Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
Ich schlucke. Das ist gerade, als hätte mir Mara mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Warum schlägt sie mir einen Kurs bei Marco vor?
„Was soll der Scheiß?“
Mara grinst. „Heißt es nicht, dass man seine Freunde nah bei sich haben sollte, seine Feinde aber noch näher?“
„Und du belegst den Kurs, weil?“
„Weil mir langweilig war am Wochenende, während ihr nebenan zu tun hattet, und ich wissen wollte, ob dein Privatdozent immer noch Kurse anbietet.“
„Nee, da kannst du allein hingehen! Das mache ich nicht!“
„Keine Lust auf ein bisschen Rache?“ Jetzt funkeln Maras Augen listig. „Du weißt doch, wie schön er sich über Störungen aufregt.“
„Hallo? Ich könnte den Kurs wirklich gebrauchen! Aber wie …“
„Gerade du solltest dir keine Sorgen machen müssen, was den Schein angeht. Ich bin mir sicher, dass Dozenten ihren Exfreunden bestimmt jeden Wunsch erfüllen, auch wenn die nichts leisten und nur stören.“ Mara grinst so breit, dass ich schon fast Angst bekomme. „Außerdem sind wir zusammen. Und ich hoffe natürlich, dass ich von deiner Freundschaft profitieren kann, der Kurs passt nämlich auch bei mir sehr gut.“
„Auf keinen Fall!“, wehre ich ab. „Lieber belege ich nur vier Kurse und muss das nächste Semester ackern, als …“
„Überleg doch mal! Wir könnten die ganze Zeit fies über ihn ablästern! Wir setzen uns ganz vorn hin, damit er alles mitbekommt und keinen geraden Satz mehr sprechen kann!“
Ich grinse. „Du bist echt ein Biest!“
„Gut, was?“
Ich muss zugeben, dass mir diese kleine Racheaktion gefällt. Aber noch ist nicht genug Zeit vergangen. Ich will Marco so schnell nicht wiedersehen.
Es klingelt an der Tür.
„Ganz schön früh die Post heute“, sagt Mara.
„Keine Ahnung, wann die sonst so kommt.“
„Schon klar, du Schlafmütze!“
„Hey, heute bin ich …“
Es klingelt erneut.
„Hör auf zu labern und mach auf.“ Mara winkt mich aus dem Zimmer.
Mürrisch gehe ich zur Wohnungstür und betätige den Öffner. Dann schnappe ich mir meinen Schlüssel. Wenn ich schon mal wach bin und zufällig den Postboten mitbekomme, kann ich auch gleich brav die Post holen.
Völlig in Gedanken mache ich die Tür auf und fahre erschrocken zusammen. Da steht jemand – nein, nicht jemand … Ich erschrecke noch mal, als ich Marco erkenne.
„Hallo, Finn, ich … Entschuldige, dass ich hier einfach …“
Reflexartig werfe ich die Tür zu, doch Marco schiebt seinen Fuß vor und verhindert, dass ich ihn aussperre. Das alles geht viel zu schnell. Mein Herz klopft mir wie wahnsinnig im Hals.
„Was willst du hier?“, presse ich mühsam hervor, als Marco die Tür wieder aufdrückt.
„Finn, ich will mit dir reden, bitte …“
„Ich aber nicht mit dir!“
„Es ist jetzt alles geklärt. Ich habe …“
„Überhaupt nichts ist geklärt!“, schreie ich ihn an.
Aufgebracht kommt Mara aus ihrem Zimmer. „Alles in – oh …“
„Ja, alles in Ordnung, Marco will gerade gehen.“ Ich habe mich einigermaßen gefangen und lege jetzt meine ganze Wut in meinen Blick. „Raus hier! Ich will dich nie wieder sehen!“
Marco sieht aus, als hätte ich ihn geschlagen. Das verwirrt mich, weil ihm doch eigentlich klar sein muss, dass er bei mir nicht mehr landen kann. Andererseits macht mich der bloße Versuch noch viel wütender. Was bildet das Arschloch sich ein? Glaubt er, ich würde ihm die ganze Scheiße mal eben verzeihen und …
„Ich wollte mich nur noch mal entschuldigen“, sagt Marco ruhig. „Ich dachte, wenn du ein wenig Zeit hattest …“
„So viel Zeit kann nicht vergehen“, unterbreche ich ihn schroff.
„Okay.“ Marco hebt die Hände und zieht sich langsam zurück. „Ich hab deine Sachen im Kofferraum. Ich wusste ja nicht, ob du da bist … Wenn du willst, stell ich sie dir vor die Tür.“
Einen Moment lang herrscht Schweigen. Marco steht jetzt wieder auf dem Flur. Es juckt mir in der Hand, die Wohnungstür so fest zuzuschlagen, wie ich nur kann. Allerdings wäre es schon wichtig, dass ich meine Klamotten zurückbekomme. Und trotz allem muss ich es Marco wohl hoch anrechnen, dass er mir das so einfach macht.
„Nicht nötig, ich komme mit“, sage ich schließlich.
Mara wirft mir einen fragenden Blick zu. Ich schüttle den Kopf. Ich brauche keine Schützenhilfe.
„Finn“, sagt Marco noch mal, als wir allein im Flur stehen.
„Ganz ehrlich, ich will es nicht hören“, wehre ich ab. Komischerweise
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