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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Familienermäßigungen). Seine Flügel verbargen einen Großteil seines Körpers. Sie waren nicht zusammengefaltet, sondern lagen wirr und verknittert übereinander, als hätte es noch versucht, sie zusammenzufalten, und wäre dabei gestorben. Die Flügel waren schwarz oder vielleicht doch eher in einem sehr dunklen, fleckigen Grün gehalten. Was sie vom Rücken des Wesens sehen konnten, war etwas heller grün. Die Bauchregion war käsig weiß, wie die Blüte einer verrottenden Sump fl ilie. Der dreieckige Kopf war zur Seite geneigt. Etwas Knöchriges, das vielleicht eine Nase oder ein Schnabel sein mochte, ragte aus dem augenlosen Gesicht. Das Maul stand offen. Ein gelblicher Faden hing heraus, als hätte das Wesen beim Sterben seine letzte Mahlzeit wieder von sich gegeben. Als Huddie das sah, wusste er, dass er jetzt eine ganze Weile keine Käsemakkaroni mehr essen würde.
    Unter dem Hinterteil des Kadavers hatte sich eine flache Pfütze aus gerinnendem schwarzem Schleim gebildet. Bei dem Gedanken, dass so etwas Blut sein konnte, war Huddie zum Schreien zumute. Ich rühre das nicht an, dachte er. Lieber bringe ich meine Mutter um, als dieses Ding anzurühren.
    In diesem Moment tauchte am Rande seines Gesichtsfelds eine lange Holzstange auf. Er schrie auf und zuckte zurück. » Nicht, Arky!«, rief er, aber da war es schon zu spät.
    Später konnte Arky nicht sagen, warum er das Ding in der Ecke unbedingt hatte stupsen müssen – es war einfach ein starkes Verlangen gewesen, dem er nachgegeben hatte, ohne zu wissen, was er da eigentlich tat.
    Als das Ende des Rechenstiels die Stelle berührte, an der die Flügel verknittert übereinander lagen, gab es ein Geräusch, das sich wie Papierrascheln anhörte, und stank es plötzlich wie nach altem, verkochtem Kohl. Doch das bemerkten die beiden kaum. Sie erstarrten, als sich die obere Gesichtshälfte des Wesens abzuschälen schien und ein totes, glasiges Auge entblößte, das die Ausmaße einer großen Kugellagerkugel hatte.
    Arky schrie auf und wich zurück, ließ scheppernd den Rechen fallen und hielt sich beide Hände vor den Mund. Über seinen gespreizten Fingern traten ihm Angsttränen in die Augen. Huddie blieb einfach wie angewurzelt stehen.
    » Das war das Augenlid«, sagte er leise mit heiserer Stimme. » Nur das Augenlid, weiter nichts. Du bist mit dem Rechen drangekommen, du verdammter Idiot. Du bist drangekommen, und es ist aufgeklappt.«
    » Herrgott, Huddie!«
    » Es ist tot.«
    » O Gott, o mein Gott …«
    » Es ist tot! Klar?«
    » Ja … klar«, sagte Arky mit seinem komischen schwedischen Akzent, der nun noch stärker durchklang als sonst. » Bloß raus hier.«
    » Für einen Hausmeister bist du gar nicht so dumm.«
    Die beiden Männer gingen langsam und rückwärts zur Tür – sie wollten das Ding nicht aus dem Blick lassen. Sie gingen auch rückwärts, weil sie beide wussten, dass sie sofort losgerannt wären, wenn sie die Tür gesehen hätten. Die Sicherheit, die die Tür versprach. Die Verheißung einer ganz normalen Welt jenseits dieser Tür. Es kam ihnen vor, als wäre der Weg bis dorthin ewig lang.
    Arky ging als Erster hinaus und atmete tief die frische Abendluft ein. Huddie kam hinterher und knallte die Tür hinter sich zu. Dann sahen sie einander einen Moment lang einfach nur an. Arky war nicht blass, sondern gleich gelb im Gesicht geworden. Für Huddie sah er aus wie ein Käsetoast ohne Toastbrot.
    » Was lachst du denn?«, sagte Arky. » Was ist denn so lustig daran?«
    » Nichts«, sagte Huddie. » Ich versuche bloß, nicht hysterisch zu werden.«
    » Ja, ich weiß, was du meinst. Rufst du jetzt Sergeant Schoondist an?«
    Huddie nickte. Er musste immer noch daran denken, dass es so ausgesehen hatte, als würde sich die gesamte obere Kopfhälfte des Wesens ablösen, als Arky es gestupst hatte. Ihm schwante schon, dass er später oft von diesem Moment träumen würde, und so kam es dann auch.
    » Und Curtis?«
    Huddie überlegte und schüttelte dann den Kopf. Curt war frisch verheiratet, hatte eine junge Frau. Junge Frauen hatten ihre Männer gern bei sich daheim, und wenn sie zwei Nächte hintereinander nicht bekamen, was sie wollten, waren sie schnell mal gekränkt und fingen an, Fragen zu stellen. Das war ganz normal. Wie es für junge, frisch verheiratete Männer auch ganz normal war, diese Fragen dann manchmal zu beantworten, auch wenn sie es eigentlich nicht durften.
    » Also nur den Sarge?«
    » Nein«, sagte Huddie. » Lass uns auch

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