Der Buick: Roman (German Edition)
Polizeihund, aber das nur, weil er nicht dazu ausgebildet war. Er war sehr klug und hatte einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Wenn ein böser Bube in Mister Dillons Gegenwart einem D-Trooper gegenüber laut wurde und mit dem Finger fuchtelte, lief der Gefahr, für den Rest seines Lebens nur noch mit Bleistiften in der Nase popeln zu können.
» Was ist los, Jungs?«, fragte Orville, doch ehe ihm jemand antworten konnte, fing Mister Dillon an zu heulen. Sandy Dearborn, der gleich neben dem Hund stand, hatte noch nie im Leben ein solches Heulen gehört. Mister D wich ein Stück zurück und hockte sich dann dem Buick gegenüber hin. Er hatte den Kopf erhoben und das Hinterteil gesenkt. Er sah aus, als würde er kacken, nur dass er das Fell gesträubt hatte. Sämtliche Haare standen ihm zu Berge. Sandy lief es kalt über den Rücken.
» Ach, du liebe Scheiße, was hat er denn?«, fragte Phil mit leiser, ehrfürchtiger Stimme, und dann gab Mister D wieder ein lang gedehntes, bebendes Heulen von sich. Vorsichtig ging er drei oder vier Schritte auf den Buick zu, ohne sich aus der gebeugten, verkrampften Kackhaltung zu lösen, die Schnauze die ganze Zeit über hoch erhoben. Es war schrecklich mitanzusehen, es war, als flößte ihm der Buick fürchterliche Angst ein und riefe ihn gleichzeitig zu sich. Er pirschte sich noch zwei, drei Schritte weiter vor und legte sich dann zitternd und winselnd flach auf den Boden.
» Was soll denn das? «, sagte Orv.
» Nimm ihn an die Leine«, sagte Tony. » Bring ihn rein.«
Orv tat wie befohlen und lief gleich los, um Mister Dillons Leine zu holen. Als Orv Mister D angeleint hatte, ging Phil Candleton, der den Hund immer sehr gemocht hatte, mit ihnen hinein, beugte sich dabei hin und wieder zu dem Hund hinunter und beruhigte ihn mit Streicheln und Worten. Später erzählte er, der Hund habe am ganzen Leib gezittert.
Niemand sagte etwas. Es gab auch nichts zu sagen. Sie dachten alle das Gleiche: dass Mister Dillon Curts Behauptungen eindeutig bewiesen hatte. Die Erde bebte nicht, und Tony hatte auch nichts gehört, als er den Kopf zum Fenster des Buicks hineingesteckt hatte, aber mit dem Wagen stimmte eindeutig etwas nicht. Das betraf nicht nur die Ausmaße des Lenkrads oder diesen eigenartigen kerbenlosen Zündschlüssel. Es war schwerwiegender.
In den Siebzigern und Achtzigern war die Spurensicherung der Pennsylvania State Police immer auf Achse: Sie fuhr vom Hauptquartier aus zur Troop der jeweiligen Region. Das Hauptquartier der Troop D befand sich in Butler. Es gab keine eigenen Spurensicherungsfahrzeuge; von solch großstädtischem Luxus träumte man nur, und er erreichte das ländliche Pennsylvania erst gegen Ende des Jahrhunderts. Die Spurensicherer fuhren nicht gekennzeichnete Polizeiautos, beförderten ihre Ausrüstung im Kofferraum und auf der Rückbank und schleppten sie in großen Segeltuchtragetaschen mit dem Emblem der PSP darauf zu den jeweiligen Tatorten. Die Einheiten bestanden aus drei Personen: dem Chef und zwei Technikern. Manchmal hatten sie noch einen jungen Auszubildenden dabei.
Ein solches Team fuhr an diesem Nachmittag bei der Troop D vor. Sie kamen, auf Tony Schoondists persönliches Ersuchen hin, aus Shippenville. Es war ein eigenartig informeller Besuch, eine Fahrzeuguntersuchung etwas abseits der dienstlichen Pflichten. Der Leiter des Teams war Bibi Roth, ein alter Hase (die Männer meinten scherzhaft, Bibi habe sein Handwerk noch auf den Knien von Sherlock Holmes und Dr. Watson erlernt). Tony Schoondist und er kamen gut miteinander klar, und solange die Sache unter ihnen blieb, hatte Bibi nichts dagegen, dem SC der Troop D einen Gefallen zu tun.
Jetzt: Sandy
An diesem Punkt unterbrach mich Ned mit der Frage, warum die Spurensicherung bei dem Buick auf so (zumindest für seine Begriffe) eigenartig improvisierte Weise durchgeführt worden sei.
» Weil das einzige Vergehen, das uns in diesem Fall einfiel, Treibstoffdiebstahl war«, sagte ich. » Benzin im Wert von elf Dollar. Das ist kein Kapitalverbrechen; deswegen ruft man nicht die Spurensicherung.«
» Die haben auf der Fahrt von Shippenville hierher fast genauso viel Sprit verbraucht«, meinte Arky noch.
» Von den Mannstunden ganz zu schweigen«, fügte Phil hinzu.
» Vor allem wollte Tony nichts Schriftliches«, sagte ich. » Denk dran, Ned, dass wir bis dahin noch nichts hatten. Wir hatten nur ein Auto. Ein sehr eigenartiges Auto, zugegeben: eins ohne Nummernschilder, Fahrzeugschein
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