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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Langeweile sterben!«
    »Das denkst du!« Karidon hob die Hände an den Mund. »Er zittert, bis wir zurück sind; er wird dem Gaufürsten beibringen, was wir von Kefti und Alashia wissen. Holx und Saigoos helfen ihm. Der Fürst wird heilfroh sein, wenn er wieder hapiab segelt!« Ihr lautes Gelächter trog: Jeden einzelnen Mann hielt seit Tagen eine ungewohnte Anspannung gepackt. Die sorgfältig durchgesehenen und verbesserten Waffen waren verborgen, auf den Schiffen und bei den Männern der Eselskarawane, aber alle Augen starrten hinüber zu den Ufern – wahrscheinlich wurden sie ebenso scharf aus der Wüste beobachtet. Ptah-Netjerimaat befehligte eine Hälfte der Boote, Karidon die andere, und der beste Mann des Fürsten, Tenthape, war für die Karawane verantwortlich, die jeden Abend dort lagerte, wo die Schiffe anlegten, nachdem man mit Kupferspiegeln blitzende Signale ausgetauscht hatte. Die Männer der Horus -Besatzung waren auf Boote aus Flechtwerk und Akazienholz verteilt. Stunde um Stunde verging eintönig und ereignislos: sie glitten durch ein Land aus Stein, Sand, Hitze und Grelle, umweht von leise singendem Wind, getröstet vom klaren Jotru-Wasser; eine dürre, meist flache Scholle, deren lebensfeindliche Reglosigkeit nicht nur jeden Rôme verstörte, erstreckte sich scheinbar bis zu den Horizonten. Es war wie eine Fahrt ins Herz der lautlos widerkäuenden Schattenfresser, Geister und Dämonen des Horizonts.
    Karidon, der meist neben dem Lotsen im Bug stand, horchte in sich hinein. Er spürte keine Furcht, sondern seltsames Unbehagen; als suche er im endlosen Meer einen winzigen Gegenstand in den Wellen. Der widderköpfige Gott Chnum, Hüter der unbekannten Hapiquellen, sah zu, wie sein Strom auf dem Weg durch Hitze und Glast viel Wasser verlor; man sah keinen Dampf wie über einem Kessel, sondern breite wallende Vorhänge, hinter denen die Dinge langsam tanzten oder auf dem Kopf standen.
    Schweißtropfen fielen aus Selkaras Schnurrbart. Er wandte sich um und stülpte die Unterlippe vor, blies das Leinen des Augenschutzes in die Stirn und duckte sich in den Schatten des Segels.
    »Ich frage mich, wie hier Menschen leben können, Karidon.«
    »An beiden Ufern, hinter Dünen und Felsen, soll es flache Täler geben. Dort wächst Gras, dort stehen Akazien. In einigen Tagen suchen wir einen Nomadenbrunnen.«
    Die Ruderer arbeiteten langsam; die Segel standen prall, und die Anstrengung zeichnete schon jetzt einige Männer. Rechts hinter dem vorletzten Boot blinkten Signale. Karidon zählte die Lichtblitze, richtete die silberpolierte Kupferscheibe aus und kippte langsam das Handgelenk auf und nieder.
    »Was sagen die Eselstreiber?«, murmelte Selkara.
    »Morgen Mittag, sagen sie, sind wir am Wasserlosen Fluss.«
    »Warum sagen sie's uns nicht heut Abend?«
    »Weil es ihnen genauso langweilig ist wie uns«, antwortete Karidon. »Sie muntern sich und uns auf.«
    Kein Rauch von Hirtenfeuern oder rastenden Karawanen. Hin und wieder eine rötlichgelbe, tanzende Sandsäule, die in sich zusammenfiel, ehe sie das Ufer erreichte. Kein Baum, kein Grabhügel, nicht einmal die Ahnung von Häusern oder Nomadenhütten. In den Nächten keckerten Wüstenfüchse; ab und zu hörten sie das Heulen eines Schakals. Selbst das Schilf schien unter der Sonne zu verkümmern. Mitunter zogen Geier hoch oben ihre Kreise. Wieder machte der Strom eine Biegung: jetzt blendete die Sonne Lotsen und Steuermänner. Im sandigen Irgendwo lief die uralte Handelsstraße durchs wasserlose Elend. Mitunter glaubten die Männer, riesige Gerippe zu sehen, halb im Sand vergraben, aber beim Näherkommen waren es weiße Streifen in gelbem Gestein.
    In der Nacht stülpte sich ein gewalttätiger Himmel über das Land, das rasch auskühlte. Jeder Stern schien doppelt so groß. Der narbige Vollmond schlich auf seiner Bahn dahin. Wie brennende Pfeile glühten die Linien weißbrennender Himmelsgeschosse zwischen fremden Sternbildern dem Horizont entgegen; furchterregend, lautlos, ganz anders als über dem Meer oder über Men-nefer. In der Finsternis waren die Öllämpchen an Deck der Schiffe und die Lagerfeuer am Ufer tröstliche Inseln aus Licht und Geborgenheit.
    »Die Soldaten des zweiten Amenemhet sind, damals, weniger gut ausgerüstet bis über die zweite Stromschnelle vorgestoßen«, sagte Tenthape. Je weiter südlich sie rasteten, desto kälter wurden die Nächte. Selbst den Eseln hängte man Decken um. »Ich bewundere ihren Mut.«
    »Es waren viel mehr

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