Der Bronzehändler
und ewiglich? Gelehrsamkeit, die ich erwarb, lässt mich nicht an den Göttern zweifeln, sondern an den Menschen. Priester und Schüler aus dem Per-Ankh indes, sie sind Menschen. Vor zwei Monden war auch der junge Chakaura ein Mensch. Wenn ich solche Gedanken denke und zu schreiben versuche, drückt die Einsamkeit im Tempel auf mein Herz, das schwer geworden ist. Dennoch tu ich, was mich die Götter erkennen lassen. Wo gäbe es sonst Sicherheit für Ka, Ba, Ib und Ach? Ich fürchte nicht Götter, denen ich gehorche, sondern Menschen, die zwischen Göttern und Menschen Eigennütziges vermitteln und Dinge, die ihnen nutzen. Der Brief wird dich wieder auf ungewöhnlichem Weg erreichen. Die Zähne, Herr klappernder Knochenkiefer, sind für deine Sammlung. Wünsche nicht allzu dringlich, dass Sokar-Nachtmin kommt, denn er käme mit einem Heer.
Ich sende Preisungen dir in den glühenden Süden und warte auf eine Nachricht, die weniger klagt als der Brief davor. Bald ernennt man mich zum Verwalter von Edelsteinen, Silber und Tempelgold, dann weiß ich mehr. Tiefes Verneigen, viel Kurzweil und Freude an Nehesi-Sklavinnen; man sagt, ihre schwarze Haut sei Sommers kühler als die der Rômet. Kraft, Rüstigkeit und Kühlung, Freund. Lass Feuer das Geschriebene auslöschen. Und antworte bald.
5. Prinzessin Tama-Hathor-Merit
Die abgewetzten Ledersäcke voller Rohrgeflecht, alter Tauenden und Wolllappen schnarrten zwischen Quadern und Bordwand; Karidon warf den Hafenarbeitern dünne Schlingen zu, an denen sie unterarmdicke Haltetaue an Land zerrten. Sieben Schiffe aus Gubla und Uschu hatten entlang beider Kaimauern angelegt. Ihre Kapitäne und Ruderer waren nicht an Bord zu sehen, wahrscheinlich schliefen sie in Men-nefer und dünsteten schwarzes Bier aus. Aus dem Schatten des ockerfarbigen Lagerhauses kam ein Soldat mit langen Schritten auf die Horus der Brandung zu und hob das Kampfbeil.
»Ich bin Userhet, Anführer von Dreißig. Der Herr Sokar-Nachtmin, Oberster aller Palasttruppen, schickt uns – ihr seid das furchtlose Dutzend an Bord der Horus der Brandung , was immer das sein mag? Kapitän Karidon?«
Karidon beugte sich über die Heckwand und runzelte die Stirn. »Seid ihr im Krieg? Ich bin Karidon. Nachtmin kenne ich; was will er von uns?«
»Es ist so ... der Horus im Palast wartet auf euch. Er hat störrische Gaufürsten unter seinen Sandalen zermalmen lassen, aber noch längst sind die Ufer nicht ungefährlich. Wir sollen euch schnell und sicher in den Hafen von Itch-Taui bringen.«
»Cabul! Der Tageswind ist schwach. Die ganze verdammte Strecke rudern?« Jehoumilq spuckte ins Wasser. Holx-Amr hob einen Krug mit beiden Händen und trank gluckernd; Wasser lief an Kinn und Hals über seine Brust. Der Unterführer schlug die Faust gegen die Brust. »Auch daran hat Herr Sokar-Nachtmin in seiner Klugheit gedacht!«
Er drehte sich um und hämmerte mit dem Kolben gegen den Schild; farbige Mauern und Säulen warfen die dröhnenden Echos zurück. Mehr als dreißig Soldaten in lederverstärkten Perücken und gekreuzten kupferbeschlagenen Gurten kamen in Zweierreihen aus dem Vorratshaus. Sie trugen Riemen mit großen Schaufelenden über den Schultern, Schilde, Bogen und zusammengeknotete Pfeile in der Hand; in den Gürteln steckten Streitäxte und Dolche. Userhet zog eine Planke heran, Hesqemari und Larreto zurrten sie an Bord fest; die Truppe marschierte aufs Schiff. Userhet kletterte zu Jehoumilq und Karidon ins Heck und rief Befehle. Ein Mann fing einen federnden Peilstab auf, der ihm vom Kai zugeworfen wurde, und stellte sich in den Bug.
»Setzt die Riemen ein, beim Ptah der Weißen Mauer!«, rief Userhet. »Wir legen ab!«
»Bist du erschöpft, Kapitän? Ich kann dich ablösen.« Userhet hängte seine Ausrüstung auf einen Tauhaken und packte die Ruderpinne. »Mit Tageswind und dreißig Ruderern kommen wir schnell vors Angesicht des jungen Herrschers.«
Die Trossen wurden losgeworfen und von der verblüfften Horus -Mannschaft an Deck zusammengerollt. Nach wenigen Atemzügen waren die Riemen eingehängt, hatten die Männer ihren Takt gefunden; das Schiff glitt in die Fahrrinne und ging in die Gegenströmung. Hinter Mauern und Häusern wurden die Sehedhu-Steinzelte auf den Bergen des Westufers sichtbar; Rampen aus Lehmziegeln und Kalksteinblöcken begannen von den Fundamenten auf das Ufer zuzuwachsen.
»Du kannst später ans Ruder«, sagte Holx-Amr. »Erklär uns zuerst, was uns so wichtig
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