Der buddhistische Mönch
beschreiben?«
»Ein großer, ziemlich durchtrainiert wirkender farang in schickem Anzug mit Nadelstreifen, dazu ein weißes gestärktes Hemd und eine auffällige Seidenkrawatte. Gut aussehend wie ein Filmstar.«
»Hat er mit Ihnen geredet?«
»Klar. Ich hab ihn auf thai gefragt, wo er hin möchte, und er hat geantwortet: zu Bakers Wohnung.«
»Wie war sein Thai?«
»Gut, allerdings mit starkem englischen Akzent.«
Ich setze Lek vor seinem Haus ab und fahre mit dem Taxi weiter zu mir. Sobald ich in der Wohnung bin, klappe ich den Laptop auf. Dem Lämpchen unter der Tastatur nach zu urteilen, hat die Batterie noch genug Saft zum Hochfahren, aber für den Zugang zu den Daten ist ein PIN-Code nötig. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich an dem vorbeimogeln soll, und will das Notebook auch nicht den Computerfreaks im Revier überlassen – Buddha allein weiß, was für Bilder sie darauf finden. Tja, vermutlich muss ich die Dienste der FBI-Frau in Anspruch nehmen.
»Ich brauch ’nen Büchsenöffner«, teilt sie mir mit. »So sagen die Freaks dazu. Ich lass mir einen per Kurier schicken, der sollte eigentlich bis morgen da sein.«
Chanya hat meine Ungeduld in puncto Computer bemerkt und sieht mich fragend an. Als ich ihren Blick erwidere, presst sie verlegen die Lippen zusammen und hebt gleichzeitig die Augenbrauen. Ich gebe so etwas wie ein Grunzen von mir. Im Moment habe ich nun wirklich keine Lust, mich auf die Suche nach einem Supermarkt zu machen.
»Eis?«
»Nein, moomah- Nudeln . «
»Ist das dein Ernst? Die haben doch keinerlei Nährwert. Von denen kannst du essen, bis du platzt, und trotzdem an Unterernährung krepieren.«
»Die hat meine Mutter gegessen, als sie mit mir schwanger war.«
Ich versuche es mit der Mitleidsmasche, betone, wie müde ich bin, ziehe dann aber trotzdem Shorts und ein T-Shirt an. Immerhin einen Laden kenne ich, der um diese Zeit geöffnet hat, das Foodland im Nana-Viertel, und dorthin fahre ich mit dem Taxi. Ein Blick auf die Uhr am Armaturenbrett verrät mir, dass es neunundzwanzig nach eins ist. Entlang der Sukhumvit stehen überall Garküchen, die die hungrigen Nutten und ihre Freier anlocken. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre; die Leute sitzen kauend in den Eingängen zu den Läden und erzählen einander Geschichten der Nacht. Ein paar betrunkene farangs wanken zwischen den Ständen hindurch, aber im Allgemeinen benehmen sich die Leute ordentlich. Im Nana-Viertel wimmelt es von in den Go-go-Bars arbeitenden Mädchen, die gerade mit ihrer Schicht fertig sind. Auch im Supermarkt gibt es warmes Essen, und zwar an einer kleinen Theke gleich bei der Kasse, wo sich die Menschen drängen. In den Gängen des Ladens ist kaum etwas los; ich sehe lediglich ein paar farangs, die noch nicht so genau wissen, mit welchem Wein sie den Abend beschließen wollen, einige Mädchen, die Proviant für zu Hause erwerben, und versprengte Thai-Männer, die sich eine Flasche Reiswhiskey gönnen. Es dauert eine Weile, bis ich die moomah-Nudeln gefunden habe; wahrscheinlich ist die Verpackung nahrhafter als der Inhalt, aber wer möchte schon mit einer Schwangeren streiten? Ich lege fünf Päckchen in einen Plastikkorb, für den Fall, dass sie bald wieder Heißhunger auf das Zeug kriegt, und mache mich auf den Weg zur nächsten Kasse, als ich aus den Augenwinkeln ein vertrautes Profil wahrnehme. Natürlich kann das nicht sie sein, und außerdem steht sie mit dem Rücken zu mir, aber die Art und Weise, wie sie sich bewegt … Kennst du den Beatles-Song, farang: »Something in the way she moves, attracts me like no other lover«? Ich bekomme eine Gänsehaut und möchte keinen genaueren Blick riskieren. Während sie ihr Chili inspiziert, sage ich mir, es ist spät, ich bin müde, und morgen früh sieht alles anders aus. Stolz, meinen Aberglauben niedergerungen zu haben, drücke ich mich an ihr vorbei zur Kasse, lege meine fünf Packungen Nudeln aufs Band, hole meine Brieftasche heraus – und merke, dass die junge Frau nun dicht hinter mir steht. Warum kann ich sie nicht ansehen? Warum konzentriere ich mich krampfhaft auf das Päckchen Chili, das sie erwerben möchte? Warum zittert meine Hand mit dem Fünfhundert-Baht-Schein? Die Kassiererin, der das Zittern nicht entgeht, hält mich für ein gefährliches Geschöpf der Nacht. Ich will so schnell wie möglich aus dem Supermarkt, und in meiner Hast, das Wechselgeld zu ergreifen, fällt mir eins der Nudelpäckchen auf den Boden, genau zwischen mir und
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