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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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und Uferquellen, Herr.« Holx-Amr schluckte; auch er schien beklommen von der Szene auf dem Palastdach. Aus dem stechend gelben Halbmond über der Wüste stanzte ein Sehedhugrabmal ein scharfes Dreieck heraus. Die Lichtspur eines sterbenden Sterns teilte für einen halben Atemzug den gestirnten Himmel. »Wir sind keine Sandläufer. Sollen wir als fremde Händler mondelang in der Wüste umherstolpern? Hast du das bedacht, Herr?«
    »Alle Bewohner von Kush brauchen Wasser. Ihr werdet sie an Brunnen und am Hapiufer treffen. Große Boote wird man von Ta-Seti durch den Sand tragen und im Hapi wassern; ihr könnt auf dem Fluss bleiben.«
    »Das werden wir klären, Steuermann«, sagte der Tatji beruhigend.
    Mlaisso drehte die Edelsteinscheibe im Nasenflügel. »Wenn ich als Nomade andere – Viehtreiber treffe, brauch ich eine Familie, wenigstens eine Frau. Und gewisse Teile Ausrüstung.«
    »Sagt dem Schreiber, was ihr haben müsst. Alles wird bereit sein. Die Frau – jene Ti-Senbi, deren Tanz du großäugig bewundert hast: Sie fiebert nach deiner Männlichkeit und wird zu dir kommen. Noch heute. Zufrieden?«
    »Herr ...« Mlaisso stammelte etwas. »Es ist gut. Es ist zu viel. Ich bin überwältigt. Ich schweige.« Er lachte; seine weißen Zähne schimmerten im Halbdunkel.
    »Bevor du fragst, Ptah-Netjerimaat«, sagte Chakaura. »Dein Kapitän wird schwerlich Meile um Meile durch glühenden Sand stapfen wollen. Er bewacht bei Herenptah das unersetzliche Schiff und besorgt den Ersatz: Waffen, Essen und Soldaten. Du trägst Sorge für die Boote südlich der Stromschnellen. Jeder Befehl, den ihr aussprecht, kommt aus dem Mund des Horus im Per-Ao. Werdet ihr tun, worum ich, der an Macht arme Herr beider Lande, euch bitte?«
    Bisher war Karidon verwundert, dass Chakaura, der ihn lange angestarrt hatte, nicht ihn fragte, sondern den älteren Kapitän ansah. Er wandte den Kopf. Sokar-Nachtmin nickte. Jehoumilq sagte: »Wir tun, was du willst, Goldhorus, obwohl in dieser Zeit die Horus schwerlich Bronze bringen kann.«
    »Ich danke euch. Mit dir, Karidon, will ich ohne Zuhörer eine Handvoll Worte tauschen. Wirst du auch in den Süden rudern, chant , also hapiauf?«
    »Ja.«
    Langsam hob Chakaura, in dessen Gesicht Anstrengung und Anspannung arbeiteten, beide Hände.
    »Bleibt im bescheidenen Gästehäuschen, ein paar heitere Tage und Nächte lang. Dann bringt euch ein Schiff zum Gutshof, eurem Lehen. Dort könnt ihr jeden Schritt bedenken und den Plan besprechen. Nachtmins Soldaten sind ausgeschwärmt, um einen Gau hapiabwärts zu befrieden. Morgen wird die Horus aufs Trockene gezogen, ausgebessert und mit fremden Waren ausgerüstet. Es ist genug Zeit. Ihr müsst nicht im Hochwasser nach Ta-Seti reisen.«
    Er stand auf. Jehoumilq gähnte und stieß Holx-Amr an.
    »Wenn so viel Zeit ist, Herrscher, werden wir jeden Schritt in guter Ruhe besprechen und dabei viel feines Henket trinken.« Er verbeugte sich. »In deiner Großzügigkeit wirst du uns weder in den vielen Monden noch danach verdursten oder verhungern lassen.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich noch einmal herum und sagte: »Das Land um den Mu-Wer-See ist erst seit einem halben Jahrhundert richtig erschlossen worden. Du weißt, dass es lange dauern wird, bis dein Wort in den Ländern der Binse und Biene gilt?«
    Chakaura antwortete leise: »Von tausend Schritten bin ich erst drei oder vier gegangen. Die Götter, die durch mich sprechen, haben Millionen Jahre gebraucht, um das Land der Rômet zu schaffen.«
    »Cabul!« Jehoumilq griff nach Mlaissos Ellenbogen. »Glaub mir, junger Horus: Du schaffst es schneller.« Nur Karidon verstand, was er murmelte: »Mit unserer Hilfe, die nur in Gold aufzuwiegen ist.«
    Ikhernofret ging als letzter die Stufen hinunter. Chakaura zögerte und setzte sich, fünf Schritte entfernt, vor Karidon auf die Brüstung. Die Schattenspitze des Bauwerks berührte gerade noch den Rand des Mondes. Fledermäuse zuckten zwischen den Palmwedeln. Karidon umfasste die Knie mit den Händen. Er spürte, wie Chakaura versuchte, die Kluft zwischen ihnen zu verkleinern, und dabei an unsichtbare Grenzen stieß. Musikfetzen wehten mit dem kühlen Nachtwind vom Westflügel des Palastes her.
    »An deinen Blicken hab ich's erkannt«, sagte Chakaura. »Jetzt weißt du's. Wir haben, als du zwölf oder dreizehn warst, oft im Schilf gejagt. Ich bin der Junge, der aus dem Palast weggerannt ist und seinen Namen nicht nennen wollte.«
    »So war es, Herr«, sagte

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