sagte Karidon. »Was verlangst du für die Benutzung?«
    Karidon zog Dorea unter das Vordach, handelte den Preis aus, verlangte Lederschnüre zum Zusammenbinden und gab Dorea zwei Kite Silber; ein stolzer Preis, aber dafür brachten Doreas Kinder die zusammengenähten Häute zur Nachtwolke und würden sie vom

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