Der Bronzehändler
dämmerigen Kühle zwischen dicken Mauern tranken Karidon und Ptah schweren Wein, mit kaltem Wasser gemischt. Die Ruderer schliefen oder ließen sich baden, massieren und einölen. Das Halbdunkel hinter Flechtwerkläden und Vorhängen, eine Wohltat für Augen und Körper, schien den Seefahrern zuzuflüstern, sie wären zuhause. Karidon hatte seine Kleidung in die Sonne gehängt und ein Kämmerchen bezogen, auf dessen Rollvorhang das Bild einer Gazelle inmitten rankender Pflanzen gemalt war. Diener und Sklaven schwirrten durch die Räume, brachten Essen aus der Palastküche und reinigten Kleidung und Sandalen. Ptah-Netjerimaat kam in die Halle; er war rasiert, glänzte und roch nach feinem Öl, das Haar war gekürzt. Er ließ sich auf einen Hocker fallen und stöhnte wohlig.
»Hier bleib ich ein halbes Jahr!« Er wandte den Kopf, als eine schlanke junge Frau mit einem Weinkrug hereinglitt.
Karidon betrachtete lächelnd Ptahs Sandalen. Wie jeder Rômet aus wohlhabendem Haus reinigte und pflegte Ptah seinen Körper sorgfältig; auf seine Bekleidung verwendete er nicht weniger Aufmerksamkeit. Die Sandalen aus Kefti hatten zwischen beiden Lederflächen ein Geflecht aus Gras, Schilf und Wolle, breitere Riemen, Zehen- und Fersenschutz und kupferne Scheiben über den Knöcheln. Mit diesem Schuhwerk bewegte er sich wie eine Katze; Karidon besaß zwei ähnliche Paare. »Wer will sich zuerst verschönern lassen von euch beiden?«
»Ich hab's nötiger als jeder andere.« Jehoumilq leerte seinen Becher und stapfte nach einem prüfenden Blick auf die Dienerin hinaus. Sie sank vor Karidon und Ptah auf die Knie, reichte ihnen gefüllte Becher und sagte leise zu Karidon:
»Ich bin Nefer-Ihat, grünäugiger Herr. Meine Herrin, Tama-Hathor-Merit, Halbschwester des leuchtenden Horus, lässt sagen: Du kennst Punt und den Hapi aufwärts und abwärts. Wenn der Herrscher mit euch gesprochen hat, wird sie ihr Auge auf dich fallen lassen. Sie erwartet, dass du ihren Abend mit aufregenden Erzählungen füllst.« Sie senkte den Blick, während sie aufstand; ihr kostbarer Schmuck klirrte.
»Bei Sachmet!«, sagte Ptah-Netjerimaat. »Das wird ein schönes Fest, Kari!«
»Die schönsten Dienerinnen werden an eurer Seite sein«, flüsterte Nefer-Ihat. »Viele junge Kushitinnen. Der Herr will euch Gutes tun.«
»Er hat längst damit angefangen.« Karidon stand auf. »Ich folge Jehou: wirst du mir beim Schminken helfen, Schönste?«
Sie nickte. »Damit du meiner Herrin gefällst, Grünauge.«
Karidon begann zu ahnen, dass er Grund zur Besorgtheit haben sollte. Es gab nichts umsonst, auch nicht Wohltaten des jungen Chakaura. Als die Boten kamen, waren Jehoumilq, Holx-Amr, Karidon, Ptah und Mlaisso geschminkt, trugen Schmuck und gestärkte Schurze und rochen nach den teuren Salben, die sie sonst gegen Bronze eintauschten.
Eine Schar lächelnder junger Mädchen hatte vor zwei Stunden die Gäste in den Palast geleitet. Musik, Schweißgeruch, Weihrauchdampf, die Bewegungen geschmückter Körper, Diener, die Leckerbissen, Bier und Wein umhertrugen, erfüllten die Halle. An der Stirnseite, auf einer erhöhten Plattform aus weißem Stein, saßen Chakaura und zwei Dutzend Frauen und Männer unterschiedlichen Alters; die Mitglieder der Herrscherfamilie sprachen miteinander, ohne dass etwas zu verstehen war, und sahen den Tänzerinnen zu. Karidon stand, abseits des größten Gedränges, mit dem Rücken an einer Säule. Als Jehoumilq sich, ohne ihn zu sehen, zwischen Gruppen gestikulierender Würdenträger hindurchschob, im Arm eine breithüftige Tänzerin, an jeder Hand sechs wuchtige Ringe, stieß ihn Karidon an.
»Du bist der Schönste – Jossel.« Er lächelte niederträchtig. »Denk daran, dass wir noch verstehen müssen, was der Herr des Festes zu sagen hat.«
»Mit dir sauf ich allemal um die Wette.« Jehoumilqs Hand glitt über die Haut der Frau. »Von anderen Dingen wollen wir schweigen. Keine Sorge, Krabbe.«
Er schob sich, als sei er der Bug der Horus , geradeaus zu einem Tisch voller Braten und Bierkrüge. Karidon gab einem Diener seinen Becher und sah im träge brodelnden Rauch und im Licht vieler Dutzend Öllampen Ptah und Nefer-Ihat, hinter ihnen die muskelstarrende Gestalt Sokar-Nachtmins. Nachtmin schob Ptah und die junge Frau behutsam zur Seite, breitete die Arme aus und presste Karidon an seine Brust.
»Lang nicht gesehen, Grünäugiger!« Seine Stimme dröhnte. »Ich hab alles gehört, ich weiß alles: ich sag euch – schönes
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