Der Buick: Roman (German Edition)
verschlossener Tür bei sich zu Hause sind, und was Familien sagen und tun, wenn sie bei offener Tür draußen im Garten sind … das kann ganz unterschiedlich sein«, sagte ich. » Ennis wusste, dass mit dem Buick etwas nicht stimmte. Dein Daddy auch und Tony und ich. Mr. D wusste es ganz bestimmt. Wie dieser Hund geheult hat …«
Ich verstummte für einen Moment. Dieses Heulen hatte ich später wieder im Traum gehört. Dann fuhr ich fort.
» Aber juristisch gesehen, war er nur ein Gegenstand, dem man nichts anlasten konnte. Wir konnten ja schlecht den Buick wegen Treibstoffdiebstahls festnehmen, nicht wahr? Und der Mann, der das Benzin, das im Tank war, bestellt hatte, war längst verschwunden und schwer auffindbar. Also haben wir den Wagen gewissermaßen beschlagnahmt.«
Ned runzelte die Stirn, als verstünde er nicht, was er da hörte. Das konnte ich nachvollziehen. Ich hatte mich nicht so klar ausgedrückt, wie ich es vorgehabt hatte. Oder vielleicht spielte ich auch das beliebte alte Spiel » Es war nicht unsere Schuld«.
» Hör mal«, sagte Shirley. » Nimm mal an, eine Frau hätte an der Tankstelle gehalten, wäre auf die Toilette gegangen und hätte am Waschbecken ihren Diamantverlobungsring liegen lassen, und Bradley Roach hätte den gefunden. Ja?«
» Ja …«, sagte Ned. Er hatte immer noch die Stirn in tiefe Falten gerunzelt.
» Und nehmen wir mal an, Roach hätte ihn zu uns gebracht, statt ihn einzustecken und bei einem Pfandleiher in Butler zu versetzen. Wir hätten ein Protokoll aufgenommen und vielleicht den Troopern draußen im Einsatz Fabrikat und Modell des Autos der Frau durchgegeben, falls Roach uns das hätte nennen können … Aber den Ring hätten wir nicht behalten, oder, Sandy?«
» Nein«, sagte ich. » Wir hätten Roach geraten, eine Zeitungsannonce aufzugeben – Gefunden: ein Damenring. Wenn Sie glauben, dass es Ihrer ist, rufen Sie bitte diese Nummer an und beschreiben Sie ihn. Und dann hätte Roach rumgejammert, wie teuer es doch wäre, so eine Anzeige zu schalten – ganze drei Dollar.«
» Und dann hätten wir ihn daran erinnert, dass bei so etwas Wertvollem oft ein Finderlohn rausspringt«, sagte Phil. » Und dann hätte er sich überlegt, ob er nicht vielleicht doch drei Dollar zusammenkratzen kann.«
» Wenn die Frau aber nicht angerufen hätte und auch nicht wiedergekommen wäre, wäre der Ring in Roachs Besitz übergegangen«, sagte ich. » Das ist das älteste Gesetz überhaupt: Wer’s findet, dem gehört’s.«
» Also haben Ennis und mein Vater den Buick übernommen.«
» Nein«, sagte ich. » Die Troop hat ihn übernommen.«
» Und was ist mit dem Treibstoffdiebstahl? Wurde der je angezeigt?«
» Tja, nun«, sagte ich unbehaglich grinsend. » Elf Dollar waren ja wohl kaum die ganze Schreibarbeit wert. Nicht wahr, Phil?«
» Nee«, sagte Phil. » Und schon gar nicht damals, als eine IBM -Schreibmaschine und Tipp-Ex der neueste Stand der Technik waren. Aber wir haben das mit Hugh Bossey geregelt.«
Ned ging anscheinend ein Licht auf. » Ihr habt das Benzin aus der Portokasse bezahlt.«
Phil schaute sowohl entsetzt als auch belustigt. » Nie im Leben, Junge! Die Portokasse, das sind Steuergelder.«
» Wir haben den Hut rumgehen lassen«, sagte ich. » Jeder, der da war, hat ein bisschen was gegeben. Ganz einfach.«
» Wenn Roach einen Ring gefunden hätte, und niemand hätte Anspruch darauf erhoben, dann hätte er ihm gehört«, sagte Ned. » Hätte ihm also nicht eigentlich auch der Buick gehört?«
» Wenn er ihn behalten hätte, vielleicht«, sagte ich. » Aber er hat ihn ja an uns übergeben, nicht wahr? Und was ihn anging, war die Sache damit erledigt.«
Arky tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn und warf Ned einen wissenden Blick zu. » Nicht ganz dicht, der Bursche«, sagte er.
Einen Moment lang dachte ich, Ned würde jetzt weiter über den jungen Mann nachbrüten, der dann später seinen Vater umgebracht hatte, aber er schüttelte das ab. Das konnte ich förmlich sehen.
» Erzähl weiter«, sagte er zu mir. » Was ist dann passiert?«
O Mann. Wer kann da schon widerstehen?
Damals
Bibi Roth und seine Kinder (so nannte er sie tatsächlich) brauchten nur eine Dreiviertelstunde dafür, den Buick von vorn bis hinten durchzuchecken. Die jungen Leute nahmen Abdrücke und knipsten Fotos, und Bibi ging mit seinem Klemmbrett herum und deutete ab und zu wortlos mit seinem Kugelschreiber auf etwas.
Als sie gut zwanzig Minuten dabei waren, kam
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