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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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gesehen.«
    »Sag ihnen, was wir ausgemacht haben.« Karidon hängte die Axt, den Griff im Nacken, über die Schulter und lehnte sich auf den Schildrand. »Dürfen wir an den Brunnen?«
    »Ja.« Mlaisso rief: »Gebt ihnen Salz und Datteln!«
    Waffen und Schilde wurden zu den schrundigen Hütten zurückgebracht. Als Tenthapes Männer, vor denen Ti-Senbi, selbstsicher lächelnd, auf den Stammesanführer zuging, die Krüge voller Salzbrocken aus den Uferstädten des Großen Grünen öffneten, wagten sich auch Kinder und Frauen in die Nähe der Fremden. Die Esel zerrten an den Führungsleinen, als die Soldaten tranken und sich die Tücher von den Köpfen rissen.
    Hesqemari, der Koch der Horus , setzte sich neben Karidon in den abkühlenden Sand und leerte schlürfend den Becher. Der Aufguss roch sauer und salzig. Hesqemari schüttelte sich, spuckte aus und drehte, mit den Blicken das Lager durchforschend, den Kopf. Als er Karidon ansah, zog er die Schultern hoch wie ein nasser Vogel.
    »Möchtest du so leben, Kari? Jahre um Jahre mit dürrem Vieh durch ödes Land? Die schwarze Haut voller Narben? In der Hitze, von Brunnen zu Brunnen?« Er sprach leiser weiter, voller Abscheu. »Hinter furzenden und scheißenden Ochsen und Kühen wandern?«
    »Ich nicht. Nein. Wir alle nicht. Aber zu viele hungrige Nomaden sind gefährlich für wenige satte Rômet. Deswegen sind wir hier. Um zu zählen und aufzuschreiben. Sie haben, wie ich und du, ihr Leben selbst so kärglich gewählt – wer es nicht aushält, wie Ti-Senbi und Mlaisso, ist gegangen. Freiwillig oder als Sklave. So einfach ist es, Hesqe; oder so schwer.«
    Der Koch starrte zum Feuer, wo Ti-Senbi und Mlaisso mit sieben oder acht älteren Männern des Stammes sprachen.
    »Verdammt schwer. Dann lieber zittern und kotzen im Messes vor Kefti.«
    »Jeder, wie er es muss oder sich ausgesucht hat. Wenn wir andere Sippen, Stämme oder Gruppen getroffen und mit den Ältesten gesprochen haben, können ihre Männer und Frauen zu den Rômet gehen und sagen: hier bin ich. Kann arbeiten, werde arbeiten, kämpfen, tanzen, beischlafen – wenn ich ein besseres Leben dafür bekomme.«
    »Deine Weisheit, junger Kapitän« – Hesqemari grinste breit – »ist tiefer als die nächtliche Schwärze.«
    »Aber sie schützt dich nicht davor«, sagte Karidon lachend, »von mir mit Fußtritten durch die ptahverfluchte Wüste gejagt zu werden. Und mich nicht vor Sandflöhen in den Zehen.«
    »Dieses Land voller Schattenfresser!« Hesqemari kratzte abschilfernde Haut von seinem halb kahlen Schädel und grunzte. »Es macht liebenswürdige Menschen grämlich, mürrisch und böse!«
    »Da hast du die Erklärung für die Seltsamkeit der Nomaden.«
    Karidon suchte einen geschützten Platz, wickelte sich in den muffigen Stoff voller Sandkörner und starrte, bis er einschlief, in die Sterne und versuchte, die weißgleißenden Strahlen sterbender Sternensplitter zu zählen.

    KARIDON SCHREIBT AUS KUSH an Tama-Hathor-Merit. Abschriften mit drei Boten nach Itch-Taui. Wir zählen den vierundzwanzigsten Tag der beschwerlichen Reise und haben an beiden Ufern nicht einen bewaffneten Nehesi getroffen. Zwei Schnellruderer kamen mit Proviant und Nachrichten von Ta-Seti herauf; man arbeitet fleißig am Umgehungskanal. Jehoumilq beaufsichtigt die Arbeiter und hilft mit Ratschlägen. Auch Ptah, vom anderen Ufer des Hapi, sah nur Spuren. So kann ich schreiben, dass wir zwei Dutzend Stellen kennen, an denen sich Feinde sammeln und verbergen können. Auf dem zweiten Schreibblatt findest du meine und Ptahs tägliche Aufzeichnungen und die Zeichnungen dazu.

9. Jenseits der Südgrenze

    Plötzlich wurde es völlig still, selbst das Knistern des Schilfs in leisen Wellen erstarb. Karidon glaubte, die Fledermäuse pfeifen zu hören. Er richtete sich auf, schob die Rolle zur Seite und griff zur Doppelaxt. Durch das Schwirren von Pfeilen, Geschrei und das Scharren hastiger Schritte brüllten Neketre und Ptah: »Tenthape! Wir werden angegriffen!« Männer sprangen fluchend auf. Dürre Zweige und Schilf flogen in die Glut der Feuer. Flammen und Holz wirbelten funkensprühend in die Höhe; Waffen polterten an die Schilde, ein Mann schrie gellend. Die Lagerwachen rannten zum Rand der Wüste und schwangen die Keulen, während aus Mondlicht und Schatten schemenhafte Körper, Wurfspeere und Pfeile kamen. Zwischen Karidon und Ptah, die über die Bordwand ins seichte Wasser sprangen, schlugen zwei Pfeile in die knackenden Planken. Im

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