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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie Schlafwandler, angezogen wie Sandy von dem Trommelfeuer der Blitze und dem leisen, alles durchdringenden Summen. Es zog sie wie Motten ins Licht.
    Dann lief Tony Schoondist zu ihnen, ohrfeigte sie, stieß sie zurück, brüllte sie an, sie sollten verdammt noch mal hier abhauen und wieder in die Kaserne gehen, das sei ein Befehl. Er versuchte, seine Sonnenbrille aufzusetzen, und verfehlte dabei immer wieder sein Gesicht. Er bekam sie erst auf, nachdem er sich schon einen Bügel in den Mund und den anderen fast ins linke Auge gesteckt hatte.
    Sandy sah und hörte nichts davon. Er hörte nur das Summen. Er sah nur die Blitze, die den Bodennebel in leuchtende Schimären verwandelten. Er sah nur die blitzende violette Lichtsäule, die aus dem kegelförmigen Lüftungsschacht auf dem Dach stieg und wie eine Lanze den Abendhimmel durchschnitt.
    Tony packte und schüttelte ihn. Im Schuppen gab es wieder eine lautlose Lichteruption, und sie verwandelte die Gläser von Tonys Sonnenbrille in kleine, blaue Kugelblitze. Er rief, obwohl das gar nicht nötig war, denn Sandy verstand ihn ausgezeichnet. Da war nur das Summen, und jemand murmelte Allmächtiger!, doch sonst war es still.
    » Sandy! Warst du hier, als das losgegangen ist?«
    » Ja!« Er konnte nicht anders als zurückzubrüllen. Die Situation verlangte irgendwie, dass man brüllte. Das Licht blitzte grell, ein lautloses Gewitter. Bei jedem Blitz schien die Rückseite der Kaserne einen Satz nach vorn zu machen, als wäre sie lebendig, und die Schatten der Trooper schössen die mit Holz verkleidete Mauer empor.
    » Wie hat das angefangen? Was hat das ausgelöst?«
    » Keine Ahnung!«
    » Geh rein! Ruf Curtis! Sag ihm, was hier passiert! Sag ihm, er soll auf der Stelle herkommen!«
    Sandy widerstand dem Verlangen, seinem Vorgesetzten zu sagen, er wolle lieber hierbleiben und sehen, was als Nächstes geschah. Das war sowieso eine dumme Idee, denn man sah ja gar nichts. Dazu war es zu hell. Auch mit Sonnenbrille noch. Und außerdem wusste er, dass er diesen Befehl zu befolgen hatte.
    Er ging hinein, stolperte dabei auf der Eingangstreppe (in diesen grell zuckenden Blitzen konnte man weder Tiefe noch Entfernung abschätzen) und schlurfte, mit den Armen vor sich rudernd, in die Leitstelle. Mit seinem geblendeten, verschwommenen Blick nahm er in der Kaserne nur einander überlagernde Schatten wahr. Deutlich sichtbar waren für ihn in diesem Moment nur die grellen, violetten Blitze, die vor seinen Augen pulsierten.
    Matt Babickis Funkgerät gab ein einziges Geplärr atmosphärischer Störungen von sich, aus dem ab und an Stimmen ragten wie die Füße oder Finger Begrabener. Sandy griff zu dem normalen Telefon neben dem Notrufapparat und dachte schon, auch das würde ganz bestimmt nicht funktionieren. Dann bekam er aber ein Freizeichen. Er las Curts Nummer von der Liste am schwarzen Brett ab und wählte sie. Selbst das Telefon schien jedes Mal ängstlich zusammenzuzucken, wenn ein violettweißer Blitz den Raum erhellte.
    Michelle ging ran und sagte, Curt sei im Garten und mähe vor Sonnenuntergang noch schnell den Rasen. Sie wollte ihn nicht hereinrufen, das war ihr deutlich anzuhören. Doch als Sandy sie zum zweiten Mal darum bat, sagte sie: » Also gut, warte mal. Gebt ihr denn wirklich nie Ruhe?«
    Die Wartezeit kam Sandy endlos lang vor. Das Ding im Schuppen B blitzte weiterhin wie eine Neon-Apokalypse, und jedes Mal schien es den Raum in eine etwas andere Perspektive zu rücken. Sandy fiel es sehr schwer zu glauben, dass etwas, was derart grelles Licht erzeugen konnte, nicht zerstörerisch war, und doch war er ja noch am Leben. Mit der freien Hand betastete er seine Wangen, suchte nach Verbrennungen oder Schwellungen. Da war nichts.
    Zumindest noch nicht, sagte er zu sich selbst. Er wartete weiterhin darauf, dass die Kollegen draußen anfingen zu schreien, weil das Ding im Schuppen explodierte oder schmolz oder etwas ausstieß – etwas Unvorstellbares mit gleißenden, glotzenden Augen. Ein solcher Gedanke war himmelweit von seinen üblichen Polizistengedankengängen entfernt, aber Sandy Dearborn war sich auch noch nie so wenig wie ein Polizist und noch nie so sehr wie ein verängstigter kleiner Junge vorgekommen. Endlich kam Curt ans Telefon. Er klang neugierig und außer Atem.
    » Du musst sofort herkommen«, sagte Sandy. » Befehl vom Sarge.«
    Curt wusste sofort, worum es ging. » Was macht es denn, Sandy?«
    » Es brennt ein Feuerwerk ab. Blitze und Funken. Den

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