Der Bronzehändler
morgen«, knurrte Tenthape. Er drehte sich um, ließ den Schild fallen und schrie zum Ufer hinunter: »Soldaten! Tenthape sagt: hört auf. Lasst sie wegrennen. Werft Holz in die Feuer, bringt Fackeln. Treibt die Verletzten zusammen und fesselt sie!«
Ein grölender Chor aufgeregter Stimmen antwortete ihm. Karidon hielt sich die blutende Nase zu und blinzelte die Schmiere aus Blut und Schweiß aus den Augen. Er schlenkerte sein schmerzendes Handgelenk, hob den Schild auf und ging zum Lager. Flammen schlugen in die Höhe, die knisternden Lichter der Fackeln schwärmten nach allen Seiten auseinander. Vor einem Körper kauerte sich Karidon nieder und drehte den Toten um. »Nikaure!« Einer der schnellsten und ausdauerndsten Späher. Die Fremden hatten dem Wächter den Hals durchgeschnitten. Die grässliche Wunde klaffte von einem Ohr zum anderen; der Sand um seinen Oberkörper war schwarz.
Ruderer Kadran hielt Karidon auf, packte ihn am Oberarm und drehte ihn halb herum, so dass ihn das prasselnde Feuer beleuchtete. Kadran nahm ihm den Schild ab, musterte ihn und sagte:
»Ist nicht schlimm. Komm ins Boot; ich muss ein paar andere auch noch verbinden.«
Kadran und einige Soldaten kümmerten sich um die verwundeten Kameraden. Karidon legte ein nasses Tuch auf sein Gesicht und fühlte erleichtert die Kühle. Die Nase schwoll an, aber der Schmerz wurde erträglicher. Später, als Öllämpchen brannten, wusch Kadran die Stirnwunde mit salzigem Wasser aus und knotete eine salbenbeschmierte Binde um Karidons Stirn.
Bei Sonnenaufgang hatten Tenthape und Ptah-Netjerimaat Ordnung an Land und auf den Booten geschaffen. Karidon wickelte sein Schreibzeug ein, tastete nach seiner Nase, in der es dumpf pochte, und watete ans Ufer. Elf Gefangene, junge, schwarzhäutige Nehesi, darunter einige Verletzte, kauerten im Sand, die Hände im Nacken gefesselt. Abseits des Lagers, auf einer sandigen Anhöhe, schaufelten Soldaten ein breites, rechteckiges Grab. Karidon hob die Hand und grüßte Mlaisso, der auf einem Schemel vor den Gefangenen hockte und mit dem Dolch spielte.
»Wo ist Tenthape?«, sagte Karidon undeutlich.
Neketre, der bogenschießende Steuermann, hielt ein Dutzend Nehesibogen und etwa ein halbes Hundert Pfeile in den Händen. Er bewegte den Kopf und deutete hinaus in die westliche Wüste.
»Noch vor dem ersten Sonnenstrahl ist er mit vierzig Männern losgerannt. Sie verfolgen die Kushiten.«
»Wie viele unserer Männer sind tot? Schwer verletzt? Dass der Späher Nikaure getötet wurde, hab ich selbst gesehen.«
»Nikaure und Nianch-Hotep, die Wächter. Niemand von unseren Leuten hat wirklich schwere Wunden.«
»Ich sehe Ptah nicht.«
»Er und ein paar Späher durchsuchen die Umgebung.«
Drei Mann schleppten einen Toten zum Hügel. Karidon blinzelte in die Sonne und bohrte schorfiges Blut aus den Nasenlöchern. »Wie viele Nehesi sind getötet worden?«
»Neun. Wir haben die da bewacht« – Neketre deutete mit beiden Zeigefingern auf die Gefangenen – »als sie ihre Leute im Sand verscharrt haben. Dort drüben, im Graben.«
Karidon nickte langsam. »Ihr werdet einen Brief an den Goldhorus zu Herrn Nefer-Herenptah mitnehmen. Es versteht sich, dass ich unseren Mut und die Kraft loben werde, Steuermann.«
»Der Goldhorus wird es gern hören, glaube ich.« Neketre verbeugte sich knapp.
»Was hast du mit diesen Waffen vor?«
»Zuerst prüfe ich sie selbst, dann such ich die besten Bogenschützen aus, und die werden damit üben, und zwar so lange, bis sie noch besser treffen als die elenden Nomaden. Zwei Drittel der Wunden sind von Pfeilen.«
Karidon versuchte ebenfalls zu grinsen. Seine Nase fing wieder zu bluten an. Er murmelte einen Fluch und sah zu, wie einige Soldaten von hinten an die Gefangenen herantraten und sie mit blitzenden Kupfermessern kahlschoren. Sie schnitten und schabten schnell und ohne Rücksicht. Das Haar und die streng geflochtenen Zöpfchen voller Holzperlen und Lederbändern warfen sie in die Glut. Stinkender Rauch wehte durchs Lager. Karidon trank zwei Becher warmen Sud und zwang sich, Fladenbrot und Datteln zu essen, ehe er mit Ti-Senbi zu Mlaisso hinüberging. Soldaten stellten für sie zwei Hocker in den Sand.
»Was hast du ihnen gesagt, Mlaisso?«, sagte Karidon leise.
»Dass wir keine Barbaren sind: sie haben ihre Leute in Ruhe begraben dürfen. Man hat ihnen zu trinken gegeben. Bevor Ptah losgezogen ist, hab ich für ihn übersetzt.«
Ti-Senbi lächelte kurz und legte die Hand
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