Der Buick: Roman (German Edition)
und auch keinen Grund zu der Annahme, er hätte gegen irgendwelche Gesetze verstoßen. Mit anderen Worten: nichts von wegen Treibstoffdiebstahl.
(Tony deutete auf mich und sagte: » Falls nötig, Sandy, möchte ich, dass du die Quelle spielst, die nicht genannt werden möchte. In dieser Rolle solltest du dann unbedingt erwähnen, dass unser guter Freund Bradley Roach schon diverse Male wegen Alkoholgeschichten hoppgenommen wurde. Ich will nicht, dass der ernst genommen wird.«)
Erkundigungen nach Ennis hingegen sollten ernst genommen und aufrichtig beantwortet werden, bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls. Ja, wir hatten eine Vermisstenmeldung herausgegeben. Ja, es war denkbar, dass sich Ennis einfach aus dem Staub gemacht hatte. Ja, im Grunde, sollten wir sagen, war alles denkbar.
(Hier wies Tony Orv Garrett an, die Quelle, die nicht genannt werden möchte, zu spielen. Tony wollte dafür sorgen, dass die richtigen Reporter – also die zwei oder drei hier aus der Gegend, die tatsächlich schreiben konnten – mitbekamen, dass die Troop D alles unternahm, um sich um Trooper Raffertys Schwester zu kümmern, eine reizende Dame, die so zutiefst erschüttert war, dass sie alles Mögliche erzählte.)
Tony schärfte uns ein, dass wir dafür verantwortlich seien, dass der Roadmaster keinen weiteren Schaden anrichten konnte … immer vorausgesetzt, er hatte bereits Schaden angerichtet. Vor allem sollten wir immer daran denken: Schweigen ist Gold. Ich erzählte Ned, wie eindringlich sein Vater dem beigepflichtet hatte und wie wichtig seine Unterstützung gewesen war. Curtis war zwar noch jung, aber er war Ennis’ Partner gewesen, und alle wussten, dass die beiden bestens miteinander klargekommen waren. Jetzt, da Ennis verschwunden war, sahen viele Trooper den Buick als Curts Baby an. Man hätte fast sagen können, er habe ihn geerbt. Schließlich war er mit Ennis vor Ort gewesen. Und Curt sah das auch so.
» Und falls sich irgendjemand nach dem Buick erkundigt, sagt ihr, wir hätten ihn beschlagnahmt«, sagte Tony. » Auf keinen Fall mehr. Wenn doch jemand mehr erzählt, finde ich raus, wer’s war, und mache demjenigen die Hölle heiß.« Er sah sich im Raum um, und seine Männer sahen ihn an, und keiner war so dumm zu lächeln. Sie kannten den Sarge lange genug, um zu wissen, dass er nicht scherzte, wenn er so schaute. » Sind wir uns da jetzt einig? Ist jetzt allen klar, wie der Hase läuft?«
Ein allgemeines zustimmendes Gemurmel übertönte Frankie Boy kurz, der gerade It Was a Very Good Year sang.
Ich erzählte Ned Wilcox, was er meiner Meinung nach wissen musste. Ich erzählte ihm nicht, wie Tonys Augen und auch die Augen seines Vaters gestrahlt hatten. Eine irre, funkelnde Neugierde. Tony konnte Vorträge darüber halten, dass wir verpflichtet seien, den Menschen zu dienen und sie zu beschützen; er konnte den Kollegen erzählen, dass die Männer der Troop D am besten dafür gerüstet seien, sich um etwas derart Gefährliches zu kümmern; er konnte zugestehen, dass wir das Ding später einmal einem sorgfältig ausgewählten Team von Wissenschaftlern, vielleicht unter der Leitung von Bibi Roth, übergeben würden. Er konnte all das erzählen und tat es auch. Und das alles bedeutete einen Dreck. Tony und Curt wollten den Wagen für sich allein, weil sie den Gedanken nicht ertragen konnten, ihn wieder herzugeben. Das war es im Grunde, und alles andere war nur Palaver. Der Roadmaster war fremd und exotisch, war etwas, was mit dem Leben auf dem Planeten Erde (zumindest dem im westlichen Pennsylvania im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts) nicht das Mindeste zu tun hatte, und er gehörte ihnen . Sie hätten es nicht ertragen, ihn wieder herauszugeben. Hin und wieder habe ich mich gefragt, ob die beiden je so unverblümt darüber gesprochen haben, vielleicht spätabends an einem Werktag, wenn in der Kaserne nichts los war, wenn die Jungs oben pennten oder Videos schauten und dazu Popcorn aus der Mikrowelle aßen und nur sie beide hinter verschlossener Tür in Tonys Büro saßen. Ich habe mich gefragt, ob sie je die schlichte Wahrheit ausgesprochen haben: So etwas gibt es nicht noch mal, und wir behalten es. Ich glaube nicht. Denn dazu hätten sie einander im Grunde nur in die Augen sehen müssen. In ihrem Blick hätten sie den gleichen Eifer entdeckt – das Verlangen, es zu berühren und darin herumzuschnüffeln. Oder einfach auch nur drumherum zu gehen. Es war ein Rätsel, ein Geheimnis, ein Wunder. Aber der
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