Der Buick: Roman (German Edition)
diese Möglichkeit für die Pennsylvania State Trooper nicht mehr, aber 1983 konnte man seinen Sprit noch daheim zapfen und dem Bundesstaat so ein paar Pennies sparen. Er hängte den Zapfhahn in den Tankstutzen, stellte auf langsame Automatik und schlenderte hinüber zum Schuppen B, um mal hineinzuschauen.
Drinnen brannte Licht (das ließen sie immer an), und da stand er, der weiße Elefant der Troop D, der Buick Baujahr 58, und sein Chrom schimmerte, und er sah nicht so aus, als hätte er je einen State Trooper verschlungen, einen Frosch geblendet oder ein Fledermauswesen ausgespuckt. George, dem noch ein paar Jahre bis zu seiner persönlichen Ziellinie blieben (zwei Dosen Bier und dann die Pistole in den Mund, bis hinter den Gaumen vorgeschoben, damit es auf jeden Fall klappte – wenn ein Polizist sich umbringen will, kriegt er das normalerweise auch hin), stand dort am Schuppentor, wie sie es alle von Zeit zu Zeit taten, und nahm die Haltung ein, die sie bei dieser Gelegenheit anscheinend alle einnahmen, entspannt und breitbeinig wie ein Schaulustiger am Rande einer Großbaustelle in der Stadt, die Hände auf den Hüften (Pose A) oder die Arme vor der Brust verschränkt (Pose B) oder, an besonders hellen Tagen, mit den Händen seitlich das Gesicht abschirmend (Pose C). Es ist eine Haltung, die ausdrückt, dass der betreffende Schaulustige ein Mann ist, der für vieles eine Lösung weiß, ein Durchblicker und Universalfachmann, der viel Zeit hat, über Steuern, Politik oder die Frisuren der Jugend zu diskutieren.
George schaute kurz hinein und wollte eben schon kehrtmachen, als drinnen ein dumpfer, wuchtiger Schlag ertönte. Dem folgte eine lange Stille (eine so lange Stille, dass er, wie er Sandy später erzählte, schon glaubte, er habe sich das Geräusch nur eingebildet), und dann gab es einen zweiten Knall. George sah, wie sich der Kofferraumdeckel des Buicks in der Mitte kurz ein wenig hob. Er ging zur Schuppentür und wollte der Sache nachgehen. Dann fiel ihm wieder ein, womit er es hier zu tun hatte – mit einem Auto, das ab und zu Menschen verschluckte. Er blieb stehen und sah sich nach jemand um, nach Unterstützung, konnte aber niemand entdecken. Es ist nie ein Polizist zur Stelle, wenn man mal einen braucht, das wussten ja sogar die Normalbürger. Er überlegte noch, allein in den Schuppen zu gehen, dachte dann aber an Ennis – der nach vier Jahren immer noch nicht zum Abendessen heimgekehrt war – und lief stattdessen zur Kaserne.
» Komm mal bitte, Sandy.« George stand außer Atem und ängstlich blickend an der Tür. » Ich glaube, einer dieser Idioten hat einen anderen Idioten im Kofferraum dieser verdammten Landplage im Schuppen B eingesperrt. Soll wohl ’n Scherz sein.«
Sandy starrte ihn wie vom Donner gerührt an. Er konnte (oder wollte vielleicht auch) nicht glauben, dass irgendjemand, und sei es dieser Trottel Santerre, zu so etwas fähig wäre. Aber Menschen waren durchaus zu so etwas in der Lage, das wusste er. Und er wusste auch noch etwas: Oft meinten sie es, so unglaublich das auch erschien, nicht einmal böse.
George hielt die Verblüfftheit des stellvertretenden SC fälschlicherweise für Unglauben. » Ich kann mich irren, aber ich schwör’s dir: Ich will dich nicht reinlegen. Irgendwas klopft an den Kofferraumdeckel. Von innen. Hört sich an wie eine Faust. Ich wollte schon allein reingehen, hab’s mir dann aber anders überlegt.«
» Das war klug von dir«, sagte Sandy. » Komm, gehen wir.«
Sie eilten aus dem Büro, und Sandy sah nur noch kurz in der Küche nach und brüllte zum Aufenthaltsraum hoch. Keiner da. Irgendjemand war doch immer in der Kaserne – warum denn jetzt ausgerechnet nicht? Weil nie ein Polizist zur Stelle ist, wenn man mal einen braucht – darum. Herb Avery hatte an diesem Abend Leitstellendienst, und wenigstens der war da und kam zu ihnen.
» Soll ich jemand von der Streife zurückrufen, Sandy? Kann ich machen, wenn du willst.«
» Nein.« Sandy sah sich um und versuchte sich zu erinnern, wo er das Seil zuletzt gesehen hatte. Wahrscheinlich war es in der kleinen Hütte am Schuppen, es sei denn, irgendein Vollidiot hatte es, wie eigentlich nicht anders zu erwarten, mit nach Hause genommen, um damit irgendwas hochzuhieven. » Gehen wir, George.«
Die beiden überquerten im roten Licht des Sonnenuntergangs den Parkplatz und warfen fast endlos lange Schatten dabei. Erst gingen sie zum Schuppentor, um sich die Sache mal anzusehen. Der Buick stand
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