Der Buick: Roman (German Edition)
Was machte es schon, dass der Wagen auf der einen Seite drei Bullaugen hatte und auf der anderen vier?
Sie sehen es und sehen es dabei doch nicht, hatte Bibi gesagt. Junge Leute sind so wunderbare Idioten.
Bibi folgte seinen wunderbaren Idioten zu seinem Privatwagen (er fuhr gern, wann immer möglich, in einsamer Pracht bei einem Tatort vor) und blieb dann noch einmal stehen. » Ich habe gesagt: Das Holz ist Holz, das Vinyl ist Vinyl, und das Glas ist Glas. Das habe ich doch gesagt, oder?«
Tony und Ennis nickten.
» Es kommt mir so vor, als wäre der Auspuff dieses vorgeblichen Autos ebenfalls aus Glas. Ich habe natürlich nur von einer Seite druntergeguckt, aber ich hatte eine Taschenlampe, und zwar eine ziemlich starke.« Für einen Moment stand er einfach nur da und betrachtete den vor dem Schuppen B abgestellten Buick, die Hände in den Taschen, und wippte auf den Fußballen vor und zurück. » Ich habe noch nie von einem Auto mit gläsernem Auspuff gehört«, sagte er schließlich und ging dann zu seinem Wagen. Fünf Minuten später waren er und seine Kinder fort.
Es behagte Tony nicht, dass der Wagen draußen auf dem Hof stand, nicht nur wegen möglicher Stürme, sondern weil ihn jeder, der dorthin kam, sehen konnte. Er dachte dabei an Besucher, an Mr. und Mrs. Normalbürger. Die State Police diente Mr. Normalbürger und seiner Familie, so gut sie nur konnte; und manchmal kostete das die State Trooper ihr Leben. Sie traute ihnen jedoch nicht hundertprozentig über den Weg. Die Familie Normalbürger war nicht die Familie Troop D. Bei der Aussicht darauf, dass etwas nach draußen dringen könnte, schlimmer noch, dass Gerüchte die Runde machen könnten, schauderte es Sergeant Schoondist.
Gegen Viertel vor drei schlenderte er zu Johnny Parkers kleinem Büro (der kommunale Fuhrpark befand sich damals noch nebenan) und überredete Johnny, einen Schneepflug aus dem Schuppen B zu holen und stattdessen den Buick hineinzustellen. Eine Flasche Whiskey besiegelte diesen Deal, und der Buick wurde in die nach Öl riechende Dunkelheit geschleppt, die sein Zuhause werden sollte. Der Schuppen B hatte vorn und hinten jeweils ein Tor, und Johnny schleppte den Buick durch das hintere Tor hinein. Dementsprechend stand er dann all die Jahre lang mit dem Kühler zur Kaserne der Troop D. Das ist etwas, was den meisten Troopern erst im Laufe der Zeit bewusst wurde. Sie dachten nicht ständig darüber nach, hatten es eher im Hinterkopf; es war ein Gedanke, der nie so recht Gestalt annahm, aber auch nie verschwand: dass sein verchromter Kühlergrill sie beständig angrinste.
Achtzehn Trooper arbeiteten 1979 bei der Troop D und wechselten sich in den üblichen drei Schichten ab: sieben bis fünfzehn Uhr, fünfzehn bis dreiundzwanzig und dann die Nachtschicht, in der sie zu zweit im Streifenwagen fuhren. An Freitagen und Samstagen wurde diese Schicht von elf bis sieben gemeinhin » Kotzpatrouille« genannt.
An dem Tag, an dem der Buick kam, hatten die meisten dienstfreien Trooper bis vier Uhr nachmittags davon gehört und waren vorbeigekommen, um ihn sich anzusehen. Sandy Dearborn, der zurück war von dem Unfall auf dem Highway 6 und nun seinen Bericht tippte, sah sie in raunenden Dreier- und Vierergrüppchen hinausgehen, fast wie bei einer Führung. Curt Wilcox hatte mittlerweile Feierabend und leitete viele dieser Führungen, wies auf das fehlende Bullauge links und das übergroße Lenkrad hin und klappte die Motorhaube auf, damit sie den Murks von einem Motor bestaunen konnten, auf dessen Block seitlich BUICK 8 aufgedruckt war.
Auch Orvie Garrett leitete Führungen und erzählte immer wieder, wie Mister D reagiert hatte. Sergeant Schoondist, den das Ding bereits faszinierte (eine Faszination, die ihn nicht wieder losließ, bis der Alzheimer dann sein Gedächtnis löschte), kam so oft heraus, wie er konnte. Sandy hatte das Bild noch vor Augen, wie er dort mit verschränkten Armen am offenen Schuppentor stand. Ennis Rafferty stand neben ihm, rauchte eine der kleinen Tiparillos, die er so mochte, sagte etwas, und Tony nickte. Es war nach drei. Nach drei Uhr – genauere Angaben konnte Sandy später auch beim besten Willen nicht machen.
Die Kollegen kamen, schauten sich den Motor an (die Haube stand da schon die ganze Zeit über offen wie das weit aufgesperrte Maul eines Krokodils) und hockten sich hin und betrachteten den kuriosen Auspuff. Sie sahen sich alles an, berührten aber nichts. Mr. Normalbürger und seine Familie
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