Der Buick: Roman (German Edition)
das war, als wir zum ersten Mal das gesehen haben, was da vorhin passiert ist?«
» Ja, Sir. Natürlich.«
Er guckte so erwartungsvoll, dass es mir ein wenig leichter fiel weiterzuerzählen.
Damals
Sandy war dabei, als es losging, und zwar als Einziger. In späteren Jahren sagte er dann – nur halb im Scherz –, das sei sein einziger Anspruch auf Ruhm. Die anderen kamen bald dazu, aber anfangs war nur Sander Freemont Dearborn da, der mit offen stehendem Mund und zusammengekniffenen Augen an der Zapfsäule stand und sich sicher war, dass in ein paar Sekunden von ihnen allen und von den Amish und den paar anderen Farmern hier in der Gegend nichts weiter mehr übrig sein werde als radioaktiver Staub im Wind.
Es geschah ein paar Wochen, nachdem der Buick in den Besitz der Troop D gelangt war, um den 1. August 1979 herum. Die Berichterstattung in den Zeitungen über Ennis Raffertys Verschwinden ließ bereits nach. Die meisten Artikel über den vermissten State Trooper waren im Statler County American erschienen, aber auch die Pittsburgher Post-Gazette hatte Ende Juli in ihrer Sonntagsausgabe einen Sonderbericht auf der ersten Seite gebracht. SCHWESTER DES VERMISSTEN TROOPERS STEHT VOR EINEM RÄTSEL , lautete die Schlagzeile, und darunter stand: EDITH HYAMS VERLANGT RESTLOSE AUFKLÄRUNG .
Im Großen und Ganzen war alles so verlaufen, wie Tony Schoondist gehofft hatte. Edith glaubte, die Männer von der Troop D wüssten mehr über das Verschwinden ihres Bruders, als sie zugaben; mit dieser Aussage wurde sie in beiden Blättern zitiert. Zwischen den Zeilen war herauszulesen, dass die arme Frau vor Trauer (und Wut) schon halb den Verstand verloren habe und nun das, was möglicherweise auf ihr eigenes Versagen zurückzuführen war, dringend jemand anderem in die Schuhe schieben wollte. Keiner der Trooper erwähnte ihre scharfe Zunge und ihre ständige Nörgelei, aber Ennis und Edith hatten Nachbarn, die nicht ganz so diskret waren. Die Reporter beider Blätter erwähnten auch, dass die Männer von Ennis’ Einheit, trotz der Anschuldigungen, denen sie ausgesetzt waren, etwas unternahmen, um die Frau in bescheidenem Maße finanziell zu unterstützen.
Das wenig schmeichelhafte Schwarz-Weiß-Foto von Edith in der Post-Gazette trug ihr auch keine Sympathien ein. Sie sah darauf aus wie Lizzie Borden, eine Viertelstunde bevor sie zum Beil griff.
Das erste Lichtbeben ereignete sich bei Anbruch der Dunkelheit. Sandy war an diesem Abend gegen sechs von der Streife zurückgekehrt und wollte noch ein wenig mit dem Staatsanwalt Mike Sanders sprechen. In einem besonders garstigen Fall von Fahrerflucht stand gerade das Gerichtsverfahren an. Sandy war Hauptzeuge der Anklage, und das Opfer war ein Kind, das nun an allen vier Gliedmaßen gelähmt war. Mike wollte sicherstellen, dass der Täter, ein koksender Geschäftsmann, weggeschlossen wurde. Fünf Jahre waren sein Ziel, aber auch zehn waren durchaus möglich. Tony Schoondist saß eine Zeit lang bei dieser Besprechung, die in einer Ecke des Aufenthaltsraums in der ersten Etage stattfand, dabei und ging dann wieder runter in sein Büro, während Mike und Sandy noch letzte Einzelheiten klärten. Anschließend wollte Sandy seinen Streifenwagen volltanken und dann noch einmal für gut vier Stunden aufbrechen.
Als er an der Leitstelle vorbei zur Hintertür ging, hörte er Matt Babicki leise murmeln: » Ach, du Scheißding.« Darauf folgte ein Schlag. » Was soll denn der Quatsch?«
Sandy spähte um die Ecke und fragte Matt, ob er vielleicht seine Tage habe.
Matt fand das gar nicht lustig. » Hör dir das an«, sagte er und schaltete sein Funkgerät auf volle Lautstärke. Der Rauschsperreregler, das sah Sandy, war ebenfalls schon bis zum Anschlag aufgedreht.
Brian Cole meldete sich aus Wagen 7, Herb Avery von der Sawmill Road aus Wagen 5 und George Stankowski von Gott weiß woher. Dieser letzte Funkspruch ging fast vollständig in atmosphärischen Störungen unter.
» Wenn das noch schlimmer wird, weiß ich nicht, wie ich Kontakt zu den Jungs halten oder ihnen irgendwelche Informationen durchgeben soll«, klagte Matt. Wie um das zu betonen, schlug er noch einmal seitlich auf das Funkgerät. » Und was ist, wenn sich einer mit einer Anzeige meldet? Zieht draußen ein Gewitter auf, Sandy?«
» Es war kein Wölkchen am Himmel, als ich gekommen bin«, sagte Sandy und schaute aus dem Fenster. » Und da ist immer noch keins … wie du selber sehen könntest, wenn du in der Lage wärst,
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