Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
Akazienholz. Sie waren durch einen dunklen Treppenaufgang zur obersten Plattform eines Beobachtungsturms geklettert und überblickten das Land bis zu den Stromschnellen.
    »Hier beginnt das elende Kush. Dahinter erstreckt sich Wawat, umgeben von den Fürstentümern Irtjet, Satju und Jam. Ich weiß ganz sicher, sie haben keine Städte, und die Fürsten versammeln sich an Brunnen und, weiter hapiauf, am Ufer.«
    »So ist es«, brummte Mlaisso. Noch trugen sie Kopftücher und Kleidung der Rômet. »Durch Wawat, Satju und Irtjet führen, von einem der wenigen Brunnen zum anderen, uralte Handelsstraßen. Ich weiß das, weil Kapitän Jehoumilq mit vielen Händlern und mit den Männern im Per-Ao gesprochen hat.«
    »Weihrauch, schwarzes Holz, Öl und Pantherfelle, die großen Elefantenzähne, Kupfer und Gold, Straußenfedern und Straußeneier, und vieles andere, kommen aus dem fernen unbekannten Land hinter Wawat. So weiß ich's.«
    Von fern hörten sie das Rauschen der Stromschnellen. Der Hapi gabelte sich zwischen Granitfelsen in ein Dutzend Arme und schäumte ohne viel Gefalle nach Ta-Seti hinunter. Am unteren Ende des Kanals, an dem nur in der größten Hitze nicht gearbeitet wurde, lag die Horus der Brandung .
    »Karidon und Jehoumilq haben einen bestimmten Verdacht – nachdem wir die Schrift der Gegenstände erklären konnten.«
    Er wrang das Tuch aus und wischte über Ti-Senbis Gesicht und Schultern.
    »Saigoos, euer Ruderer, der kleine Hakennasige aus Retenu, hat gesagt, dass es für ihn mehr als ein Verdacht ist.« Ti-Senbis Blicke glitten von den Jenseitsbauwerken der Fürsten, den Gräbern ihrer Verwalter und Baumeister über die trostlose Wüstenei und ruhten sich auf den grünen Rechtecken der Weiden aus, die magere Körper scheckiger Rinder sprenkelten.
    »Auch für uns. Wir denken, es ist ein Wanderer, ein mächtiger Fürst« – Mlaisso wischte Schweiß von seinem Oberkörper und aus den Achseln – »der weiß, dass die Macht in Itch-Taui ungefestigt ist und der viele kleine Nomadenherrscher zum Widerstand aufstachelt.«
    »Also einer, der Händler überfällt und die Rômet an den oberen Ufern.«
    »Und damit verhindert, dass Straußenfedern gegen Messer und Kupferhacken getauscht werden. Ewiger Hass, aus Unverständnis gezeugt – zwischen Nomaden und Sesshaften, Tembi.«
    »Werden wir ihn finden, den fremden Fürst?«
    Mlaisso zuckte die Schultern und schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    »Wahrscheinlich werden wir viel von ihm und über ihn hören. Er wird sich vor uns ebenso verstecken wie vor einem großen Heer, das Sokar-Nachtmin zweifellos hierher führt; erst in einigen Jahren.«
    »Wann brechen wir auf?«
    »In einem Siebentag. Wenn alle zurück sind und sich erholt haben.«
    Ti-Senbi starrte ihn an. »In den glühenden Sand unserer Kindheit, an die wir uns nicht mehr erinnern.«

    Die Schatten der Boote glitten über die lautlosen kleinen Wellen und wurden von den Blättern der eintauchenden Riemenblätter in Wirbel zerteilt, die sich auflösten, während sie chad , stromab trieben. Noch war der Morgenwind aus Nord kalt; während die Sonnenscheibe stieg, wie flüssiges Weißgold, veränderte sich die Färbung der taufeuchten Segel. Karidon winkte hinüber zu Mlaissos Boot. Am dritten Morgen nach dem Aufbruch hatten sie endgültig den Bereich grüner Flussufer verlassen und stießen in die sandige Leblosigkeit brauner, grauer und gelber Wüste vor, die der Hapi durchschnitt, als einzige Ader des Lebens. Über ihnen war nur der fahlblaue Himmel, an dem Wolken so schnell vergingen, wie sie erschienen.
    Sechs große Boote, tief im Wasser, zwölf Dutzend Männer und Ti-Senbi, und am rechten Ufer etwa hundert Soldaten mit Dutzenden beladener Esel; so kämpften sich Chakauras Späher nach Süden, dem ersten Seitental entgegen, in dem es Wasserlöcher und Brunnen geben sollte und kleine Savannengebiete. Dem Gaufürsten war es geglückt, auf einigen Shafadurollen eine geschriebene und roh gezeichnete Übersicht des Gebietes bis zu den zweiten Hapischnellen bei der Festung Iken anfertigen zu lassen. Unzählige Beobachtungen, Nachrichten und Erkundigungen während eines Jahrzehnts, in dem Nefer-Herenptah in Ta-Seti und Chertihotep in Suenet Verantwortung getragen hatten, waren aufgeschrieben; Karidon und Mlaisso verwendeten die Abschrift der bestmöglichen, wiewohl lückenhaften Liste.
    Ptah-Netjerimaat brüllte vom dritten Boot übers Wasser:
    »Um uns sorg ich mich nicht, Kari! Aber Jehou wird vor

Weitere Kostenlose Bücher