Der Bronzehändler
sind, von Bogenschützen. Vier Tage weiter nach Westen ist ein Brunnen; der letzte in dieser Richtung, den sie kennen. Sie kommen aus Irtjet.«
»Wir bleiben eine Nacht und ziehen weiter«, sagte Karidon. »Trotzdem: wir sind wachsam. Ein eigenes Lagerfeuer und Posten in der Nacht.«
Die Nomadensippe – Karidon zählte einundvierzig Köpfe – konnte das Salz gut brauchen und schleppte dankbar Holz zu den Feuern. Zwei Zicklein wurden geschlachtet; die zerstückelten Körper zweier Schafe, die in einer Beize aus saurer Milch und stacheligen Gewürzzweigen gelegen hatten, kamen auf die Spieße über der Glut. Die Kinder lutschten an Feigen und leckten sich den Saft von den Fingern. Ti-Senbi verteilte Schmuck an die Mädchen und Frauen. Die Esel weideten zwischen den Rindern im Schatten der Akazien. Am frühen Abend kam der hagere, weißhaarige Stammesälteste zu Mlaisso, Karidon und Ti-Senbi, die an der windabgewandten Seite des Feuers auf Falthockern saßen und beratschlagten.
Das schwarze Gesicht des Alten war voller Falten, sein zögerndes Lächeln zeigte schwärzliche Zahnstummel. Karidon lehnte sich zurück, umfasste sein Knie mit den Händen und erwiderte das Lächeln.
»Danke!« Mlaisso nahm den Lederbeutel entgegen und öffnete ihn auf seinen Knien. »Ich hab's fast erwartet«, sagte er zu Karidon und Ti-Senbi. »Etwas Goldsand. Ein Gegengeschenk.«
»Habt ihr ihnen gesagt, was zu sagen war?« Karidon schöpfte warmen, gesüßten und leicht salzigen Kräuteraufguss aus dem Kessel und reichte dem Ältesten den Becher. »Und was er seinen Leuten und allen, die er an Brunnen trifft, berichten soll?«
»Wort für Wort.«
Ti-Senbi, von den jungen Männern der Sippe lüstern betrachtet, sprach leise und eindringlich mit dem Ältesten. Er nippte am ungewohnten Getränk, hörte zu und nickte bei jedem siebenten Wort.
Nach einer halben Stunde übersetzte Mlaisso: »Er sagt: die Handelsstraße zwischen Ta-Seti und hier ist frei, aber beide Brunnen sind versiegt. Er hat lange keine Fremden gesehen, aber andere Nomaden haben berichtet, dass man am zweiten Wassersturz fremde Bewaffnete trifft. Sie kommen aus dem fernen Wawat. Seine Sippe will mit den Rômet handeln. Was sie anbieten können, haben wir gesehen: es ist wenig und dürftig.«
»Weiß er, dass Chakaura Bogenschützen und Arbeiter sucht und sie nicht versklaven, sondern ernähren und kleiden will?«
»Er weiß es.«
»Woher haben sie das Gold?«
»Sie wissen, dass früher, irgendwo fernab der Ufer, in drei Bergen Löcher geschlagen wurden. Aber manchmal waschen sie's selbst aus dem Sand von Trockenflüssen. Nur kleine Mengen, ein paar Deben.«
Mlaisso zog die Lederschnur des Beutels zusammen, und während er mit dem Sippenältesten sprach, achtete Karidon auf das Spiel seiner Finger und die Stellung der Hände; jedes bedeutende Wort wurde gewichtiger, da es von einer seltsamen Geste unterstrichen wurde. Wieder schwieg der Alte und nickte. Karidons Blick ging zwischen Hütten und Tieren hindurch: die Soldaten hatten die Esel versorgt, die Lasten sorgfältig gestapelt; nun wuschen und rasierten sie sich abseits des Brunnens mit der Gründlichkeit der Rômet-Hapianwohner. Die Stimmung war entspannt. Es schien keine Gefahren zu geben. Trotzdem wollte sich Karidons Unruhe nicht lösen. Als die Braten und Fladenbrote, die Saigoos auf dem mitgeschleppten flachen Alashiakiesel buk, gegessen waren, holte ein Soldat seine Rohrflöte aus dem Gepäck und begann mit trillernder Musik; später klopften die Nomaden den Takt, indem sie trockene Stöcke kreuzten und gegeneinander schlugen. Eine junge Frau pochte mit einem gekrümmten Holz auf ein Fell, das in einem Reifen verkeilt war. Ti-Senbis lange Finger wirbelten auf dem Leder zweier Beutel, die sie über leere Bierkrüge gezogen und verschnürt hatte. Vom nordwestlichen Horizont kroch elfenbeinfarbenes Mondlicht über das reglose Land. Das volle Nachtgestirn wanderte hinter dem unscharfen Schattenriss des Körpers von Tenthape, der als Wächter auf dem Kamm der Düne stand.
Die Hitze, die zusammen mit dem Schmerz, den scharfkantige Steine verursachten, durch das Sandalenleder kroch, machte Zehen und Waden gefühllos. Jede Stunde ließ Karidon die Karawane halten und Wasser an Männer und Tiere austeilen. Kurz bevor sie den Brunnen erreichten – Anführer Tenthape hatte zwei Bogenschützen als Späher vorausgeschickt –, verließ der langsame Zug den Tierpfad und bog nach Norden ab, in flaches, sandiges
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