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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kannst.«
    George ging, nicht sehr sicher auf den Beinen, um den Schuppen herum. Der Schock steckte ihm in allen Gliedern. Sandy blickte wieder hinein und schirmte sich dabei vor dem roten Licht des Sonnenuntergangs die Augen seitlich mit den Händen ab. Im Schuppen regte sich durchaus etwas, aber es war kein Leben, was sich da regte. Es war Dunst, der von der silberfarbenen Flanke und aus den dunkelroten Kiemenschlitzen des Wesens aufstieg. Das Fledermausding war nicht verwest, aber das Laub war schnell verrottet. Dieses Ding hier zersetzte sich nun wie das Laub, und Sandy hatte das Gefühl, dass die Verwesung, einmal begonnen, schnell fortschreiten würde.
    Auch dort draußen vor dem verschlossenen Tor konnte er es riechen. Ein säuerlicher, wässriger Kohl-, Gurken- und Salzgestank, der Gestank einer Brühe, die man vielleicht jemand einflößen würde, den man erst so richtig krank machen wollte.
    Von der Seite stieg weiter Dunst auf; er kam auch aus dem wirren Knäuel rosafarbener Schnüre, das anscheinend den Kopf des Wesens bildete. Sandy meinte, ein leises Zischen zu hören, wusste aber, dass das ebenso gut auch Einbildung sein konnte. Dann tat sich in den gräulich silberfarbenen Schuppen ein schwarzer Schlitz auf, der sich vom zerfledderten Nylon des Schwanzes bis zur hintersten Kieme erstreckte. Eine schwarze Flüssigkeit, wahrscheinlich das gleiche Zeug, das Arky und Huddie auch unter dem Kadaver des Fledermauswesens gefunden hatten, begann herauszutropfen – träge zunächst, doch dann schon ein wenig schneller. Jetzt konnte Sandy eine ominöse Wölbung erkennen, die sich hinter dem Schlitz in der Haut bildete. Das war nun ebenso wenig Einbildung wie das Zischen. Der Fisch verweste nicht nur, nein, er verging . Er erlag irgendeiner unvorstellbaren Druckänderung oder Änderung seiner gesamten Umwelt. Sandy musste an etwas denken, das er mal gelesen hatte (vielleicht hatte er es auch in einer National-Geographic -Sendung im Fernsehen gesehen): dass nämlich manche Tiefseewesen, wenn man sie aus ihrem Lebensraum heraufzerrte, einfach platzten. Etwas Ähnliches sah er jetzt hier, glaubte er.
    » George!«, brüllte er aus voller Kehle. » Mann, beeil dich!«
    George kam um die Ecke des Schuppens gehastet, das Stativ oben haltend, wo die Alubeine zusammentrafen. Das Objektiv der Videokamera starrte über seine Faust hinweg, sah im letzten roten Licht des Tages aus wie der Augapfel eines Betrunkenen.
    » Ich hab das Stativ nicht abgekriegt«, keuchte er. » Da ist irgendein Riegel oder Schloss dran, und wenn ich Zeit hätte, mir das mal anzusehen – oder vielleicht hab ich das Scheißding auch falsch rumgedreht …«
    » Macht nichts.« Sandy riss ihm die Videokamera aus der Hand. Es war kein Problem, dass das Stativ dran war; die Beine waren seit Jahren auf die Höhe der Fenster in den Schuppentoren eingestellt. Ein Problem gab es erst, als Sandy die Kamera anschaltete und in den Sucher sah. Statt eines Bildes sah er dort in roten Lettern BATTERIE FAST LEER .
    » Hagel und Granaten! So ein Murks! Lauf noch mal in die Hütte, George! Guck auf dem Regal mit den Leerkassetten nach! Hol die andere Batterie!«
    » Aber ich will doch sehen, was …«
    » Mir egal! Los!«
    George rannte zurück. Der Hut saß ihm schief auf dem Kopf, was einen eigenartig flotten Eindruck machte. Sandy drückte auf den Aufnahmeknopf seitlich an der Kamera, wusste nicht, was er da bekommen würde, hoffte aber auf irgendwas. Doch als er wieder in den Sucher sah, verblasste nun auch noch die Batterieanzeige.
    Curt bringt mich um, dachte er.
    Er sah eben noch rechtzeitig wieder durchs Schuppenfenster, um den Albtraum mitzubekommen. Das Ding riss von vorn bis hinten auf und gab jetzt eine wahre Flut schwarzer Flüssigkeit von sich, die sich, wie bei einem verstopften Abfluss, über den Boden verteilte. Dann platzten widerliche Eingeweide hervor, schwabbelnde Beutel aus gelblich rotem Glibber. Die meisten davon platzten auf und fingen an zu dampfen, als sie mit der Luft in Berührung kamen.
    Sandy wandte sich ab, drückte sich eine Hand vor den Mund, bis er sich sicher sein konnte, dass er sich nicht erbrechen würde, und rief dann: » Herb! Wenn du dir das immer noch ansehen willst, ist jetzt die Gelegenheit! Komm so schnell du kannst!«
    Wieso sein erster Einfall darin bestanden hatte, Herb Avery herbeizurufen, wusste Sandy später nicht zu sagen. In diesem Moment aber kam ihm das absolut vernünftig vor. Hätte er nach seiner Mutter

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