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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schweiß auf den Gesichtern der beiden anderen Männer und spürte ihn auch auf seinem eigenen.
    Es war Huddie, der es dann schließlich aussprach, und darüber war Sandy froh. Er spürte es auch, hätte dieses Gefühl aber nie in Worte fassen können; dafür war es einfach zu ungeheuerlich.
    » Das Scheißding hat ihn gefressen«, sagte Huddie mit absoluter Gewissheit. » Ich weiß nicht, wie das angehen kann, aber ich glaube, er war noch mal allein hier drin, um es sich anzusehen, und da hat es ihn … irgendwie … gefressen.«
    » Es sieht uns an«, sagte Curtis. » Spürt ihr das?«
    Sandy betrachtete die gläsernen Scheinwerferaugen. Das höhnisch grinsende Maul voller Chromzähne. Die geschwungenen Zierleisten an den Seiten, die fast glatte Locken geschmeidigen Haars hätten sein können. Er spürte durchaus etwas. Vielleicht war es nur kindliche Ehrfurcht vor dem Unbekannten, die entsetzliche Angst, die Kinder empfanden, wenn sie vor einem Haus standen, von dem sie ahnten, dass es darin spukte. Aber vielleicht war es tatsächlich das, was Curt gesagt hatte. Vielleicht sah das Auto sie an. Schätzte den Abstand ein.
    Sie betrachteten es und vergaßen dabei fast zu atmen. Es stand da, wie es in all den folgenden Jahren dort stehen würde, während US -Präsidenten einander ablösten, CD s die Vinylplatten ersetzten, während Aktienkurse stiegen und eine Raumfähre explodierte, während Filmstars Erfolge feierten und starben und während in der Kaserne der Troop D die Trooper kamen und gingen. Es stand leibhaftig da. Und in gewissem Maße empfanden sie alle, was Mister Dillon empfunden hatte: die Anziehungskraft, die von dem Wagen ausging. In den darauffolgenden Monaten wurde es zu einem geläufigen Anblick, dass Polizisten dort Seite an Seite vor dem Schuppen B standen. Sie schirmten sich die Augen seitlich mit den Händen ab und schauten durch die Fenster, die in das große Tor eingelassen waren. Sie sahen aus wie Schaulustige an einem Bauzaun. Gelegentlich gingen sie auch hinein (doch nie allein; wenn es um den Schuppen B ging, standen sie einander bei) und sahen dabei fast immer viel jünger aus, als sie waren, wie Kinder, die als Mutprobe nachts auf den Friedhof schlichen.
    Curt räusperte sich. Bei diesem Geräusch zuckten die beiden anderen zusammen. Dann lachten sie nervös. » Gehen wir rein und rufen den Sarge an«, sagte er, und diesmal

Jetzt: Sandy
    hatte ich nichts mehr dagegen und ging mit wie ein braver Junge.«
    Ich verstummte. Meine Kehle war völlig ausgedörrt. Ich blickte auf meine Armbanduhr und war nicht unbedingt überrascht, als ich sah, dass schon über eine Stunde vergangen war. Aber das machte nichts; ich hatte ja Feierabend. Und es sah so aus, als würde ich meine Geschichte noch auf der Raucherbank zu Ende erzählen können. Der Himmel war zwar noch trüber geworden, aber das ferne Donnergrollen war südlich an uns vorbeigezogen.
    » Ach ja, die alten Zeiten«, sagte jemand, und es klang ebenso wehmütig wie belustigt – was anscheinend nur die Juden und die Iren hinbekommen. » Da waren wir noch jung und geschmeidig, was?«
    Ich guckte mich um und sah Huddie Royer, mittlerweile in Zivil, links neben Ned sitzen. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er sich dazugesetzt hatte. Er hatte noch das gleiche grundehrliche Bauerngesicht wie damals, 1979, doch nun hatte er Runzeln um die Mundwinkel, und sein fast ergrautes Haar war stark zurückgewichen. Er war jetzt ungefähr in dem Alter, in dem Ennis Rafferty damals wie vom Erdboden verschwunden war. Huddie freute sich auf seinen Ruhestand, auf sein Winnebago-Wohnmobil und die Besuche bei seinen Kindern und Enkeln. Er hatte scheint’s überall welche, sogar oben in Manitoba. Wenn man ihn danach fragte – und auch wenn nicht –, zeigte er einem gern eine Landkarte der USA , auf der alle seine geplanten Reiserouten rot markiert waren.
    » Ja«, sagte ich. » Wie lange sitzt du eigentlich schon hier, Huddie?«
    » Ach, ich bin vorbeigekommen und hab gehört, dass du von Mister Dillon erzählt hast. Ich wollte sichergehen, dass du nicht schlecht über meinen alten Kumpel redest.«
    » Würde ich doch nie.«
    » Weiß ich doch«, sagte Huddie. » Das war ein braves Hündchen, was? Weißt du noch, wie er sich immer auf den Rücken gerollt hat, wenn man zu ihm sagte: Du bist verhaftet?«
    » Ja«, sagte ich, und wir lächelten einander wehmütig an.
    » Was ist aus ihm geworden?«, fragte Ned.
    » Der ist im Hundehimmel«, sagte Huddie. »

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