Der buddhistische Mönch
als wär’s der Wetterbericht oder irgendsowas.« Er bedenkt mich mit einem wütenden Blick. Einem Neuankömmling würde ich eine solche Reaktion abkaufen, aber der Mann hält sich seit fast fünf Jahren im Land auf. Endlich reißt er sich zusammen. »Verraten Sie mir nun, wie sie umgekommen ist?«
»Sagen Sie mir zuerst, wie überrascht Sie sind«, erwidere ich.
»Wie überrascht? Was soll denn das heißen?« Er mustert mich einen Moment lang. »Vielleicht brauche ich einen Anwalt.«
Ich sehe mich im Zimmer um. »Auf jeden Fall. Allerdings sind Anwälte ziemlich teuer, und es könnte sich auch schwierig gestalten, einen zu finden, der tatsächlich Ihre Interessen vertritt. Möglicherweise verbringen Sie viel Zeit im Gefängnis und müssen meine Fragen hinterher doch beantworten. Aber egal, die Entscheidung bleibt Ihnen überlassen.«
Nach kurzem Überlegen meint er: »Ich bin schockiert über ihren Tod, doch der ist vermutlich für keinen, der sie kannte, überraschend.«
»Aha«, sage ich, »nun kommen wir der Sache endlich näher. Welche Todesart hätten Sie sich also für Ihre Exfrau vorgestellt? Schildern Sie sie uns ganz genau. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
Schweigen, Ächzen, dann etwas, das sich wie eine ehrliche Antwort anhört: »Nichts Exotisches, glauben Sie mir.«
»Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
»Vor ein paar Monaten.« Er mustert mich. »Natürlich will ich keinen Anwalt. Wozu auch? Hier gibt’s kein verlässliches juristisches System, in diesem Land werden Aussagen erzwungen. Man könnte das Ganze eine Kleptokratie nennen. Wer lange genug da ist, weiß das.« Ich hebe fragend den Blick. »Es würde mir ein Gefühl der Sicherheit geben, wenn Sie mir ein paar kleinere Gesetzesübertretungen nachsehen dafür, dass ich helfe, den Killer zur Strecke zu bringen.« Ich erkenne keine Verstellung mehr; er ist auf einen Deal aus.
»Ohne genauere Informationen kann ich das nicht versprechen. Allerdings ist meine Verhandlungsbereitschaft unter angemessenen Umständen bekannt.«
»Wie viel wollen Sie?«
»Ich rede nicht von Geld, sondern von Fakten. Verraten Sie mir alles, was Sie über ihr Leben hier wissen.«
»Sie möchten kein Geld?«, fragt er erstaunt, bevor er seufzend die Lippen schürzt. »Nachdem ich meine Zeit abgesessen hatte, reiste ich nach Thailand, um mich auf die Suche nach ihr zu machen. Ich spürte sie in einer Bar in der Soi Cowboy auf, die von einem Cop und seiner Mutter geleitet wird. Sie freute sich, mich zu sehen, erklärte mir aber sofort, dass unser Verhältnis hier ein bisschen anders sein würde als in den Staaten. Es würde ausschließlich ums Geschäft gehen. Tja, da fing ich an, Pornofotos von ihr zu machen, meistens harmloses Zeug für amerikanische Zeitschriften und das Internet, seltener auch harte Sachen – dafür gibt’s heute eine eigene anonyme Klientel, die über die Webpage ein bestimmtes Mädchen nachfragt. Wenn der Wunsch nicht zu schwierig zu erfüllen war – ein Blow-Job oder so was –, hab ich meinen Schwanz zur Verfügung gestellt und gleichzeitig die Kamera bedient. Nur zu diesem Zweck trafen wir uns. Manchmal brachte ich den Kunden, manchmal sie. Sie mochte mich als Filmpartner und hinter der Kamera, weil wir gut harmonierten. Viel verdienten wir nicht damit, aber es war immerhin ein Zubrot für mich.« Mit einer Handbewegung erinnert er mich an seine spartanische Lebensweise.
»Website?«
Er schüttelt den Kopf. »Die finden Sie nicht mehr. Wir haben die Adresse von Woche zu Woche geändert. Im Extremfall schon nach vierundzwanzig Stunden. Die Freier heutzutage wissen, wie man an so was rankommt, es runterlädt und sich vom Acker macht.«
»Das war also nur ein Nebenverdienst für Sie?«
»Klar. Sie bekam achtzig Prozent der Einnahmen, aber dicke Kohle war das nicht. Wir konnten beide unsere Jobs nicht aufgeben.« Mit einem Blick aus dem Fenster meint er: »Sie ist nie lange am selben Ort geblieben. Irgendwann hab ich aufgehört, sie zu fragen, wo sie arbeitet, doch grundsätzlich bewegte sie sich auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben. Sie erwähnte was von einem hochklassigen Club in einer Seiten- soi der Sukhumvit, aber wie gesagt: Sie blieb nie lang am selben Ort. Die runtergekommene Bar von dem Cop und seiner Mutter konnte sie nie leiden, obwohl’s ihr Spaß machte, den Bullen zu verführen und ihn dazu zu bringen, dass er bettelte, ihr die Möse lecken zu dürfen – ihre Schilderungen waren zum Brüllen komisch, wenn sie
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